In den letzten Tagen habe ich mich sehr oft hinterfragt, ob ich einen meiner Söhne bevorzuge. Ob ich vielleicht manchmal ungerecht bin, wenn ich mich in manchen Situationen mehr auf einen fokussiere. Beispielsweise wenn ich mit dem einen Lego baue, puzzele oder bade, während der andere alleine ein Hörspiel hört, malt oder auch mal fern sieht. Fühlt der jeweils andere sich dann ausgeschlossen, wenn sich meine Aufmerksamkeit nur auf ein Kind konzentriert?
Und dann wäre ja noch die Streitigkeiten, die ich täglich schlichten muss. Bin ich da fair? Tröste ich den großen Sohn genauso warmherzig wie den kleinen Bruder? Höre ich dem kleinen genauso geduldig zu wie dem großen? Und zeige ich meine Liebe beiden gleich?
Habe ich ein Lieblingskind?
Ich habe mehrere Artikel wie diesen hier gelesen, in dem behauptet wird, dass jedes Elternteil ein Lieblingskind habe und dieses auch bevorzuge. Aber natürlich möchte das keiner öffentlich äußern. Nur wer sich NICHT selbst belüge und ganz tief in seinem Herzen grabe, könne sich das eingestehen. Tja nun…
Ich habe gegraben. Ziemlich tief sogar. Wisst ihr, ich liebe meine beiden Jungs. Und doch ist diese Liebe sehr unterschiedlich. Genauso unterschiedlich wie meine beiden Kinder eben sind.
Ich liebe den feinen Herrn dafür, dass er so wahnsinnig klug und interessiert ist. Ich liebe diese riesige Wissbegierde und wie wir philosophieren, dichten und uns Witze ausdenken. Gemeinsame Unternehmungen können wir beide genießen, egal ob das unsere Vorleseabende oder wenn wir alleine ins Kino gehen. Definitiv macht es mir im Moment mehr Spaß, mich mit dem Großsohn zu beschäftigen, als mit dem kleinen, denn es ist schlichteg weniger anstrengend. Der feine Herr und ich – wir sind uns so ähnlich. Und genau das bringt uns unheimlich nah zusammen. Aber wenn wir einmal streiten, sind wir uns wieder ganz fern, denn wir können uns beide gegenseitig schnell auf die Palme bringen.
Ob das der Rabauko merkt? HerrSjardinski ist der große Bruder, der mehr darf, Spielverabredungen hat, Hobbies pflegt und eher mal etwas Neues bekommt. Und dann geht Mama auch noch mit ihm alleine etwas Tolles unternehmen? So viel Exklusivzeit. Ist er das Lieblingskind?
Den Rabauken liebe ich dafür, dass er so eine mitreißend gute Laune hat. Dieses breite Grinsen, dem man nicht böse sein kann. Und wenn er lacht, geht die Sonne auf. Ich liebe es mit ihm zu kuscheln und zu spüren, dass er mich braucht. Bei seinem Tatendrang, seiner Power und Neugierde komme ich zwar manchmal an meine Grenze, aber ich bin immer wieder erstaunt, wie kuschlig, schmusig und hilfsbereit dieser kleine Kerl ist. Er ist manchmal so anders als ich. Aber genau das reißt mich mit und lässt mich Dinge in einem anderen Blickwinkel sehen. Oder auch Musik neu entdecken. Ich freue mich schon darauf, mit ihm in 1-2 Jahren ganz andere Dinge zu unternehmen als mit dem feinen Herrn jetzt, denn ich bin mir sicher, dass der Rabauko ganz andere Hobbies wählen wird.
Ob der feine Herr manchmal traurig ist? Wenn er sieht, dass ich mit dem Rabauken schmuse, ihn auf meinem Schoß sitzen lasse oder ihn halte, wenn er weint? Wenn ich sage, „der ist noch klein“? Ist das mein Lieblingskind?
Ich liebe meine Kinder für das was sie sind, wie sie sind
Und dadurch habe ich für jeden eigene Lieblingsmomente. Der Rabauke ist ein sehr körperlicher Mensch, der Bewegungsfreiheit genauso braucht wie Nähe. Für Kino & Co. ist er einfach noch zu klein. Dagegen ist der feine Herr ein Kopfmensch, der nur ganz selten geschmust werden mag.
Ich könnte ich mir ein Leben weder ohne den einen oder anderen vorstellen. Es wäre so falsch, so unkomplett, so furchtbar. Ich bin mir ganz sicher, dass jedes Kind seinen Platz im Herzen seiner Eltern findet. Egal ob es nun zwei, drei, vier oder mehr Geschwister sind.
Und nein, ich habe kein Lieblingskind! Aber zwei Lieblingsmenschen, die meine Kinder sind. Denen ich individuell Aufmerksamkeit und Liebe schenke. Und die sich hoffentlich an ihre Kindheit als eine wundervolle Zeit erinnern. Ja, vielleicht auch an Streit und Eifersucht, aber mit der Gewissheit, dass sie geliebt wurden und die Zuneigung bekamen, die sie brauchten.