Drei Wurzeln – drei Energieaspekte des Geistes

Drei Wurzeln – drei Energieaspekte des GeistesDie Praxis der Drei Wurzeln – Guru, Deva, Dakini – ist in der Nyingma-Tradition der wesentliche Ansatz, um die Lehren zur Befreiung zu verwirklichen. Zwar hat sich auch in der Nyingma-Tradition das Ngöndro – die grundlegenden Übungen – ähnlich wie in der Kagyü-Tradition als Basispraxis etabliert, doch war und ist das Guru-Yoga der zentrale Ansatz für weitere Praktiken des Dzogchen wie in den Dzogchen-Klassen Semde und Longde und insbesondere Trekchö und Thögal in der Upadesha-Kategorie. Die mittlerweile zu den grundlegenden Übungen gehörenden Aspekte der Vier Gedanken, die den Geist wandeln, Zuflucht, Bodhicitta und die Reinigung von karmischen Schleiern und Vollendung der zweifachen Ansammlung wurde gewissermaßen als selbstverständlich vorausgesetzt und individuell praktiziert.

Guru – Deva – Dakini

Der Guru wird beispielsweise in seinem äußeren, inneren, geheimen und allergeheimsten Aspekt praktiziert. Als äußerer Aspekt erscheint er meist als Lama Zhiwä – als friedvoller Guru – in Gestalt des Padmasambhava Nangsi Zilnön – der Lotusgeborene, der durch Pracht die Erscheinungswelt unterwirft. In seinem inneren Aspekt kann er sich z.B. als Guru Dragpo zeigen und in seinem geheimen Aspekt als Dorje Drolö manifestieren. Eine alternative Möglichkeit, die wir im Dudjom Tersar vorfinden, wäre als Guru Sangye Menla (Medizinbuddha), Orgyen Khandro Norlha (Reichtumsaspekt), Tsokye Thugthig und Dorje Drolö.
In der Nyingma-Tradition gibt es zwei große Mandalas, die praktiziert werden. Einerseits das Mandala der 100 friedvollen und zornvollen Gottheiten (tib., zhi khro) und dann das Mandala der Kagye – der „Acht Logos-Gottheiten“ (tib., bka‘ brgyad). Das Mandala der Kagye kann sowohl in seiner Gesamtheit, wie auch in seinen einzelnen Aspekten praktiziert werden. Die bekanntesten Meditationsgottheiten mit ihren jeweiligen Mandalas aus dem Kagye sind Vajrakilaya, Hayagriva und Yamantaka in ihrer zornvollen Erscheinung, oder in ihrer friedvollen Manifestation Vajrapani, Avalokiteshvara und Manjushri, manchmal noch Vajrasattva. Das Mandala der Friedvollen und Zornvollen stellt einen in sich geschlossenen, gesamten Praxiszyklus dar.
Für die Dakini als Praxis finden sich meist Yeshe Tsogyal als friedvolle, äußere Erscheinung, Kurukulle als magnetisierende, heranziehende und vermehrende Manifestation als innere Erscheinung, Simhamukha – die löwenköpfige Dakini – als zornvolle geheime Manifestation und Thröma Nagmo als äußerst zornvolle Erscheinung zur Befreiung rigider Geistesmanifestationen.
Neben diesen drei Aspekten gibt es auch noch damit verbunden Praktiken wie die Meditation auf Chime Sogthig – die Lebensessenz der Todlosigkeit – die eine Langlebenspraxis verbunden mit Vajrakilaya ist. Aber auch die Vajrayogini in ihrer reinen Erscheinung oder die Grüne Tara usw. können als Meditationsfiguren für die Realisation der Befreiung und/oder für bestimmte Aktivitäten herangezogen werden.

Kanäle – Energiewinde – Essenztropfen

Auf die Praxis der Drei Wurzeln folgend widmet man sich optional den feinstofflichen Kanälen, Winden und Essenztropfen – kurz „Tsalung“ genannt. Damit verbunden kann es in einzelnen Übertragungszyklen auch neben der Praxis der Inneren Hitze (tib., gtum mo) auch die weiteren Yogas der Vollendungsstufe geben, wie die Praxis des Illusionskörpers, des Traum-Yoga, des Klar-Lichts, Bardo und Phowa. Jedoch sind diese Ansätze öfter kaum ausformuliert, da der Klarlichtheitsaspekt der Natur des Geistes anders als in den Sarma-Schulen (Kagyü, Sakya, Gelug) in der Nyingma-Tradition meist über die Praxis von Trekchö und Thögal ausgeübt wird.


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