Doof geht immer (8): Die Wahrheit über die EM-Schlappe

Es mit meinen Prognosen nicht mehr weit her. Ich glaubte zum Beispiel, dass es länger als 48 Stunden dauern würde, bis Angela Merkel ihrem Schwur „solange ich lebe“ das Gegenteil folgen lässt. Und ich dachte, das hunderte Kilometer entfernte Ballspiel fremder Menschen würde ab dem Zeitpunkt keine Rolle mehr spielen, ab dem ich nicht mehr dabei bin. Also ich als Bestandteil von „wir“. Dem ist scheinbar nicht so.

Bundestag und Bundesrat haben gerade ein hochgradig bedenkliches Gesetz beschlossen, mit dem wir uns dazu verpflichten, für alle Zeiten Boni an jene Banken auszuschütten, denen die Zinsen für Staatsanleihen irgendwo in Europa gerade zu niedrig sind.

Aber Deutschland diskutiert darüber, ob eine Fußballmannschaft gewinnen kann, deren Trainer Werbung für Hautpflegeprodukte macht.

In Baden-Württemberg ist gerade ein E-Mail-Wechsel zwischen dem ehemaligen Ministerpräsidenten und seinem Bänker-Freund aufgetaucht, der zeigt, dass die Verantwortungslosigkeit, mit der Steuergelder bei der Übernahme von EnBW-Anteilen verschwendet wurden, in der Tat grenzenlos ist, und dass in den Augen des Aufsichtsrates von „Morgan Stanley“ die Kanzlerin nur eine „Mutti“ ist, die ein Stefan Mappus mit „seinen Truppen killen kann“.

Aber Deutschland diskutiert darüber, ob meine – anteilig an „unsere“ - Jungs laut genug die Nationalhymne gesungen haben.

Auf den Galapagos-Inseln ist gerade eine Riesenschildkröte mit Namen „George“ im Alter von 100 Jahren gestorben. Ich habe das erste Mal von George gelesen, als ich sieben Jahre alt war, nicht sehr kindgerecht aufgemacht von Konrad Lorenz, und schon damals war er der letzte seiner Art. Seitdem sind hunderte, eher tausende Tierarten ausgestorben, aber selbst dieser berühmte Fall hat weniger Aufsehen erregt als das Ableben eines gewissen Berliner Eisbären. Nun gehörte auch der zu einer Art, die gerade von der – natürlich nur einer Verschwörungstheorie entsprungenen – Klimakatastrophe an den Rand jeder roten Liste gedrängt wird.

Aber Deutschland diskutiert lieber darüber, ob einer ich mit einer Mannschaft gewinnen kann, in der niemand vorbestraft ist – wie man in diesem Rahmen erfährt, eine der Voraussetzungen, um ein „echter Mann“ zu sein.

Ich dachte ja, ich hätte alles an Doof gesehen, was mir diese Meisterschaft zu bieten hat, aber die Rekorde werden stündlich überflügelt und mein Entsetzen grenzenlos. Es ist also wohl an der Zeit, mein Geheimnis zu verraten.

Ich weiß, warum sie verloren haben. Ich weiß sogar, warum sie seit 1998 keinen Titel mehr geholt haben. Sind Sie bereit für die ganze Wahrheit?!

Ok.

Seit 1998 gibt es ein Gesetz: Immer, wenn ich das Spiel gucke, verlieren sie. Ich habe es 2010 sogar im Rahmen eines längeren Krankenaufenthaltes nicht mal sehen wollen, aber mein Nachbar hatte es laufen. Schon nur die Bilder anzusehen reichte aus: Wir flogen aus dem WM.

Und letzten Donnerstag war halt mein guter Wille erschöpft. Keine Zeitung ohne fette EM-Schlagzeilen, kein Auto ohne Fahnen, wieder einmal sah ich mich bis tief in die Nacht von trunkenen Gesängen und hupenden Autos wachgehalten.

Und dann habe ich es mir halt angeguckt. Ich habe sogar zu spät eingeschaltet, aber innerhalb von 20 Minuten lagen sie dann 0:2 zurück.

Sie können sich also die Diskussion sparen. Sparen können Sie außerdem für 2014. Pünktlich zum Viertelfinale werde ich dann hier unauffällig eine Kontonummer angeben. Wenn genug Spenden zusammenkommen, werde ich mich in ein fußballfreies Land absetzen und versprechen, es mir diesmal nicht anzusehen.

Was ein Tintenfisch kann, kann ich schon lange.

Jetzt also das Wetter.

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