Es gibt Videospiele. Und es gibt Lieblingsspiele. Dragon Quest Monsters aus dem Jahre 1998 ist mein absoluter Liebling. Die von dem Sammel- und Züchtspielen wie Pokémon inspirierte Spin-Off der Dragon Quest-Serie gelang damals auf seltsamen Wegen in meinem Besitz. Irgendein Depp hatte es damals auf dem Spielplatz verloren – originalverpackt und mit Rechnung vom Elektrohändler. So etwas erlebt man wirklich nicht alle Tage!
Seit Ende des letzten Jahrtausends spiele ich nun regelmäßig dieses Spiel. Doch erst vor wenigen Wochen bekam ich eine Hiobsbotschaft: es gab Nachfolger! Und ich rede nicht von diesen dümmlichen DQM:Joker-Teilen auf dem DS (die kamen für mich nie an DQM heran), sondern einen direkten Nachfolger im Jahr 2001: Dragon Warrior Monsters 2 – Cobi’s Journey (oder Tara’s Adventure – im Grunde dasselbe Spiel, mit anderen Akteuren).
Zuerst war ich natürlich verwirrt, das meine persönliche, heilige Spielekuh (nichts kam je an DQM heran) durch ein “direktes” Sequel geschändet wurde. Wir konnte das nur 11 Jahre nicht in meinem Blickfeld landen? Nur weil es in Deutschland nie erschien? Bin wohl doch nicht so auf dem Laufenden, wie mir schien.
Ich habe mich nun durch zwanzig Stunden von Cobi’s Journey (ich nenne den Charakter allerdings im Spiel Dean, cooler als Cobi) gekämpft und geflucht… Doch fange ich mal am Anfang an.
Seit nun fast einem ganzen Tag steuere ich meinen Charakter durch GreatLog, welches den Kennern des Vorgängers besser bekannt sein sollte als Malta. Ja, das Malta, welches beim Sternturnier der größte Rivale von Taijyu war, für das ihr in der Gestalt von Terry (bei mir ebenfalls Dean) angetreten seid. Das Malta, in das eure Schwester Milaya entführt wurde vom schrecklichen Schutzgeist Warubo.
Tja, jetzt braucht Warubo meine, also eigentlich Cobis/Deans Hilfe. Malta ist in großer Gefahr, denn ein Loch hat sich in den untersten Stockwerken aufgetan und droht nun die Insel mitsamt des großen Baums in die Tiefe des Meeres zu ziehen. Ihr sollt nun also einen Propfen finden, um eure neue Heimat zu beschützen.
Dieser grobe Plot klingt blöd, ist es auch. Während man in DQM eine “heroische” Geschichte eines Jungen, der versucht seine Schwester zu finden, erlebt, kriegt man hier eine seltsame Stadtrettungsstory aufgetischt.
Und allgemein: die ersten zwei, Stunden hätte ich DWM2 am liebsten an die Wand geklatscht. Der Hauptplot doof, die Aufzucht der Monster noch quälend langsamer als bereits in DQM und dazu einige seltsame Neuerungen. So regenerieren sich die MP der Monster nicht auf der Reise durch die Tore, sondern erst im Inn, wo ihr 10 Goldstücke für eine Nacht hinterlegen müsst. Und Wiederbelebung gefallener Kameraden gibt es nur für noch mehr Schotter.
Sehr schlimm fand und finde ich noch immer, dass das System der Monsterzucht beibehalten, aber in einer elementaren Doofheit geändert wurde. Das System geht so: ihr habt ein männliches Monster und ein weibliches Monster, welche sich dann paaren, ein Ei legen und euch verlassen. In diesem Ei habt ihr dann ein neues Monster. Während in DQM euch der zuständige Meister das Ergebnis der Paarung sagt, euch dann fragt, ob ihr es durchziehen wollt und dann bei Bejahung abspeichert, müsst ihr enorm viel Glück oder genug Kenntnisse über das Spiel besitzen, um geplant vorgehen zu können. Denn in DWM 2 gebt ihr die beiden Monster an, der Meister sagt euch, was bei der Paarung entsteht und führt sie sofort aus! Er fragt euch nur, ob das Ei direkt ausgebrütet werden soll. Das ist einfach nur doof, weil dadurch der Ausprobierfaktor flöten geht. Ein Onewayticket, das man nur aushebeln kann, indem man vorher abspeichert und bei einer ungewollten Errungenschaft neu startet. Das hat mich wirklich angekotzt, denn normalerweise spiele ich ein Spiel beim ersten Male nie mit einer Art Lösungsratgeber. Doch ich will mir nicht ein gutes Monster verbauen, nur weil ich einen mickrigen Fehler bei der Wahl der Sexualpartner gemacht habe…bääh.
Doch zwanzig Spielstunden ohne Ende in Sicht sind euch schon ein Indikator für mein eigentliches Fazit über DWM2. Und hier kommt das Wort aus der Überschrift zum Tragen: Hassliebe.
Dragon Quest Monsters ist über ein Jahrzehnt mein absolutes Spielehighlight gewesen, doch der Nachfolger haut mir faustdick um die Ohren, was schwach am Vorgänger ist. Monster findet man in Toren, sozusagen anderen Dimensionen. Im Vorgänger waren diese zufallsgenerierte Karten, die sich mit der Zeit stets aufs Neue wiederholten. Abwechslung sah anders aus. Auch der Grundplot ist bestand aus festen Abschnitten: Tor erkunden, Bossmonster besiegen, Sternturnier-Runde gewinnen, neue Tore erkunden, neue Bossmonster besiegen, weitere Sternturnierrunde bestreiten….usw.
Dragon Warrior Monsters 2 geht einen anderen Weg. Die Tore hier sind individuell gestaltet und erzählen alle ihre eigene Geschichte. Und gerade weil sich hier innerhalb der Tore und Dungeons etwas getan hat, kommen auch mehr Spielvariablen hinzu. So bin ich kurz an einem Schalterrätsel in einer Gruft mit vier Särgen ausgeflippt. Aber positiv ausgeflippt. Ich liebe es, wenn mich ein Rätsel fordert und verarscht. So soll es sein. Nicht wie Senor Drake in Uncharted 2, deren Rätsels Lösung mit dem Presslufthammer angezeigt wird. Und auch die kleine Sache mit den MagiePunkten, die ich vorhin angeprangert habe, beweist sich letztlich als fordernder. Dies fällt vor allem dann auf, wenn man seinen Monstern ein Item anlegt, dass ihnen diese MP zurückbringt.
Ich hasse DWM2 und liebe es zugleich. Es offenbart mir durch seine letztlich bessere, liebevollere Machart, wie banal sein Vorgänger war. Damit zerstört es einen Abschnitt in meiner Gamerexistenz, der sich so richtig angefühlt hat. Es ist beinahe so, als würde mich dieser Stich selbst im Fleisch treffen, obwohl objektiv gesehen DWM2 eindeutig das bessere Spiel ist. Aber DQM war nunmal mein absoluter Favorit. Ich hasse Cobi/Dean dafür, dass er mir meine alte Liebe entrissen hat…