Drangsal
„Harieschaim“
(Caroline/Universal)
Größer ging natürlich immer: Schon vor oder zu Zeiten, da sich ein junger Mann namens Frankie nach Hollywood aufmachte, schmückten sich Musikkapellen gern mit geografischen Namen, mussten also Kontinente (Europe, Asia, America), Länder (Japan) oder wenigstens bekannte Metropolen (Boston, Chicago, Kansas, Berlin) herhalten, um stolz zu zeigen, wie kosmopolitisch der Rock resp. Pop hier doch aufgeladen war. Mit Provinznestern funktioniert das natürlich nicht ganz so gut, als Provokation taugen sie aber allemal. Helmut Josef Geier aka. DJ Hell zum Beispiel geht immer noch gern damit hausieren, dass die Wiege seiner Arbeit in einem Club im beschaulichen Altenmark an der Alz liegt und die mittlerweile weltbekannte Frickelkombo The Notwist hat das oberbayerische Weilheim quasi zum Qualitätssiegel umgedeutet. Max Gruber alias Drangsal geht da noch einen kleinen Schritt weiter: Der Junge betitelt sein Debüt einfach mit der ersten urkundlichen Erwähnung seines pfälzischen Geburtskaffs Herxheim und hat damit gleich mal alle notorischen Nörgler auf einen Schlag gegen sich.
Selbiges schafft er mühelos im Weiteren mit seinem Musikstil. Denn auch wenn dieser nicht gerade originär ist (Achtung, Nerdwissen: schon Sean McBride/Martial Canterel oder Hannes Norrvide/Lust For Youth plünderten ähnlich schamlos den Wavepop der Achtziger) – hier schreit alles HYPE! Da passt es ganz gut, dass der jetzt in Berlin gemacht wird und die Junk-Trulla Jenny Elvers im Video zur Single “Allan Align” wieder mal die Nebenrolle ihres Lebens spielen darf. Einen also, der so unverblümt auf Retro macht, kann man ja nicht ernst nehmen. Wenn es doch nur so einfach wäre! Dummerweise hören sich die Stücke auf dem Debüt verteufelt gut an und klingen gut dreißig Jahre nach den Originalreferenzen erstaunlich frisch. Die Liste der Bezüge ist reichhaltig und jeder mag sie für sich selbst zusammenhören, ob nun NDW, New und Dark Wave, Synthiepop oder fette EBM alten Zuschnitts, Huber kombiniert gekonnt alle Einflüsse und erreicht genau das, was im oftgelesenen und ziemlich schlauen Zitat als Ziel ausgegeben wurde:
"Wenn ich das, was in mir vorgeht, auf der Straße erzählen würde, hätte ich Probleme - wenn ich aber davon singe, tanzen die Leute.” Es kommt also so einiges zusammen bei dem Jungen – fehlende Selbstzweifel, famoses Songwriting, cleveres Marketing und natürlich ein paar hübsche Geschichten aus dem dörflichen Ödland, aus dem es ihn nun hinaustreibt in die große Welt des Pop. Helfen wird ihm sicherlich, dass er sich nicht auf die Musik beschränkt, mit der seine Generation sich üblicherweise sozialisieren ließ – Huber schwärmt beispielsweise in einem Gespräch mit dem Netzportal laut.de (um wenigstens einen Namen zu nennen) von den ersten Alben der Smiths in höchsten Tönen und hat zu den Protagonisten von damals eine dezidierte, wenn auch zuweilen diskutable Meinung.
Tanzmusik also in erster Linie, so simpel kann das sein. Meist englischsprachig – nur für den Song “Will ich nur dich” wechselt er in die deutsche Sprache. Gefällige Synthakkorde in melancholischem Moll, die Stimme mit gehörig Schmelz und ab und an eine bratzige Elektrogitarre eingestreut (“Schutter”), das Ganze meist weich gefedert (“Do The Dominance”) oder auch mal mal mit dem Vorschlaghammer verbaut (“Sliced Bread #2”). Ob es die schwülstigen Softrockriffs bei “Love Me Of Leave Me Alone” gebraucht hätte, darüber darf wer will gern streiten – mit der Titelzeile macht Huber seine Meinung aber ohnehin unmissverständlich klar: “Love me or leave me alone! I'm not without sin, yet I would cast the first stone. Help me or break my bones, when free of any sin, Mama take me home.” Gehen oder bleiben, für oder gegen – “Harieschaim” ist eine Platte, bei der man sich entscheiden muss. Letztendlich macht aber auch keinen Fehler, wer einfach die Augen schließt und weitertanzt…
21.04. Berlin, Badehaus Record Release Party
28.10. Köln, Gebäude 9
03.11. Münster, Gleis 22
11.11. Stuttgart, Keller Klub
19.11. Berlin, Lido
23.11. Salzburg, Rockhouse
Wer sich beeilt, kann unter dieser Adresse übrigens drei Stücke von Drangsal für lau herunterladen, namentlich "Will Ich Nur Dich" (mit Fabian Altsötter & Hendrik Otremba), "Zur Blauen Stunde" (mit Philipp Hülsenbeck) und "Hinterkaifeck" im 'All diese Gewalt Remix'.
„Harieschaim“
(Caroline/Universal)
Größer ging natürlich immer: Schon vor oder zu Zeiten, da sich ein junger Mann namens Frankie nach Hollywood aufmachte, schmückten sich Musikkapellen gern mit geografischen Namen, mussten also Kontinente (Europe, Asia, America), Länder (Japan) oder wenigstens bekannte Metropolen (Boston, Chicago, Kansas, Berlin) herhalten, um stolz zu zeigen, wie kosmopolitisch der Rock resp. Pop hier doch aufgeladen war. Mit Provinznestern funktioniert das natürlich nicht ganz so gut, als Provokation taugen sie aber allemal. Helmut Josef Geier aka. DJ Hell zum Beispiel geht immer noch gern damit hausieren, dass die Wiege seiner Arbeit in einem Club im beschaulichen Altenmark an der Alz liegt und die mittlerweile weltbekannte Frickelkombo The Notwist hat das oberbayerische Weilheim quasi zum Qualitätssiegel umgedeutet. Max Gruber alias Drangsal geht da noch einen kleinen Schritt weiter: Der Junge betitelt sein Debüt einfach mit der ersten urkundlichen Erwähnung seines pfälzischen Geburtskaffs Herxheim und hat damit gleich mal alle notorischen Nörgler auf einen Schlag gegen sich.
Selbiges schafft er mühelos im Weiteren mit seinem Musikstil. Denn auch wenn dieser nicht gerade originär ist (Achtung, Nerdwissen: schon Sean McBride/Martial Canterel oder Hannes Norrvide/Lust For Youth plünderten ähnlich schamlos den Wavepop der Achtziger) – hier schreit alles HYPE! Da passt es ganz gut, dass der jetzt in Berlin gemacht wird und die Junk-Trulla Jenny Elvers im Video zur Single “Allan Align” wieder mal die Nebenrolle ihres Lebens spielen darf. Einen also, der so unverblümt auf Retro macht, kann man ja nicht ernst nehmen. Wenn es doch nur so einfach wäre! Dummerweise hören sich die Stücke auf dem Debüt verteufelt gut an und klingen gut dreißig Jahre nach den Originalreferenzen erstaunlich frisch. Die Liste der Bezüge ist reichhaltig und jeder mag sie für sich selbst zusammenhören, ob nun NDW, New und Dark Wave, Synthiepop oder fette EBM alten Zuschnitts, Huber kombiniert gekonnt alle Einflüsse und erreicht genau das, was im oftgelesenen und ziemlich schlauen Zitat als Ziel ausgegeben wurde:
"Wenn ich das, was in mir vorgeht, auf der Straße erzählen würde, hätte ich Probleme - wenn ich aber davon singe, tanzen die Leute.” Es kommt also so einiges zusammen bei dem Jungen – fehlende Selbstzweifel, famoses Songwriting, cleveres Marketing und natürlich ein paar hübsche Geschichten aus dem dörflichen Ödland, aus dem es ihn nun hinaustreibt in die große Welt des Pop. Helfen wird ihm sicherlich, dass er sich nicht auf die Musik beschränkt, mit der seine Generation sich üblicherweise sozialisieren ließ – Huber schwärmt beispielsweise in einem Gespräch mit dem Netzportal laut.de (um wenigstens einen Namen zu nennen) von den ersten Alben der Smiths in höchsten Tönen und hat zu den Protagonisten von damals eine dezidierte, wenn auch zuweilen diskutable Meinung.
Tanzmusik also in erster Linie, so simpel kann das sein. Meist englischsprachig – nur für den Song “Will ich nur dich” wechselt er in die deutsche Sprache. Gefällige Synthakkorde in melancholischem Moll, die Stimme mit gehörig Schmelz und ab und an eine bratzige Elektrogitarre eingestreut (“Schutter”), das Ganze meist weich gefedert (“Do The Dominance”) oder auch mal mal mit dem Vorschlaghammer verbaut (“Sliced Bread #2”). Ob es die schwülstigen Softrockriffs bei “Love Me Of Leave Me Alone” gebraucht hätte, darüber darf wer will gern streiten – mit der Titelzeile macht Huber seine Meinung aber ohnehin unmissverständlich klar: “Love me or leave me alone! I'm not without sin, yet I would cast the first stone. Help me or break my bones, when free of any sin, Mama take me home.” Gehen oder bleiben, für oder gegen – “Harieschaim” ist eine Platte, bei der man sich entscheiden muss. Letztendlich macht aber auch keinen Fehler, wer einfach die Augen schließt und weitertanzt…
21.04. Berlin, Badehaus Record Release Party
28.10. Köln, Gebäude 9
03.11. Münster, Gleis 22
11.11. Stuttgart, Keller Klub
19.11. Berlin, Lido
23.11. Salzburg, Rockhouse
Wer sich beeilt, kann unter dieser Adresse übrigens drei Stücke von Drangsal für lau herunterladen, namentlich "Will Ich Nur Dich" (mit Fabian Altsötter & Hendrik Otremba), "Zur Blauen Stunde" (mit Philipp Hülsenbeck) und "Hinterkaifeck" im 'All diese Gewalt Remix'.