Truffaut konnte nicht ohne Hitchcock – und Hitchcock nicht ohne Truffaut. Sie entstiegen zwei künstlerisch gegensätzlichen Welten, trafen sich aber am gemeinsamen Berührungspunkt kreativer Arbeit, mit dem Publikum intim zu werden. Genau wie Hitchcock und Truffaut kommen aber auch Martin Scorsese und Peter Bogdanovich aus einer anderen, vielleicht lustvolleren Generation an heißblütigen Filmemachern, die ihre Zuschauer einfallsreich erziehen wollten. Dies schlägt sich in "Hitchcock/Truffaut" nieder – sich eloquent mit Scorsese und Bogdanovich zu erinnern, Filmgeschichte romantisch anzuhauchen und ihr manchmal gar ansteckend nachzutrauern, ist etwas anderes, als ihr lediglich mit den einfallsarmen, papiernen Worten David Finchers und Wes Andersons zu huldigen, unserer Generation. Getreu des Titels "Hitchcock/Truffaut" springt Kent Jones' reflexiv-gewissenhafte sowie liebreizend-charmante Dokumentation – die visuelle Präsentationsform mäandert zwischen den Splittern von "Psycho" und den Farben von "Vertigo" – über die legendäre Interviewstrecke und die noch legendärere Filmbibel François Truffauts, um die (Kino-)Architektur Hitchcocks analytisch zu umreißen. Gerät Jones' Anliegen partiell aus der Spur des Hauptschwerpunktes (im Grunde ist für Truffaut schlicht überhaupt kein zusammenhängender Erzählplatz), so dürften sich all' jene im Recht fühlen, die in Hitchcock mehr als einen begnadeten Spannungshandwerker sehen, ein "Auge des Jahrhunderts", das immer besser wusste, wie transzendente Bildermächte wirken, wenn eine Leinwand damit bemalt, ja stranguliert wird.
6 | 10