Dolce Vita: Aller Anfang ist schwer

Von Die Angelones @DieAngelones

Das ominöse Absenzbüchlein

Harziger Schulstart in Italien

Aller Anfang ist schwer – vor allem, wenn es um den Schulstart in Italien geht. Der September fühlt sich hier wie Januar an, wenn fröhlich Vorsätze gefasst und eifrig Pläne geschmiedet werden. Jedes Mal ist es ein Neuanfang. Im wahrsten Sinne des Wortes. So, wie wenn die lange Sommerpause alles annullieren würde, was bis zum Juni noch funktioniert hat.

Provisoriche Stundenpläne

Unglaublich, nicht? Und doch mache ich nun schon seit vielen Jahren dieselbe Erfahrung. Es dauert Wochen, bis sich die Schul-Maschine wieder in Bewegung gesetzt hat und der Alltag reibungslos verläuft. Dafür gibt es verschiedene Gründe: Einer der wichtigsten ist, dass am ersten Schultag noch gar nichts definitiv ist, mal angefangen vom Stundenplan. Die ersten beiden Wochen herrschen provisorische Schulzeiten, was eine extreme Flexibilität im Kopf abverlangt, so wie wenn sämtliche Hirnzellen ständig einen Spagat machen müssten. Bei mir mit drei Kindern in drei verschiedenen Schulen und auf drei verschiedenen Stufen – Primar-, Sekundarschule und Gymnasium – lautet das Resultat „hoch drei“.

Unbesetzte Lehrstühle

Ebenso sind gewisse Lehrstühle noch nicht besetzt, warum diese erst NACH Schulstart vergeben werden, weiss kein Mensch, es ist dem – überaus komplexen – System zu verdanken, das zu allen Übel auch noch jedes Jahr ändert, je nachdem, wer im Ministerium in Rom wieder den Takt angibt. Dies sorgt für Chaos und macht jeglichen Versuchen, Kontinuität in den Schulalltag zu bringen, einen dicken Strich durch die Rechnung.

Elterliche Pflichten

Und dann die – elterlichen Hausaufgaben: Die Kunstlehrerin hat eine ellenlange Liste an Material zusammengestellt, das unbedingt schon in der ersten Gestaltungslektion vorhanden sein muss. Hab ich natürlich in der Hitze des Gefechtes, zwischen Pritt-Leimstiften, Farb – und Filzstiften sowie Heften mit Häuschen – oder Liniengestaltung, die notgedrungen besorgt werden mussten, natürlich glatt vergessen. Dann die Sitzungen, etwa für die zusätzlichen Musikstunden der „musikalischen Richtung“ in der Sekundarschule, inklusive Verteilung der Klavierlektionen mit weniger Stunden, als der Fachlehrer Schüler zu unterrichten hat. Das Sahnehäubchen auf der Torte: Das Absenzenbüchlein meiner ältesten Tochter (3. Jahr Sprachengymnasium), das an einem vorgeschriebenen Tag zwischen 8.00 und 17.30 Uhr persönlich im Schulsekretariat abgeholt werden musste. Bei über tausend Schülern, die dort täglich ein und ausgehen, könnt ihr euch ausmalen, wie lange die Schlange vor dem Sekretariat wohl war. Wozu legt man den armen Eltern, die mit Job, Haushalt und Kindern ein schon so enorm grosses Pensum abzuarbeiten haben, noch zusätzlich Steine in den Weg?

Wie sollen Eltern da noch arbeiten?

Mit diesen vielen schulischen Verpflichtungen ist es nämlich glatt unmöglich, Vollzeit arbeiten zu gehen. Denn ihr erinnert euch: Anfang Oktober tritt der definitive Stundenplan in Kraft, doch schon bald stehen die Sprechstunden mit den Fachlehrern an. Dann kommen die Weihnachtsferien, gegen den Frühling muss wieder bei den Fachlehrern angetrabt werden und bereits Anfang Mai geht es auf den Schulschluss zu. Und da sollte es möglich sein, von morgens bis abends ausserhäuslich einer Arbeit nachzugehen? Höchstens, wenn man eine Kopie seiner selbst anfertigt und peinlichst genau programmiert. Könnte ich ja mal versuchen, dann würde ich nämlich auch ein Schlangensteh-Gen einpflanzen.

Könnt ihr euch so etwas in der Schweiz vorstellen? Wie sah euer Schulanfang nach den Sommerferien aus? Was stresst euch am meisten?

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Sarah Coppola-Weber ist gebürtige Ostschweizerin mit italienischem Pass. Sie lebt mit einem neapolitanischen Ehemann, zwei Töchtern (16 und 13) und einem Sohn (9) seit 17 Jahren in der Nähe von La Spezia. Für “Die Angelones” schreibt die ausgebildete Doula über Familien -, Gesundheits- und Ernährungsthemen sowie Themen, die Eltern den Alltag mit ihren Sprösslingen erleichtern und lässt dabei die LeserInnen am facettenreichen italienischen Alltag teilhaben, wo der Ausnahmezustand oft an der Tagesordnung und von „dolce far niente“ keine Spur ist!

Mehr über Sarah und ihre Familie erfahrt ihr in im spannenden Interview, das wir mit ihr führen durften!

Sarahs bisher erschienenen Beiträge könnt ihr hier nachlesen:

Aus dem Leben einer Doula:

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  • 10 gute Gründe, um eine Doula zu engagieren
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