"Die Kunst des Ausruhens ist ein Teil der Kunst des Arbeitens.“
John Steinbeck
Ihr Lieben,heute möchte ich Euch die Geschichte eines unbekannten Autors erzählen:
„Das freundliche Kaninchen und die Meereswelle“
„Vor vielen, vielen Jahren lebte, nicht weit vom mittleren Meer entfernt, in einer hohen Düne ein besonders freundliches Kaninchen.
Dort lebte es mit vielen anderen Kaninchen zusammen. Das Zusammenleben war nicht immer leicht, denn auch zwischen den Kaninchen gab es viele Streitereien und Auseinandersetzungen. Unser Kaninchen hatte besondere Fähigkeiten und dadurch eine wichtige Position innerhalb der Kaninchengesellschaft. Es war warmherzig, freundlich, geduldig und ein guter Zuhörer. Viele Kaninchen kamen zu ihm, um seine Hilfe zu suchen. Es war ein guter Streitschlichter und fand immer eine Lösung für die Probleme der Anderen.
An sich selbst dachte es selten. Es nahm sich nicht so wichtig, waren die Probleme der anderen Kaninchen doch viel schwieriger. Wenn es helfen konnte, war es froh und glücklich und hatte das Gefühl, ein sinnvolles Leben zu führen. Im Laufe der Jahre wurden die Schlangen der Kaninchen, die vor seiner Tür standen, um sich beraten zu lassen, immer größer. Das Kaninchen hatte viel um die Ohren. Immer häufiger hatte es das Gefühl, von Termin zu Termin zu hetzen, ohne zwischendurch Zeit zum Nachdenken, zum Essen und Trinken und zum Abschalten zu finden. Es fühlte sich bald nicht mehr so glücklich und hatte immer öfter den Eindruck, dass es sich nicht mehr so gut auf all die vorgetragenen Dinge einstellen konnte. Es kriegte ein richtig schlechtes Gewissen. Auf der einen Seite wollte es gern weiter hilfreich sein, auf der anderen Seite ging ihm die Puste aus. Es fühlte sich atemlos und gehetzt.
Als ihm eines Mittags mal wieder fast die Puste ausging, hielt es inne. Es sprach zu sich selbst: "Kaninchen, so geht das nicht weiter, ich kann nicht mehr zuhören und das Denken fällt mir schwer. Ich weiß nicht mehr, wo mir der Kopf steht." Schweren Herzens beschloss es, - denn draußen wartete immer noch ein Kaninchen -, ganz allein einen Spaziergang ans Meer zu machen. Es fiel ihm nicht leicht, das wartende Kaninchen nach Hause zu schicken, aber es machte sich auf den Weg.
Mit jedem Schritt, den es sich von der Düne entfernte, ging es ihm besser. Es fühlte sich gelassener werden. Als es sich dem Meer näherte, ging es ihm schon viel besser. Es atmete die salzige Luft ein und ließ die Sonne auf sein Fell scheinen. "Wie schön es hier ist, und wie gut mir das tut." dachte es bei sich. Es beobachtete die Wolken und wie sich das Sonnenlicht im Meer spiegelte. Möwen kreischten über ihm. Ab und zu tauchten sie herab, um sich einen Fisch zu ergattern.
Plötzlich hörte das Kaninchen eine Stimme. Die Stimme war hell und freundlich. Das Kaninchen drehte sich dreimal um sich selbst, um herauszufinden, von wo die Stimme zu ihm sprach. Aber was sah es da plötzlich, es traute seinen Augen nicht.
Neben ihm hatte sich in einer Mulde, die wohl Kinder in den Sand gegraben hatten, eine beachtliche schaumgekrönte Welle niedergelassen. Sie strahlte und versprühte tausend Lichtertropfen um sich herum. Das Meer kam immer näher und bald würde die Welle wieder bei seinen Geschwistern sein. Aber von ihr sprach die Stimme zu ihm. "Hallo Kaninchen, so jemand wie Du ist ein seltener Gast an meinem Strand. Es freut mich, Dich zu sehen. Ich bin neugierig und möchte gern wissen, was Du hier tust."
Das Kaninchen war sehr verwundert. Es fühlte sich angetan von der angenehmen Stimme und der außergewöhnlichen Schönheit der Welle. Es fasste Vertrauen und erzählte der Welle, warum es zum Strand gekommen war.
"Offensichtlich hat Dich der Spaziergang erfrischt. Kaninchen. Das war eine gute Idee von Dir, mich zu besuchen." antwortete die Welle
"Ja, das stimmt schon, aber ich schäme mich auch ein bisschen, dass ich einfach weggegangen bin."
"Du schämst Dich Kaninchen? Das musst Du mir näher erklären, damit ich es verstehen kann."
"Ich werde doch in der Düne gebraucht und was sollen die anderen helfenden Kaninchen über mich denken, wenn sie erleben, dass ich einfach davonlaufe und das, obwohl immer noch ein hilfesuchendes Kaninchen vor meiner Tür steht."
"Was glaubst Du denn, was sie denken werden?"
"Sie werden sich wundern, so kennen sie mich nicht. Werden sie mich nicht für sehr eigennützig halten, wenn ich jetzt nicht immer ein offenes Ohr für sie habe?"
"Willst Du denn in Zukunft öfter einen Spaziergang ans Meer machen?"
"Das möchte ich schon. Es tut mir sehr gut. Ich bekomme wieder Luft und fühle mich ruhig und gelassen."
"Sag mir Kaninchen, was würde sich denn ändern, wenn Du öfter etwas tust, was Dir gut tut?"
"Ich würde mich besser fühlen und ich glaube, so könnte ich auch meine Aufgaben wieder besser bewältigen."
"Was denkst Du denn Kaninchen, was Deine helfenden Kollegen von Dir sagen werden, wenn Du öfter mal einfach weggehst?"
"Sie werden sich über mich wundern, aber ich glaube mit der Zeit könnten sie sich daran gewöhnen. Ich werde ja immer wieder zurückkommen und meine Aufgaben gut erledigen."
In diesem Augenblick, hatte das Meer die Welle erreicht. Es nahm die Welle mit sich mit und zog sich zurück. Das Kaninchen schüttelte erstaunt den Kopf und machte sich wohlgemut auf den Heimweg.“
Ihr Lieben,
wenn man im Duden nachliest, was ein „Hans Dampf in allen Gassen“ ist, dann liest man dort:
Ein überall begeistert Tätiger! Das ist doch eigentlich etwas Wunderbares.
Aber ist es das wirklich?
Ich kenne eine ganze Reihe feiner Menschen, die sich bis an den Rand der Erschöpfung für Andere einsetzen, für eine Veränderung der Welt sorgen wollen und für andere Menschen die eigene Zeit opfern.
Ich lese immer wieder gerne in der Bibel, nicht, weil es ein so frommes Buch ist, sondern weil man aus der Bibel so unendlich viel für den Alltag lernen kann.
Da hat der Jesus eine wunderbare Rede gehalten, die heute als die Bergpredigt bekannt ist, und hat den Menschen in Worten, die auch nach 2000 Jahren hochaktuell sind, erzählt, wie sie miteinander in menschlicher Weise umgehen sollen.
Seine Anhänger waren davon so begeistert, dass sie auf eigene Faust losmarschierten und anderen Menschen von dem Inhalt der Worte Jesus berichteten.
Nach einer Weile kehrten sie zu Jesus zurück und berichteten begeistert von ihren Erlebnissen und teilten Jesus mit, sie wollten sofort weiterreisen, um auch anderen Menschen die Worte Jesu zu erzählen.
Da geschieht etwas ganz Erstaunliches: Jesus sagt nicht:
„Das ist ja toll, also los!“, sondern er sagt: „Ruhet ein wenig!“
Wenn wir wirklich in dieser Welt etwas ändern wollen, wenn wir wirklich anderen Menschen helfen wollen, dann müssen wir ab und zu auch an uns selber denken.
Wer sich keine Zeit für Essen und Trinken nimmt, wird über kurz oder lang sterben, das ist jedem von uns klar. Und wer aufhört zu atmen, erreicht den Zustand schon nach wenigen Minuten.
Wir müssen endlich begreifen, dass wir das Ausruhen, das Seele-baumeln-Lassen, die Ruhe, die Stille ebenso für unsere Gesundheit und unsere innere Ausgeglichenheit benötigen wie das Atmen, das Essen und Trinken.
Ausruhen ist keine vergeudete Zeit, sondern lebensnotwendig, wenn wir weiter glücklich leben wollen und anderen Menschen helfen wollen.
Ihr Lieben,
Ich habe diese Geschichte mit Absicht am Freitag erzählt, weil ich glaube, dass das Wochenende eine gute Gelegenheit ist, mit dem Ausruhen anzufangen.
Ich grüße Euch alle ganz herzlich aus Bremen und wünsche Euch von Herzen einen fröhlichen Start ins Wochenende
Euer fröhlicher Werner
Das Foto wurde von Karin Heringshausen zur Verfügung gestellt