Nicht nur bei Klamotten, auch bei Lebensmitteln gibt es Trends - und damit auch immer geschickte Verkäufer, die sich die Trends zunutze machen um Lebensmittel zu vermarkten.
Solche trendigen Lebensmittel werden dann gerne „Superfoods" genannt und haben idealerweise diese Eigenschaften:
- Sie waren bis vor kurzem unbekannt, damit man modern und weltgewandt klingt, wenn man davon erzählt.
- Verwandt mit Punkt 1: Sie kommen von weit weg. Bonuspunkte gibt es für Süd- und Mittelamerika. Das Label „Heilsamen der Maya" oder „Gold der Inka" macht sich immer gut.
- Es lässt sich ein beliebiger Nährwert herausgreifen um zu verdeutlichen, wie gesund es ist - ohne dass es eine wirkliche Rolle für die Gesundheit spielt („doppelt so viel Magnesium wie Weizen!")
- Man kann ihnen wundervolle Gesundheitseigenschaften nachsagen. „Schützt vor Krebs" geht immer, das kann eh niemand wiederlegen.
- Der Kilopreis sollte nicht unter 10€ liegen - sonst hätte sich der Marketing-Aufwand (oder Affiliate-Link am Ende des Artikels) ja nicht gelohnt!
Ich würde auch niemals behaupten, dass es schlimm ist, wenn man sich eines der folgenden Lebensmittel holt. Sie sind gesund und vielleicht schmeckt es manchen ja besser als die Alternative und der höhere Preis schreckt nicht ab.
Die Lebensmittel in dieser Liste sind jedoch auch völlig überhyped, mit übertriebenen Gesundheitsversprechen, obwohl sie beim genaueren Hinsehen eigentlich nichts Besonderes sind.
Quinoa
Ahh, das „Wunderkorn der Inka". Lange war es auf den Anden versteckt, jetzt hat die Welt es entdeckt!
Mittlerweile ist es schon gar nicht mehr so ungewöhnlich und findet sich auch in deutschen Küchen immer häufiger. Es wird mit 14 Gramm Eiweiß pro 100 g als unter den Getreidearten bezeichnet. Außerdem ist es glutenfrei - was will man mehr?
Ich habe Quinoa selbst mit diesen Argumenten auch gerne empfohlen, ohne mir wirklich Gedanken zu machen. Als ich mir die Zahlen mal wirklich angeschaut habe, hat sich mein Bild aber etwas geändert.
Ich wurde hereingelegt - und falls du ebenfalls dachtest, mit Quinoa deinen Eiweißbedarf besonders gut decken zu können, so ist dir das auch passiert.
Professor Protein sagt:Quinoa enthält mit 14 Gramm deutlich mehr Eiweiß als etwa Reis (3 Gramm), aber ist nichts Besonderes gegenüber Roggen oder Weizen (11 Gramm). Gegen Linsen (23 Gramm) sieht es sogar ziemlich alt aus.
„Stopp mal, Janek, das ist jetzt aber unfair! Es hat mehr Eiweiß als Reis; Roggen und Weizen enthalten Gluten und der Vergleich mit Linsen hinkt, da es ja keine verwandte Pflanze ist. Quinoa ist also die beste Alternative."
Da hast du völlig Recht! Ein Getreide hat Professor Protein aber vergessen:
Haferflocken! Du weißt hoffentlich schon, dass sie dich stark machen.
Die Altkluge Amsel sagt:Sie haben nicht nur gleich viel Eiweiß wie Quinoa, auch im restlichen Vergleich sehe ich keinen großen Unterschied: Vergleichbar viele Kalorien und Mineralstoffe, einen klaren Sieger gibt es nicht.
Aber ich habe , dass Eiweiß nicht gleich Eiweiß ist! Und über Quinoa habe ich gelesen, dass es ein sehr gutes Aminosäurenprofil hat und alle essentiellen Aminosäuren vorhanden sind. Das Eiweiß ist also hochwertiger als das von Hafer.
Schauen wir uns es mal an!Ich hätte der Altklugen Amsel vor ein paar Wochen noch zugestimmt. Gibt es einen Artikel über Quinoa, so steht irgendwo auch, dass das Aminosäurenprofil besonders gut ist. Umso mehr habe ich mich gewundert, als ich mir die Daten mal angeschaut habe.
Hier habe ich das Aminosäurenprofil von Haferflocken und Quinoa verglichen.
Aufgetragen sind die einzelnen essentiellen Aminosäuren in mg/100g. Das sieht ziemlich ähnlich aus.
Wenn man wirklich einen Gewinner ausmachen wollte, wären es wohl eher die blauen Balken - Haferflocken. Bei Quinoa ist lediglich der Lysinanteil leicht erhöht, Haferflocken sind in allen anderen Aminosäuren, besonders aber in den wichtigen BCAAs Leucin, Isoleucin und Valin der klare Gewinner.
Unter allen gesundheitlichen Aspekten sind Haferflocken und Quinoa also ähnlich. Reiner Hafer ist ebenfalls glutenfrei, nur wer an Zöliakie leidet und auf Spuren von Gluten reagiert muss aufpassen, da er oft mit anderen Getreidesorten verarbeitet wird. Für den Rest von uns spielt Gluten im Hafer keine Rolle.
Was sind sonst die Unterschiede? Haferflocken sind praktischer, da man sie nicht erst kochen muss. Gesund und einfach ist immer besser als gesund und aufwendig.
Quinoa ist durch den Hype als Superfood im Preis stark gestiegen, was dazu geführt hat dass man heute knapp 10€ für das Kilo Quinoa hinlegen muss, für Bio-Quinoa noch mehr. Das führt auch dazu, dass es die Bauern in den Anden gar nicht mehr selbst essen sondern ihren Quinoa verkaufen und lieber auf billigere Lebensmittel wie Pommes ausweichen, was auch nicht die beste Lösung ist.
Haferflocken hingegen sind eine der günstigsten Eiweißquellen, die es gibt: Sie gibt es im Discounter für 80 Cent das Kilo und auch Bio-Haferflocken kosten nur wenige Euro. Das hängt vermutlich auch damit zusammen, dass sie nicht erst um die ganze Welt fliegen.
Kokoswasser
Als ich kürzlich im alnatura war, war ich überrascht wieviele Sorten Kokoswasser es dort gab: Ich kam ursprünglich nur, um mir mein Kokosöl zu holen und dachte mir, wenn Kokosöl so gesund ist, dann ist es Kokoswasser bestimmt auch!
Ich bin nicht der einzige, der so denkt: Vor allem in den USA gibt es einen riesigen Trend bei Sportlern Kokoswasser zur Flüssigkeitszufuhr zu benutzen.
Das Ratlose Rentier fragt:Neben den gewöhnlichen wundervollen Gesundheitseigenschaften ( „entzündungshemmend") wird oft mit dem hohen Kalium-Gehalt von Kokoswasser geworben. Kalium ist ein Elektrolyt, den wir ausschwitzen und deshalb nach dem Sport wieder zu uns nehmen sollten.
Dann ist es ja wirklich ein gutes Sportgetränk?
Kokoswasser enthält viel Kalium, aber eine Banane auch - und eine Banane plus ein Liter Leitungswasser kosten 20 Cent. Zusammen ist die Kombination Banane+Wasser nicht nur besser, sondern auch deutlich günstiger als die mehreren Euro, die man für einen Tetrapack Kokoswasser ausgeben muss
Bei kurzen Trainingseinheiten müssen wir uns über all das zum Glück sowieso keine Gedanken machen, wir nehmen die Nährstoffe dann einfach wieder auf, wenn wir das nächste Mal essen. Dann brauchst du weder Banane noch Kokoswasser noch sonstige Sportgetränke - reicht vollkommen!
Chia-Samen
Nachdem Quinoa vor ein paar Jahren bereits etabliert wurde und es nicht mehr so weltklug klang, davon zu sprechen, kam das nächste Superfood nach Europa - auf das Inka-Gold folgten die Wundersamen der Maya.
Mittlerweile sind wir ja schon ein bisschen im Rhythmus und können Chia-Samen kurz abhaken:
Chia-Samen erfüllen also alle Voraussetzungen an ein Superfood - und sind deswegen genau so überhyped!- Eher unbekannt?
- Von weit weg? Bonuspunkt: Aus Mittelamerika?
- Gesund klingender Nährwert? Mehr Calcium als Milch!
- Wundervolle Eigenschaften, die niemand kontrollieren kann? Senkt das Risiko von Herzinfarkt und Schlaganfall!
- Teuer?
Natürlich sind sie gesund, enthalten gesunde Fette und ein gutes Nährstoffprofil. Wenn dich der höhere Preis nicht abschreckt, spricht also nichts dagegen sie zu kaufen. Sie vollbringen aber keine Wunder und enthalten nichts, das man nicht auch mit einer ausgewogenen Ernährung aus heimischen Lebensmitteln bekommt. Für einen direkten Vergleich eignen sich aber vor allem Leinsamen:
Natürlich gibt es leichte Unterschiede, von denen man sich einen Wert aussuchen kann, um das eine besser darzustellen als das andere: Wer Werbung für Chia-Samen machen möchte wird sagen, sie enthalten mehr Calcium und Antioxidanten. Umgekehrt würde ein Leinsamen-Fan sagen, dass sie mehr Omega-3-Fettsäuren und Eiweiß enthalten.
Was mich überzeugt: Leinsamen gibt es ab 3€ das Kilo und sie kommen aus Deutschland. Chia-Samen kosten das dreifache und sie legen deutlich mehr Kilometer zurück, bis sie in unserem Magen sind.
Keines dieser Lebensmittel ist ungesund, noch finde ich es schlimm sie zu kaufen. Quinoa schmeckt natürlich anders als Haferflocken und lässt sich als Gericht auch anders verwenden, vielleicht magst du es ja einfach lieber.
Mir ist es nur wichtig, zum Audruck zu bringen, dass man nicht so viel Geld ausgeben muss, um gesund zu leben. Kein Lebensmittel vollbringt Wunder und es gibt viele heimische Produkte, die trendigen Superfoods in nichts nachstehen - für einen Bruchteil des Preises.
Jetzt musst du also weder für Flaschenwasser Geld ausgeben , noch für gehypte Superfoods bezahlen - was machst du nur mit dem ganzen gesparten Geld?
Meine Fragen an dich:
- Welches Lebensmittel würdest du dieser Liste hinzufügen?
- Isst du eines der drei genannten Superfoods gerne?
Zum Weiterlesen: Kann ich auch mit Kohlenhydraten abnehmen?