Doppelagent mit Schirmmütze

Von Politropolis @sattler59

Das Positive am Zustand der Hysterie sind die Eskalationsmöglichkeiten von Albträumen. Um sich eine Vorstellung davon machen zu können, wie so etwas funktioniert, verfolge man die gegenwärtige Berichterstattung über den Spionagefall innerhalb des Bundesnachrichtendienstes. Ein Mitarbeiter des letzteren soll sich für informatorische Dienste haben kaufen lassen von der amerikanischen CIA.

Ein absurder Agenten-Skandal – Foto: © Stachowiak / pixelio.de

Von der bisher vorliegenden Faktenlage handelt es sich um einen Mitarbeiter des Mittleren Dienstes. Bundesbehörden haben ein Faible für die Verbeamtung, die allerdings in den Margen des Mittleren Dienstes sehr frugale Einkünfte garantieren. Um es deutlich zu machen, Mittlerer Dienst, das sind Pförtner und Amtsboten, Hausmeister und Wartungskräfte. Der, wie in den Medien mittlerweile berichtet, „Doppelagent“ war Pförtner oder Amtsbote und hat höchst wahrscheinlich Zugriff auf die Gralsheiligtümer der Republik gehabt.

Geheime Dienste machen etwas, das aus Sicht der nationalen Sicherheit von Nutzen sein könnte. Da man seit Menschengedenken davon ausgehen kann, dass Reiche und Staaten immer wissen wollten, was die Konkurrenz macht, kann man davon ausgehen, dass diese Tätigkeit gegenwärtig und in Zukunft durch keinerlei politische Reform obsolet wird. Weder die französische, noch die russische und auch nicht die chinesische Revolution zogen die Auflösung der Geheimen Dienste nach sich, ganz im Gegenteil, der Kampf der Systeme befeuerte den Wettlauf um internes Wissen noch.

Schon seit langer Zeit unterliegt die bundesrepublikanische Öffentlichkeit einer Mystifikation, die beunruhigen sollte. Es wird davon ausgegangen, dass die USA die einzige Macht sind, die die Frechheit besitzen, innerhalb der Bundesrepublik zu spionieren. Genauso wie der BND auch in allen befreundeten Ländern unterwegs ist, sind es die CIA, genauso wie russische, englische, französische oder chinesische eben auch hier. Wen das aufregt, der möge an der Welt verzweifeln, aber wer das Ganze als ein Skandal zwischen den USA und der Bundesrepublik fokussiert, der betreibt ein unseriöses Geschäft, das nur gelingen kann, wenn man es auf der einen Seite mit genügend Naivität und auf der andren Seite mit einer moralischen Haltung zu tun hat, die gefährlicher ist als das Treiben der CIA. Wenn hiesige Politiker, die Mitglieder z.B. des Sicherheitsausschusses sind und die um das vielschichtige Treiben aller Geheimen Dienste wissen, den Boten mit der Aktenmappe zu einem Doppelagenten hochstilisieren und eine Krise zwischen den USA und Deutschland heraufbeschwören, dann stellt sich die Frage, ob sie ihres Verstandes verlustig gegangen sind oder, für sie besser, von wem sie bezahlt werden. Der „Skandal“ um den vermeintlichen Doppelagenten ist dermaßen absurd, dass der bundesrepublikanische Zustand der eigentliche Anlass zur Sorge sein muss.

Und wenn dann noch der hiesige Minister des Innern, der für das Treiben des BND verantwortlich zeichnet und der sehr gut weiß, was Mittlerer Dienst bedeutet, über das Bulletin seines Ministeriums verbreitet, es handele sich bei der Aktion der CIA um eine schwerwiegende Angelegenheit, die, sollte sie verifiziert werden, nur die Konsequenz haben könne, dass dann auch die deutschen Dienste begännen, die USA auszuspionieren, dann ist der Kintopp perfekt. Plattester Anti-Amerikanismus hier führt zu primitivsten Opportunismus dort. Der Zustand, in dem sich die Republik in dieser Szene gebärdet, ist furchterregend erbärmlich. Im Grunde genommen scheint der Laden so langsam reif zu sein für eine neue undemokratische Ordnung. Denn, wenn derartige ideologisch motivierte Manöver ohne ernsthafte Kritik großer Foren durchgehen und die öffentlich-rechtlichen Medien diese Kampagnen auch noch fahren, dann ist der Boden geebnet für eine neue Barbarei.

ein Zwischenruf von Gerhard Mersmann

 

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“Secret” – Foto: © Stachowiak / pixelio.de