Frau Dolores bekommt schon eine Zeitlang Dafalgan vom Arzt verschrieben – zusammen mit Novalgin Tropfen und etwas zum einreiben – offenbar hat sie ziemliche Schmerzen.
Einmal bekommt sie die Tabletten verschrieben, einmal die Brausetabletten. Wir schreiben die Dosierungen auf die Packung – und hier sind wir seeehr vorsichtig und schreiben: Maximaldosis pro Tag 4 x 1 Tablette ODER 4 x 1 Brausetablette Dafalgan.
Ja, das ist schon hoch. Aber entspricht dem, was die Ärzte hier üblicherweise verschreiben. Und ja, man weist sie noch einmal darauf hin, dass das beides denselben Wirkstoff enthält und dementspechend Entweder das eine Oder das andere zu nehmen ist, nicht beide.
Trotzdem bleibt Frau Dolores eine Kundin, die wir gut im Auge behalten – auch weil ihre Novalgin-Bezüge tendenziell häufiger werden.
Als das Dauerrezept ausläuft, macht man ihr einen Vorbezug für Dafalgan, mit der Bitte, bald zum Arzt zu gehen und anzuschauen, wie das mit dem Novalgin weiter geht, speziell, da die Schmerzstillung zu wenig zu sein scheint.
Es wundert es wenig, wenn der Arzt neu Co-Dafalgan aufschreibt. Das ist auch Paracetamol, zusammen mit Codein.
Blöderweise schreibt der Arzt keine Dosierung auf das Rezept – aber die Patientin versichert, er habe das genau mit ihr besprochen.
Auf das Rezept mit dem Co-Dafalgan hat er geschrieben: „Kein Dafalgan mehr.“
Das halten wir so auch im Computer fest.
Es vergehen ein paar Wochen, ich gehe in die Ferien und habe eine Vertretung und als ich zurückkomme und die Rezepte vom Freitag kontrolliere, erschrecke ich etwas, denn da drauf ist eine Wiederholung auf ein altes Dafalgan-Rezept.
„Das soll Frau Dolores doch nicht mehr nehmen! Das habe ich doch selber extra so vermerkt“ gehe ich damit zur Pharmaassistentin.
„Ja, ich habe es gesehen. Aber sie hat die Nachbarin geschickt, das zu holen und … Du weißt, dass man auch mit ihr selber kaum reden kann wegen den Dosierungen und so. Die Nachbarin bestand darauf, deswegen sei sie geschickt worden. Sie hat selber auch einmal gesagt, dass sie das Co-Dafalgan nicht so gut verträgt. Vielleicht nimmt sie wieder das Dafalgan stattdessen?“
Pharmama: „Ja, aber trotzdem. Wenn der Arzt das so aufgeschrieben hat …“
Pharmaassistentin: „Wir haben ja auch versucht den Arzt zu erreichen – aber der ist erst am Montag wieder in der Praxis.“
Also rufe ich (leicht Zähneknirschend) dem Arzt an. Und frage ihn – respektive die Praxisassistentin wegen dem Dafalgan für Frau Dolores.
Praxisassistentin: „Bei uns steht nichts mehr von Dafalgan.“
Pharmama: „Ja, sie hat auch kein Rezept mehr, aber ich wollte wissen, ob sie das eventuell weiter nehmen muss.“
„Nein.“
Also rufe ich Frau Dolores an. Die Patientin, die immer so gereizt auf Nachfragen wegen der Dosierung ihrer Schmerzmittel reagiert.
Ich erreiche sie erst nach mehreren Versuchen.
„Guten Tag Frau Dolores, hier ist Pharmama von Pharmama’s Apotheke. Ich habe die Rezepte vom Freitag angesehen und dabei ist mir aufgefallen, dass ihre … Nachbarin? Eine Packung Dafalgan geholt hat für sie?“
Frau Dolores: „Ja. Und?“
Pharmama: „Laut der letzten Nachricht von ihrem Arzt, die wir haben sollten sie nur noch das Co-Dafalgan nehmen.“
Frau Dolores: „Ah, nein. Das reicht mir nicht. Und der Arzt hat das mit mir genau durchgerechnet, wieviel ich wovon nehmen darf.“
Pharmama: „Okay. Könnten Sie mir bitte sagen, wieviel er gesagt hat?“
Frau Dolores: „Also – er hat mir das vorgerechnet, weil ja der Wirkstoff, der eine gleich ist …“
Pharmama: „Ja, das Paracetamol.“
Frau Dolores: „Genau. Also … ich darf von den grünen (Anm: das sind die CoDafalgan) pro Tag maximal 3 x 2 Tabletten nehmen …“
Pharmama: „Okay…“
Frau Dolores: „Und dann in der Nacht von den roten (den Dafalgan)– weil das sonst nicht reicht wegen den Schmerzen noch maximal 3“
- ich bin so verschreckt von der Auskunft das mir ein „Das ist viel zu viel!“ entfährt.
Für nicht Pharmazeuten: CoDafalgan 1 Tablette enthält 500mg Paracetamol, 3×2= 3x1g = 3g. Von den Dafalgan hat sie die 1g Tabletten also nochmals 3g … Das sind 6g innert 24 Stunden!
Pharmama: „Wenn Sie die so nehmen, dann nehmen sie eine Menge, die an der Vergiftungsgrenze liegt. Sie machen ihre Leber kaputt.“
Frau Dolores: „Aber der Arzt hat mir das so gesagt!“
Pharmama: „Ich denke, er meinte anstatt und nicht und.”
Frau Dolores: „Nein, nein, er hat mir das genau vorgerechnet. Und nur mit den grünen reicht das nicht. Ich habe ja die Schmerzen auch Nachts“
Pharmama: „Sie nehmen auch noch die Novalgin, oder?“
Frau Dolores: „Ja, jetzt wieder etwas weniger.“
Pharmama: „Ich denke, wir müssen unbedingt etwas machen mit ihrer Schmerztherapie. So wie es aussieht, ist sie momentan nicht ausreichend. Ich denke, am besten ist es, ich setze mich mit Ihrem Arzt in Verbindung, damit der Ihnen anruft und sie zusammen eine bessere Schmerztherapie finden. Da müssen Sie wohl ein paar Medikamente wechseln.“
Frau Dolores: „Ich will aber nicht zu starke Mittel.“
Das ist eine interessante Bemerkung. Einerseits sagt sie, dass ihre Schmerzmittel nicht ausreichen in der Wirkung, andererseits hat sie keine Bedenken von denen, die sie hat mehr zu nehmen. Die sind ja nicht so stark = demfall auch nicht gefährlich? Das scheint etwas zu sein, das noch bei einigen Mitteln, die als „sanft“ gelten so ist.
Pharmama: „Ja, okay, aber wir müssen etwas finden, dass ihnen genug die Schmerzen nimmt und dabei ihre Leber leben lässt. Die Dafalgan und CoDafalgan, das ist viel zu viel.“
Sie verspricht mir, nur noch die Co-Dafalgan und Novalgin zu nehmen, bis der Arzt sich meldet.
Ja, wenn ich denke, dass mein Kuschelbär nach nur 5 Tagen 3g/Tag schon ziemlich erhöhte Leberwerte hatte … Brrrrr.
Als nächstes also wieder zum Arzt. Der ist allerdings inzwischen (da nach 17 Uhr) im Feierabend. Ich schreibe einen Fax und beschreibe das Problem – es ist wichtig, dass er dem baldmöglichst nachgeht.
Die Praxis reagiert – und so bekomme ich am nächsten Morgen die Info, dass man die Medikamente umstelle … sie bekommt jetzt ein Opiat; dass die Tochter neu auch involviert ist – damit das mit den Dosierungen in Zukunft richtig läuft, denn: „So habe ich das ganz sicher nicht gesagt mit den CoDafalgan und den Dafalgan!“ Der Arzt hört sich leicht verärgert an, dass ich ihm sowas unterstelle. Tue ich nicht. Ich weiss, dass manches, das man sagt, ganz anders vom Patienten aufgenommen wird, als man das gedacht hat.
Am nächsten Tag kommt dann noch die Patientin selber und retourniert das Dafalgan. Von dem sie einige genommen hat. Aber sie will jetzt eine Gutschrift dafür – immerhin habe der Arzt gesagt, dass sie das nicht mehr brauche.
Und dann beklagte sie sich noch bei der Kollegin über mich, dass ‘Sie ja wisse, wie sie ihre Medikamente nehmen muss.’ … und ich da ihr nicht reinzureden habe.
Hmpf-
Sie realisieren es wohl nicht, aber eventuell habe ich gestern ihre Leber und damit ihr Leben gerettet. Weil ich so unhöflich war und nachgefragt habe, wie Sie die Sachen nehmen.