Du bist wertvoller als jede Kapitalanlage!

Von Wernerbremen


Ihr Lieben,
heute Abend möchte ich Euch eine Geschichte von Peter Graf v. Eysselsberg erzählen:

„Die Kapitalanlage“

„Ulrich war ein Junge von acht Jahren, der seine Eltern über alles liebte.
Nur manchmal beschlich ihn eine tiefe Traurigkeit, weil seine Eltern so wenig Zeit für ihn hatten.

Sein Vater war beruflich viel unterwegs und wollte, wenn er daheim war, nur in Ruhe gelassen werden. Wenn er sich an die Mutter wandte, bekam er des Öfteren zu hören:
„Hier hast Du 10.- Euro. Kauf Dir etwas Schönes. Ich habe keine Zeit für Dich!

An einem Samstagmorgen im Monat Juli widmete sich der Vater einer ausgedehnten gründlichen Autowäsche.  Der Vater fuhr neben einem Firmenwagen, den er auch privat nutzen durfte, einen Ferrari, der allerdings  nur bei gutem Wetter aus der Garage geholt wurde.

www.auto.de

Es gab keinen Menschen auf dieser Welt, dem sein Vater so viel Zeit widmete wie seinem Ferrari.
Einmal hatte Ulrich ein Gespräch zwischen dem Vater und dessen bestem Freund belauscht, bei dem es auch um den Ferrari ging. In diesem Gespräch sagte der Vater sinngemäß: „In meinem Leben kommt erst der Ferrari, dann kommt lange nichts, dann kommen 27 Misthaufen und dann kommt meine Familie noch lange nicht!“

Ulrich verstand nicht, was der Vater damit sagen wollte, aber es war,
als wenn sich auf Ulrichs Fröhlichkeit ein dunkler Schatten gesenkt hätte.

„Weißt Du“, erklärte ihm der Vater, „an der Tankstelle machen Sie mir die Autowäsche nicht gründlich genug. Mein Ferrari ist für mich eine ganz wertvolle Kapitalanlage. Deshalb muss ich für die Pflege meines Autos schon eine Menge Zeit und Mühe verwenden!“

„Bin ich eigentlich keine wertvolle Kapitalanlage?, fragte Ulrich seinen Vater.
„Wie kommst Du denn darauf?, erwiderte der Vater.„Weil Du für mich nie Zeit hast!“

Ihr Lieben,

in unregelmäßigen Abständen lese ich in einer Bremer Grundschule Geschichten vor.
Bei einer dieser Gelegenheiten kam ich mit dem Kindern einer vierten Grundschulklasse ins Gespräch. Wir sprachen darüber, was die Kinder sich unter Reichtum vorstellen.

Die Kinder zählten viele Dinge auf, die ihnen zum Thema Reichtum einfielen:
Ein schönes Haus, ganz viel Geld, ein tolles Auto, eine Yacht, ein Flugzeug, Gold, das ganze Jahr Urlaub machen können – die Liste der Reichtümer wurde immer länger.

Nur ein Junge, der Jonathan, beteiligte sich nicht an der Aufzählung der Dinge, die Reichtum ausmachen, sondern er saß still in seiner Bank und lächelte.

Um ihn in das Gespräch einzubinden, fragte ich ihn, ob er jemand kennen würde, der reich sei. Darauf antwortete er mir:
„Ich bin der reichste Junge der Welt! Ich habe zwar kein Geld und kein Gold, kein Auto und keine Jacht, aber ich habe ganz tolle ältere Geschwister, die mich immer unterstützen, wenn ich ihre Hilfe brauche und ich habe die besten Eltern der Welt, weil sie bei Schwierigkeiten immer zu mir stehen und ganz viel Zeit für mich haben!“

In der Klasse kehrte eine Stille des Nachdenkens ein.
Die anfängliche Begeisterung für die greifbaren Dinge des Reichtums verflog und stattdessen konnte man in den Gesichtern der Kinder lesen, dass sie darüber nachdachten, ob der Reichtum des Jonathan nicht doch viel wertvoller und erstrebenswerter sei.

Auch ich ging sehr nachdenklich und innerlich fröhlich nach Hause, denn ich spürte, in dieser Klasse war ein guter Samen aufgegangen. Hier kann Hoffnung wachsen, dass junge Menschen begreifen, worauf es im Leben wirklich ankommt.

Gold, auch wenn es noch so blinkt und noch so wertvoll ist,
kann keine menschliche Umarmung ersetzen.

Ein Auto, auch wenn es einen noch so vornehmen Namen trägt,
kann niemals eine Zuwendung „Ich habe Dich lieb“, „Du bist ein sehr wertvoller Mensch!“ ersetzen.

Eine Yacht, auch wenn man mir ihr um die ganze Welt segeln kann, kann Dir nicht die Heimat ersetzen, den Ort, wo Du Dich zuhause fühlst.
Eine große Villa, auch wenn sie noch so imposant sein mag, kann Dir niemals das Gefühl vermitteln, das Dich überkommt, wenn Du Dein eigenes Kind, Dein eigenes Enkelkind in den Arm schließt.

Ich wünsche Euch allen, dass Ihr den Wert der menschlichen Begegnung begreift und erkennt, dass es auf der Welt nichts Wertvolleres, nichts Wichtigeres gibt, als einem Menschen zu begegnen, und dass es kein größeres Geschenk gibt, dass wir anderen Menschen machen können, als Zeit für sie zu haben.

Ich wünsche Euch einen ruhigen Abend und grüße Euch herzlich aus Bremen

Euer fröhlicher Werner

Quelle: Karin Heringshausen