Scholem Ajlechem, liebe Leser!
Vergangene Woche hatte ich das Vergnügen mit österreichischen Lehrern an einigen Seminaren von Yad Vaschem teilzunehmen.
In drei interessanten Einheiten ging es um das jüdische Leben im deutschsprachigen Raum vor und in der NS-Zeit und ein besonders spannender Vortrag (Er wurde gehalten von Daniel Uziel) handelte vom Unternehmen Barbarossa im Sommer ‘41.
Den Schwerpunkt stellten die Umstände der Zeit dar, von denen mir einige komplett neu waren.
Wenn wir heute an die deutsche Wehrmacht denken, dann stellen wir uns meistens Panzer, den Opel Blitz oder die Motorräder aus Indiana Jones vor. Auf jeden Fall gut motorisiert. Hier jedoch haben uns Dokumentarfilme vielleicht ein falsches Bild davon gezeigt, wie es wirklich war.
Tatsächlich waren sage und schreibe 25 (In Worten Fünfundzwanzig) % der Wehrmacht motorisiert. Der Rest durfte entweder zu Fuß den vorher beschriebenen 25% nacheifern, auf dem Pferde nachreiten oder die Waffen in von Maultieren und Ochsen gezogenen Karren nachbringen.
Natürlich gab es auch einen Sonderfall: Den Teil der Wehrmacht, der den Kaukasus erobern sollte. In diesem Fall hat man Kamele verwendet.
Die Sowjetunion hat erst etwas später damit angefangen sich stärker zu motorisieren… Ab 1942.
Für all jene, die jetzt über die veraltete britische Armee lachen, die die Lanze als Hauptwaffe erst 1926 endgültig abgeschafft haben – in Großbritannien hatte man schon 1936 systematisch damit begonnen die Pferde für die im Kampf teilnehmenden Einheiten (Garde, etc reiten ja bis heute) zu verkaufen und sich stattdessen zu motorisieren. Ich kann mir allerdings sehr gut vorstellen, dass die Engländer, die im 2. Weltkrieg in Frankreich gekämpft haben entweder sehr verwundert waren, gelacht hatten oder sogar beides – als sie die Pferdekadaver der Deutschen fanden, die mit dem Stempel der königlichen Armee tätowiert waren. Deutschland hatte ihnen die zuvor Pferde abgekauft…
In Polen, wo man schon fast auf den Krieg mit Deutschland gewartet hatte (unter Umständen hätte man ja auch Land dazugewinnen können) kämpfte die untermotorisierte polnische Armee noch auf Rössern gegen die deutschen Panzer… Die an und für sich doch vorhersehbare Niederlage brachte es mit sich, dass man sich in Berlin Gedanken über die Verwaltung Polens machen musste – immerhin war es ja der „Lebensraum im Osten“, der Platz für über 30 Millionen Deutsche bieten sollte (die nach Möglichkeit möglichst bald geboren hätten werden sollten). So eine Organisation verlangt selbstverständlich einen Experten. Alfred Rosenberg.
Er war Chefideologe der NSDAP und hatte das herausragende Talent superlangweilige Bücher zu schreiben. Und er war Philosoph.
Sonst wäre noch anzumerken dass er eigentlich keine Regierungserfahrungen hatte, aber Ideologie ist doch auch was Schönes, oder?
Die richtige Philosophie immer griffbereit zu haben kann zwar mit Sicherheit schon die halbe Miete in Sachen Verwaltung und Organisation sein… wenn aber die zweite Hälfte fehlt bildet sich so eine Art Spielplatz für alle die früh genug erkennen, dass sich eine Chance bietet zu mehr Macht zu kommen. Unter anderen für Heinrich Himmler, Reichsführer SS, der Hilter überzeugen konnte, dass nur er (und seine SS) für Sicherheit in den Ostgebieten sorgen könnten. Somit sollte Himmler einen wichtigen Teil der Verwaltung übernehmen – selbstverständlich ging das nur mit einer teilweisen Übergehung Rosenbergs (Für alle, die Näheres darüber erfahren wollen: Es handelt sich dabei um die Weisung 21 vom 13. März 1941).
Doch wie konnte so eine organisatorische Lappalie passieren? Immerhin rühmten sich die Nazis doch alles mit deutscher Sorgfalt zu machen. Auch die Organisation des Systems. Auch das ist nur die halbe Wahrheit… Meistens stellen wir uns die Hierarchie im 3. Reich als Pyramide vor. Ganz oben Hitler, dann Goebbels, Himmler, etc und immer weiter nach unten. Diese Vorstellung ist vielleicht etwas zu einfach – es herrschte eine Art „Polykratie“ – eine Herrschaft der Vielen. Der „große Diktator“ hatte weitaus Besseres zu tun, als sich mit solch weltlichen Tand wie der Politik auseinandersetzen. Er begann den Tag um 10:30 Uhr und nachdem er sein unleserliches Buch schon Jahre zuvor verfasst hatte schrieb er -im Gegensatz zu Rosenberg- nicht, sondern führte hauptsächlich Monologe, traf keine Entscheidungen (das konnte er nicht so wirklich) oder ließ sich einfach einmal von seinem Leibarzt niederfixen.
Dass Adolf Hitler (zu viele) Medikamente nahm wusste ich schon lange zuvor, dass die Liste etwas überlang ist, hat mir eine sehr gute Freundin, die gerade Humanmedizin studiert erzählt. Nach ein wenig Recherche konnte ich einen Teil der Medikamente finden und habe mir auch die Mühe gemacht nach den Wirkungen zu suchen. Jedoch bin ich weder Mediziner, noch habe ich etwas Ähnliches gelernt… Sollten die Liste Fehler- oder Lückenhaft sein, so darf der Finder diese Fehler und Lücken behalten oder lässt sie mir mit einem Hinweis zukommen
Einen Sonderfall stellt das Senfgas dar, da er es ja nicht bewusst inhaliert hatte…
- Senfgas
- Im 1. Weltkrieg – verursachte zwei Wochen Erblindung und Verstummung
Hitlers Medikamente:
Interessant dabei ist, dass die Meisten davon gleichzeitig eingenommen wurden. Das Problem, bei Medikamenten ist, dass man nie so genau sagen kann was passiert, wenn man zwei oder mehr pharmazeutische Arzneien gleichzeitig einnimmt. Noch dazu waren die Drogen Hitlers teilweise Erfindungen seiner Ärzte, die noch nicht einmal für die Öffentlichkeit freigegeben wurden…
- „Vitamultin“-Tabletten
- Coffein
- Wirkung: Psychoaktiv, Anregend
- Pervitin (Hauptdroge Hitlers)
- Alternativnamen:
- N-Methylamphetamin
- Chrystal Meth
- Wirkungen:
- Angstdämpfend
- Erhöhung der Konzentrationsfähigkeit
- Nebenwirkungen:
- Unruhe
- Zitteranfälle (Man beachte die Verkrampfte Haltung Hitlers, sie diente Möglicherweise dazu, das Zittern zu verbergen)
- Ungebremster Redefluss
- Unberechenbarkeit
- Angst
- Alternativnamen:
- Coffein
- Phenobarbital
- Alternativnamen: Bellegral
- Barbiturat und Schlafmittel
- Eupaverin
- Entspannung der Muskeln
- Eukodal
- Schmerz und Hustenstiller als Ersatz für Morphium
- Testoviron (Sexualhormon)
- Entwicklungshilfe für männlichen Körper
- Tonophosphan
- Gegen Psychische und physische Erschöpfungszustände
- Traubenzucker
- Leistungssteigerung
- Cardiazol
- Alternativname: Pentetrazol
- Regt im Hirn die Zentren für Herz- und Atmungstätigkeit an
- Coramin
- Alternativname: Nicethamid
- Stimuliert Kreislauf, Nervensystem und Atmung
- Kokain
- Beruhigung und Schmerzlinderung
- Sympathol
- Herzmittel
- Reagiert oft sehr gefährlich, wenn es gleichzeitig mit Kokain eingenommen wurde - und das wurde es
- „Antigas“-Pillen
- Nuc Vomica → Gift der Brechnuss → Strychnin
- Belladonna → Gift der Tollkirsche
- Wird von Frauen in südlichen Ländern eingenommen, damit die Augen einen aufgeschlossenen, kindlich-unschuldig-erstaunten Ausdruck bekommen
- Syntetische Morphiumderivate
- Schmerzmittel
- Ultraseptyl
- Alternativname: Sulfamethylthiazol
- Antibakteriell mit vielen Nebenwirkungen
- Homoseran
- Beruhigungsmittel
- Jodpräparate
- Antimykotikum, Antiseptikum
- Sulfonamide
- Antidiabetika, Hilfe bei Infektionskrankheiten
- Neo-Ballistol
- Hautpflegemittel
- Percodan
- Schmerzmittel, Morphiumähnlich
- Kaliumbromid
- Beruhigungsmittel, Krampfmildernd
- Atropin
- Herz + Kreislaufmedikament
- Kamille
- Beruhigungsmittel
- Escherichia coli
- Bzw. Mutaflor
- Colibakterium, zur Wiederherstellung der Darmflora
- Gluconorm
- Besserung des Blutzuckerspiegels
- Oxedrintartrat
- Alternativname: Synephrintartrat
- Gegen Kreislauf- und Altersschwäche
- Propyphenazon
- Schmerzmittel, Analgetikum
Quellen:
http://www.toxcenter.de/artikel/D12FED.php
http://en.wikipedia.org/wiki/Theodor_Morell
Filed under: Geschichte, Yad Vashem