Das Kolosseum, für einmal menschenleer!
Zugegeben, es ist kein einfaches Unterfangen, mit drei Kindern eine Städtereise zu unternehmen. Doch je grösser unsere Sprösslinge werden, desto mutiger werden auch wir Eltern mit neuen Unternehmungen. Die Tatsache, dass unsere 15-jährige Erstgeborene die Hauptstadt ihrer Heimat noch immer nur vom Hörensagen kannte, gab den Ausschlag für einen Städtetrip nach Rom.
So sind wir an Karfreitag (in Italien ist das kein Feiertag!) frühmorgens in Ligurien gestartet, nicht ohne uns mit der zuvorkommenden Vermieterin über die Ankunftszeit („ihr könnt eintrudeln, wann ihr wollt, die Wohnung wartet auf euch!“) sowie über Parkplatzmöglichkeiten („kein Problem, ich halte euch einen Platz frei“) vereinbart zu haben. Zur Mittagszeit angekommen, brachten wir das Gepäck in die Wohnung und setzten uns fürs Mittagessen in ein von der Vermieterin empfohlenes Lokal. Unsere Entdeckungslust liess uns dann zu Fuss in Richtung Kolosseum spazieren (es hiess, es sei in 20 Minuten zu erreichen) und wir stellten überrascht fest, dass der Grundsatz, Rom sei am besten zu Fuss zu entdecken, auch wirklich stimmt. Schon nach einer Viertelstunde gelangten wir zu einer der vier grossen Kathedralen Roms, San Giovanni in Laterano …
San Giovanni in Laterano, eine der vier Hauptkathedralen Roms
… und kurz darauf führte uns eine Nebenstrasse zum Kolosseum, das wir schon von Weitem sahen. Dieses war noch nie so menschenleer wie an jenem Nachmittag – da der Papst am selben Abend den Kreuzweg zelebrierte, war es abgeschirmt und man musste einen weiten Umweg nehmen, um ins Zentrum zu gelangen. So kamen wir etappenweise zum Palazzo Chigi und dann runter zum Trevi-Brunnen, eine spezielle Attraktion und fortan Lieblingsmonument unseres Jüngsten.
Ein Must: Glücksmünze in den Trevi-Brunnen werfen
Von da aus schlenderten wir über die berühmte Einkaufsstrasse „Via Condotti“ in Richtung Spanische Treppe …
Abendstimmung auf der spanischen Treppe
… begleitet von Geigenspielern und Strassenkünstlern, die in wenigen Minuten fantastische Spray-Bilder entstehen liessen. Rechtzeitig zum Sonnenuntergang liessen wir auf der Spanischen Treppe Beine (und Seele) baumeln und lösten dann ein Ticket für die Metrofahrt nach Hause – eine Attraktion für unsere Sprösslinge, die noch nie Metro gefahren sind.
Tags darauf fuhren wir schnurstracks zum Vatikan, weil unser insgeheimer Plan war, dort die Ostermesse mitzuerleben. Also dachten wir, dass es vielleicht am besten sei, wir sähen uns den Petersplatz im Vorfeld mal an. Dieser war natürlich äusserst gut besucht, und die Schlange zur Basilika reichte über den ganzen Platz. Diese schloss aufgrund der Vorbereitungen bereits um 13.00 Uhr und plötzlich war die Schlange weg und wir gelangten gerade noch mit den letzten Gruppen in die Basilika. Nach ausführlichem Rundgang und Schnappschuss mit der Schweizer Garde …
Ein Bild mit der Schweizergarde darf natürlich als
Souvenir nicht fehlen!
… stärkten sich die Sprösslinge bei McDonalds und dann spazierten wir durch die Altstadt über die Piazza Navona bis zurück zur Spanischen Treppe. Am Ostersonntag galt es ernst – der Wecker läutete kurz vor sieben, und kurz nach acht bestiegen wir die Metro zum Vatikan. Nach einer ersten Taschenkontrolle und dem Schlangestehen vor den Metalldetektoren schafften wir es nach einer Dreiviertelstunde, auf den Petersplatz zu gelangen und uns dort so gut es ging einzurichten. Das Erlebnis, mit dem Papst die Ostermesse zu feiern, war ergreifend.
Der Papst erteilt den Ostersegen „Urbi et Orbi“
Rund 600‘000 Personen befanden sich an jenem Morgen auf dem Petersplatz. Nach der Messe und dem obligaten „Urbi et Orbi“ Segen um 12.00 Uhr fanden wir Platz in einem kleinen Lokal unweit des Peterplatzes und fuhren anschliessend mit der Metro zum Filmcenter Cinecittà …
Filmtruppen aus der ganzen Welt drehen in Cinecittà
… wo wir mit Führung drei Outdoor-Filmsets besichtigendurften und danach in einem Museum die Geschichte des nach Hollywood weltweit zweitgrössten Filmcenters der Welt nachvollziehen konnten. Am Abend wollten wir unbedingt nochmals in die Innenstadt reisen, um „Rom by night“ zu bewundern, eine fast magische Erfahrung.
Am dritten und letzten Tag fuhren wir nur noch bis zum Kolosseum und den Ausgrabungen, um noch einen letzten Blick auf diese mächtigen Monumente zu erhaschen und zu verstehen, warum von Rom immer als „ewiger Stadt“ gesprochen wird: Wenn man bedenkt, dass diese Monumente schon Jahrhunderte vor uns da waren und uns noch weniger Jahrhunderte, wenn nicht Jahrtausende überleben werden, bleibt einem vor Demut fast der Atem weg…
Gehören zum Stadtbild dazu: Strassenkünstler
Abschliessend versuche ich in vier Punkten zusammenzufassen, was eine (Städte-)Reise mit Grossfamilie meiner Ansicht nach einfacher gestaltet:
- Erwartungen hinunterschrauben: Wer sämtliche Sehenswürdigkeiten und Museen mit Kindern im Schlepptau in wenigen Tagen besuchen will, der ist leider weit von der Realität entfernt. Weniger ist mehr lautet die Devise! Dafür ist man dann ganz stolz über jedes Monument, das man auf der Wunschliste abhaken kann.
- Die Gewohnheiten für einmal über Bord werfen: Zweimal Pizza essen hintereinander ist im Alltag Tabu? Zweimal Glace schlecken erst recht nicht? Und täglich Pommes geht schon gar nicht? Man soll sich stets vor Augen führen, dass Ferien Ausnahmezustand bedeuten. Vor allem Städtetrips können recht anstrengend sein und oft wird nicht nach Zeitplan gegessen, sondern die Snackbars und Restaurants haben tagsüber durchgehend offen und so entscheidet der Hunger, wann eine Picknick-Pause angesagt ist. Sonst macht man sich nur unnötig das Leben schwer.
- Grosszügige Unterkünfte wählen: Mit vielen Kindern ist es am einfachsten, sich eine Ferienwohnung zu buchen. Erstens, weil dann viel mehr Platz als in einem Hotelzimmer zur Verfügung steht, zweitens weil es viel günstiger ist und drittens, weil man zur Not auch selber kochen kann. Wir haben mit Air BnB eine tolle zentrale Wohnung mit einer ganz netten Vermieterin gefunden, mit 70 Euro pro Nacht ein richtiges Schnäppchen – und das über die Ostertage!
- Zu beachten: Genug Geld budgetieren, denn auch wenn eine Fahrt mit der Metro nur 2 Euro kostet, muss das mit mehreren Familienmitgliern stets multipliziert werden… Tipp: Im Vorfeld abklären, welche Sehenswürdigkeiten gratis zu besichtigen sind.
Familien-Selfie vor dem Kolosseum
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Mehr über Sarah und ihre Familie erfährt ihr in im spannenden Interview, das wir mit ihr führen durften!
Seid gespannt auf Sarahs nächsten Beitrag, in welchem sie uns über das italienische Strandleben während der laaangen Sommerferien erzählen wird!
Sarahs bisher erschienenen Beiträge könnt ihr hier nachlesen:
- Schule aus: Dolce Vita für Italiens Sprösslinge
- Ob “Happy Hour” oder “Apericena” – Kinder unerwünscht!
- Tanti auguri: Kindergeburtstag all’italiana
- Besser als sein Ruf: Das italienische Gesundheitssystem
- Vom Schlangenstehen in der Schneckenpost
- Von wegen Januarloch – In Italien heisst es “Ausverkauf”!
- Festtage all’ italiana: Es geht nichts über Gaumenfreuden
- Alles eine Frage der Verantwortung
- Italien: Sport und andere Aktivitäten im Leben der bambini
- Nach drei Monaten Schulferien: Endlich heisst es Back to School in Italien