Es war einmal ein Goldhamster, mit putzigen langen Schnurrbarthaaren. Er lebte nicht in Gefangenschaft sondern frei und jeden Morgen putzte er sich und achtete dabei besonders darauf, dass die Backen schön dick wirkten und dass sein Schnurrbart wirklich auch wippend abstand. Er hieß Jakob.
Jakob war ein Hamster, welcher seinem Namen alle Ehre machte. Er hamsterte nämlich alles Mögliche, nicht nur Nüsse und Kerne, sondern auch unzählige andere Dinge. Aber ganz besonders suchte er nach Farbtöpfen mit Farbresten drin. Die Farbreste brauchte er nicht etwa zum Malen, sondern er fand es einfach wunderbar zu beobachten, wie diese langsam austrockneten. Besonders bei den Kunstharzlackfarben aus den Autogaragen war das Schauspiel unvergleichlich: die Farbreste bekamen zuerst einen kleinen Film drüber, etwa wie auf der Milch nach dem Kochen. Dann wurde der Film fest und die Fliegen konnten darauf landen. Aber erst nach einigen Monaten war dann die Farbe so tragfähig, dass sich auch ein Hamster darauf wagen konnte. Er hatte ein Auge dafür und wusste genau, wann er es riskieren konnte.
Jakob pirschte also oft nachts herum und suchte eifrig, ob er wieder mal einen Farbtopf für seine Sammlung und Beobachtung fände.
Der Hamster rannte hin und rief „Hei, du!“ – worauf ihn die Verkehrsampel mit erstauntem Blick musterte und auf gelb schaltete. Jakob fragte: „Hei, du, was machst du und wie heißt du?“ Man hörte ein elektrisches Räuspern, bevor sie mit süßer Stimme antwortete: „Also ich suche Farbtöpfe mit Farbresten, die langsam vertrocknen und ich heiße Rosa und bin eine Verkehrsampel.“ Und beim letzten Wort schaltete sie fragend auf grün. Irgendwie beneidete Jakob die Ampel um ihre farbigen Augen. „Du hast schöne Augen“, sagte er daher. „Oh danke“, antwortete Rosa verlegen, und die Ampel wurde rot.
Jakob vergaß fast, dass Rosa eigentlich seine Konkurrentin war: sie sammelte ja auch Farbtöpfe und so viele gab es nicht davon. Aber sie hatte ja wirklich schöne Augen (die Ampel war wieder gelb). Rosa begann das Gespräch wieder: „Hast du schon viele Farbtöpfe?“ Jakob nickte, und bat die Verkehrsampel, mitzukommen. Gemeinsam zottelten sie zu Jakobs Lager. Das war ein einsamer Hinterhof, und dort lagen und standen unzählige offene Farbtöpfe. Jakob putzte stolz seine Schnurrbarthaare, obwohl es eigentlich noch gar nicht morgen war. Rosas Augen begannen wieder rot, gelb und grün zu blinken, das tat sie immer, wenn sie Farbtöpfe betrachtete. Und sie lobte Jakob für seine schöne Sammlung. Jakob erklärte auch, dass er immer auf einem kleinen Fässchen stehe, und dann gut von oben in seine Eimerchen hinein blicken könne – und dabei beobachten kann, wie die Farbe langsam vertrocknet.
Von da an trafen sich die beiden immer kurz nach Mitternacht, um Farbtöpfe zu suchen. Und sie waren ein gutes Team, denn die Rosa guckte von oben über die Fabrikareale und Jakob spähte über den Boden unter die Schraubstöcke. Und wenn sie genug Beute hatten, und noch etwas Zeit von der Nacht übrig war, dann kuschelten sie sich gemütlich auf ein Ölfass und erzählten sich wunderschöne Geheimnisse.