Achherrje… Schon wieder kein Wasser?
Für Überraschungen gewappnet sein: Das gehört zur Überlebensstrategie im Belpaese, wie ihr schon in früheren Beiträgen lesen konntet. Man weiss nie, was einen erwartet, sobald man die eigenen vier Wände verlässt. Auch nicht, wenn man zuhause bleibt, denn auch hier kann es einen erwischen.
Das unerwartete Vorkommnis kann sich, sollte es nicht innerst Stundenfrist behoben werden, schnell einmal zu einem Ärgernis wandeln. Die Rede ist etwa vom Stromausfall, der, wenn nicht angekündigt, für unliebsame (sowie kalte und dunkle) Stunden sorgt. Oder der Wasserausfall, der einen ebenfalls in Notlage versetzt. Vor allem dann, wenn er mehr als eine Stunde andauert.
So geschehen vor zehn Tagen, als ich nichtsahnend den Wasserhahn öffnete, um die Hände zu waschen. Die Uhr zeigte 10.30 Uhr. Kein Stress, das Mittagessen koche ich erst in anderthalb Stunden, dachte ich lässig. Von wegen! Alle dreissig Minuten versuchte ich es erneut, aber vom erhofften Strahl keine Spur. Langsam begann ich zu zweifeln: Und wenn das Wasser nun doch nicht vor Mittag fliesst?
Auf Facebook veröffentlichte die Gemeinde die Meldung eines Wasserschadens an der Hauptleitung (na dann, prost!), konnte aber keine genauen Angabe zu dessen Behebung machen. Eine Viertelstunde später teilte der Social-Media-Service mit, das Wasser werde erst in den frühen Nachmittagsstunden fliessen. Und jetzt??
Ich erwartete Freundinnen zum Zmittag und wollte sie mit einem ayurvedischen Gemüsegericht überraschen. Gemüse waschen ohne Wasser? Keine Chance! Also suchte ich das ganze Haus nach einem Rest des wertvollen Guts ab (falls ihr euch nun fragt: Wir haben normalerweise keine Mineralwasserflaschen im Haus, sondern einen Wasserfilter direkt am Hahn installiert). Um Pasta zu kochen mit dem Rest Ragù vom Vortag sollte es reichen. Zmittag gerettet! Ich informierte meine Freundinnen und bat sie, einige Flaschen Wasser mitzubringen, damit ich zu allem Übel nicht auch noch den Supermarkt aufsuchen musste, hat mich doch dieser Zwischenfall ziemlich aus dem Konzept gebracht. Doch Ende gut, alles gut: Kaum waren die Teller leergegessen, floss auch das Wasser wieder.
Improvisationskunst ist das A und O, und eine grosse Portion an Geduld, Toleranz und Anpassungsfähigkeit gehört unbedingt mit ins Gepäck, sollte man nach Bella Italia übersiedeln. Damit ist nicht gesagt, dass diese Zwischenfälle nicht auch andernorts passieren. In Italien sind sie vielleicht einfach an der Tagesordnung. So fährt man nichtsahnend durch die Gegend, und stösst plötzlich auf geschlossene Strassen. Oder auf Geschäfte, die scheinbar über Nacht Konkurs gegangen sind. Anekdoten dieser Art gibt es zuhauf. Eine besondere Herausforderung stellen die Streiks dar: Da meine älteste Tochter auf die öffentlichen Verkehrsmittel, sprich Bus, angewiesen ist, gelangt sie ohne Elterntaxi kaum zur Schule, wenn Streik angesagt ist. Aber nicht nur: Die Eltern müssen sich vergewissern, dass das Lehrpersonal anwesend ist. Denn dieses ist nicht verpflichtet, eine allfällige Streik-Teilnahme zu melden. Also: Sich in Geduld und Toleranz üben! Deshalb lautet mein positiv gefärbtes Lieblingsfazit an die Landsleute: „Dieses Land hört nie auf, mich zu überraschen!“
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Sarah Coppola-Weber ist gebürtige Ostschweizerin mit italienischem Pass. Sie lebt mit einem neapolitanischen Ehemann, zwei Töchtern (16 und 13) und einem Sohn (9) seit 17 Jahren in der Nähe von La Spezia. Für “Die Angelones” schreibt die ausgebildete Doula über Familien -, Gesundheits- und Ernährungsthemen sowie Themen, die Eltern den Alltag mit ihren Sprösslingen erleichtern und lässt dabei die LeserInnen am facettenreichen italienischen Alltag teilhaben, wo der Ausnahmezustand oft an der Tagesordnung und von „dolce far niente“ keine Spur ist!
Mehr über Sarah und ihre Familie erfahrt ihr in im spannenden Interview, das wir mit ihr führen durften!
Seid gespannt auf Sarahs nächsten Beitrag, wenn sie uns vom Jahr berichten wird, das noch so neu und frisch riecht, ganz so wie kalter Kaffee…!
Sarahs bisher erschienenen Beiträge könnt ihr hier nachlesen:
Aus dem Leben einer Doula:
- Die Geburt: Ein maschineller Prozess oder ein magischer Vorgang
- In Erwartung
- 10 gute Gründe, um eine Doula zu engagieren
- D wie Doula
Elterntipps:
- Pubertät ist, wenn die Welt Kopf steht
- Geteiltes Leid…
- Das Glück auf die Haut tätowiert
- Ferien auf Balkonien: Von wegen Langeweile
Dolce Vita:
- Kleine Geschenke erhalten die Kundschaft
- Kalter Kaffee und Schnee von gestern
- Von elterlichen Hausaufgaben
- Im Wunder – äh, Gardaland
- Auf sonntäglicher Shoppintour
- Strandleben mit Kids im blauen Paradies
- Familientrip nach Rom
- Schule aus: Dolce Vita für Italiens Sprösslinge
- Ob “Happy Hour” oder “Apericena” – Kinder unerwünscht!
- Tanti auguri: Kindergeburtstag all’italiana
- Besser als sein Ruf: Das italienische Gesundheitssystem
- Vom Schlangenstehen in der Schneckenpost
- Von wegen Januarloch – In Italien heisst es “Ausverkauf”!
- Festtage all’ italiana: Es geht nichts über Gaumenfreuden
- Alles eine Frage der Verantwortung
- Italien: Sport und andere Aktivitäten im Leben der bambini
- Nach drei Monaten Schulferien: Endlich heisst es Back to School in Italien