Dreifaltigkeit

Erstellt am 16. Juni 2011 von Schreibfreiheit

Trinity Church, New York, Foto: massmatt - Flickr.com

Am Sonntag nach Pfingsten begeht die Kirche das Fest der Allerheiligsten Dreifaltigkeit.

Nach dem Osterfest, dem Fest des zentralen Heilsereignisses, nämlich der leiblichen Auferstehung Jesu Christi von den Toten, und nach dem Pfingstfest, dem Fest der Herabkunft des Heiligen Geistes, ist dieser Sonntag – gleichsam in einer Zusammenschau der Heilsereignisse - der Betrachtung der Dreieinigkeit von Vater, Sohn und Geist geweiht.

So weit, so bekannt.

Worauf ich hier hinauswill, ist die kultur- und zivilisationsprägende Dimension der Lehre von der Dreifaltigkeit Gottes neu ins Bewußtsein zu rufen. Die Botschaft der Kirche gemäß der hl. Schrift ist, daß Gott die Liebe ist. Diese Liebe wendet er dem Menschen zu. Allerdings ist es so, daß er den Menschen nicht als Objekt seiner Liebe „braucht“ (man verzeihe mir die sehr menschliche Ausdrucksweise),  denn er ist in sich Liebe. Gott ist in sich die Liebe des Vaters zum Sohn und diese Liebe ist personhaft der Heilige Geist. So sagt es, etwas schlicht formuliert, die traditionelle Lehre.

Gott ist in sich perfekt und er benötigt nicht den Menschen, um zu sich selbst zu kommen, so wie es die Irrlehren der alten und der neuen Gnosis, allen voran das Hegelsche Wahnsystem, lehren. Diese Irrlehre bringt dann den politischen Totalitarismus, der immer säkular und auf eine perverse Weise „religiös“ zugleich ist, hervor. Denn dort muß der Mensch – um eben die Gottheit zum Ziel zu bringen –  die Perfektionierung der Menschheit, also wahlweise das tausendjährige Reich oder die klassenlose Gesellschaft oder ein anderes, vermeintliches  Ziel der Geschichte selbst leisten. Wer da nicht mitmachen will, wird als „Verhinderer“ ausgemerzt. Das alles ist reiner Wahnsinn. Wir haben im 20. Jahrhundert zur Genüge  gesehen, wohin das führt.

Man sage also nicht, theologische Lehren hätten keine Auswirkung auf Politik und Kultur. Das haben sie sehr wohl – bis hinein in Detailbereiche der Gesetzgebung, der Rechtsprechung, der Kunst, der Ehe und des Familienlebens und aller anderen Lebensbereiche.

Die andere Bestreitung der überlieferten Lehre von der Dreifaltigkeit, die uns heute zu schaffen macht, ist die islamische. Wenn Gott als einsamer, nicht-dreifaltiger und sich nicht als die Liebe geoffenbarter verkündigt wird, muß das auch für die Beziehung der Menschen untereinander große Auswirkungen haben.

Welche das sind, können wir seit 1400 Jahren im islamischen Machtbereich mitverfolgen:  Dieser Gott ist zwangsläufig und offensichtlich ein Despot und ein Willkürherrscher. Und er ist – entgegen dem Wortlaut der islamischen Grundschriften – ganz offensichtlich kein „Allerbarmer“.

Das am kommenden Sonntag zu begehende Fest erinnert uns also an das tiefste innergöttliche Geheimnis, an die Liebe. Es erinnert uns daran, daß wir Menschen kein „Teil“ Gottes sind, aber aus Gnade an der göttlichen Natur teilhaben sollen (wie es im 2. Petrusbrief heißt). Und es erinnert uns daran, daß wir als Menschen die innergöttliche Liebe in unseren menschlischen Beziehungen gleichsam widerspiegeln sollen, indem wir allen Menschen Wohlwollen zeigen und so vollkommen werden, wie der Vater vollkommen ist (wie es in der Bergpredigt, im fünften Kapitel bei Matthäus, heißt). Das gibt uns für das politische Tun auch das Wissen, daß wir auf dieser Erde ohnedies nicht das Paradies errichten, aber vieles zum Guten wenden können. Das fordert uns zur zwar fleißigen und mutigen, aber eben nicht zur verbissenen und „fanatischen“ Weltgestaltung auf.  

Klingt das alles zu weit hergeholt?

Nun, ich überlasse es mithin dem geneigten Leser, erstens die Spuren der Lehre von der Dreifaltigkeit in unserer Kultur und Zivilisation zu suchen und zu finden, zweitens die Folgen einer Ablehnung dieser Lehren zu erwägen und sich drittens selbst das Geheimnis der göttlichen Dreifaltigkeit immer tiefer anzueignen.

Dann werden wir jedenfalls den kommenden Sonntag mit tieferer Anteilnahme zu begehen wissen.