Drehbuchschreiben. Das Geheimnis glaubwürdiger Charaktere und fesselnder Geschichten.

Drehbuchschreiben_Cover

Nicole Mosleh ist Drehbuchautorin, sie ist auch Dozentin fürs Drehbuchschreiben, hat die Drehbuchwerkstatt der Hochschule für Film und Fernsehen in München erfolgreich abgeschlossen, war am American Film Institute und hat nun all ihr angestautes Wissen in dem Buch / Ratgeber / Leitfaden Drehbuchschreiben. Das Geheimnis glaubwürdiger Charaktere und fesselnder Geschichten veröffentlicht. Die erste Frage die sich beim in der Hand halten dieses Werks aufdrängt: Warum noch so ein Ding? Es gibt genügend Veröffentlichungen, die als Standardwerke zum Entwickeln eines eigenen Drehbuchs genügen sollten: Christopher Voglers Die Odyssee des Drehbuchschreibers wird oft und gerne zitiert, nicht minder populär sind zahlreiche Aufarbeitungen dieses Themas durch den US-amerikanischen Autoren Syd Field.

Dass dies keine böswillige, journalistisch zickige Überlegung ist, beweist die Autorin in diesem Fall selbst. Ihre ersten geschriebenen Worte dienen genau dieser Begebenheit. Auch sie beschäftigt sich mit der legitimen Frage, warum noch ein solches Buch von Nöten ist. Hat man dann die Antwort gelesen, ist man gewillt ihr zuzustimmen, erwartet mit Spannung die folgenden Seiten und Ausführungen ihres Drehbuchratgebers.

Denn Frau Mosleh legt die dramaturgischen Modelle größtenteils beiseite, überlässt es diesen Standardwerken sich auf Struktur und Handwerk zu konzentrieren, um selbst mehr über die menschlichen Dinge, über die Persönlichkeit und den Bezug zum eigenen Drehbuch zu sprechen bzw. zu schreiben. Wo finden sich in der geschriebenen Geschichte Verbindungen zum realen Leben, wie lässt sich unser Umfeld auf die Idee, auf die Entwicklung einer Geschichte übertragen. Warum also passiert es, dass manche Filmfiguren gänzlich neben der Spur an uns vorbeiziehen, andere wiederum in ewiger Erinnerung bleiben, uns gar emotional berühren und somit in die Geschichte mit hineinziehen. Damit stellt Mosleh eine emotionale Ebene der kühlen Struktur gegenüber und möchte erzählen, wie diese Ebene erschaffen wird. Klingt gut. Ist es dann auch.

Denn bereits beim Aufbau merkt man, dass Theorie nicht unbedingt im Mittelpunkt stehen sollte. Ein wenig davon muss sein, aber das Hauptaugenmerk wird auf die “Hausaufgaben” gelegt. Jedem Kapitel oder jeder Lektion sind praktische Übungen nachgeschaltet. Dinge natürlich, die man mit Eigeninitiative und Selbstmotivation erledigen muss, da – obgleich sie als Dozentin tätig ist – Frau Mosleh natürlich nicht beim Lesen des Buches hinter einem steht um die Peitsche zu schwingen. Dennoch wirkt es immer wieder hilfreich solcherlei Aufgabenstellungen zu bearbeiten, die sich zum Beispiel anfangs noch damit beschäftigen, wie man aus einer bloßen Idee überhaupt zu einer Geschichte kommen kann. Die Umwelt beobachten, das Geschehen bewerten, Ursachen für das Beobachtete finden oder erfinden. Augen zumachen und ein mögliches Setting vorstellen. Ein 30 Minuten langes Brainstorming an einem ungestörten Ort: Ereignisse, Grundkonstellationen, Konflikte entwickeln. Was simpel und einfach klingt, ist es eben auch. Zu Papier gebracht wirkt es dann sinnvoll gebündelt und wie eine gern gemachte Hausaufgabe.

In weiteren Kapiteln wird dann die Frage nach der Dreidimensionalität eines Charakters wieder aufgegriffen, auch hier bleibt uns die Autorin nicht um eine Antwort schuldig. Sie teilt – hier auch recht theoretisch strukturiert – die Entwicklung der Charaktere in mehrere Dimensionen auf: Physiologie, Soziologie und Psychologie, eingebettet in ein recht umfangreiches Kapitel mit Filmbeispielen und – natürlich auch – praktischen Übungen um möglichst zu vermeiden, eine dieser Figuren zu erschaffen, die sofort wieder in Vergessenheit geraten. Darüber hinaus stellt sie auch die Frage, ob es denn nur einen geben kann? Es geht um die Hauptfigur der Geschichte und ob man zwangsläufig in der Einzahl dieser Figur verweilen muss.

Noch viel schöner ist es dann, dass Nicole Mosleh die Fähigkeit des verständlich einfachen Schreibens beherrscht, was so manchen – ob nun theoretische oder praktische – Ausführungen nicht zugrunde liegt. Hier liest es sich flüssig durch, so dass man sich immer wieder schnell und schlauer am Ende des Kapitels wieder findet und das eben Gelesene unbedingt in den praktischen Übungen umgesetzt sehen will. Damit bildet Drehbuchschreiben. Das Geheimnis glaubwürdiger Charaktere und fesselnder Geschichten eine sinnvolle Ergänzung zur gängigen Drehbuch-Literatur.

 
 
Drehbuchschreiben. Das Geheimnis glaubwürdiger Charaktere und fesselnder Geschichten von Nicole Mosleh im UVK-Verlag.


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