Doku-Tipp: Angst vorm Kinderkriegen

Von Nele Hillebrandt

Im heutigen Doku-Tipp möchte ich euch eine Folge des Klub Konkret ans Herz legen, die fragt, ob es den perfekten Zeitpunkt zum Kinderkriegen gibt. Vorgestellt wird eine Frau, die verhältnismäßig jung Mutter geworden ist, außerdem gibt es ein Experiment, bei dem es gilt herauszufinden, wie kinderfreundlich Deutschland ist.

Der perfekte Zeitpunkt für ein Kind
In Gesprächen mit Freundinnen stelle ich selber fest, dass, wenn die Sprache auf Kinder fällt, oft auf Ziele verwiesen wird, die zuvor erreicht werden sollten. „Bevor ich ein Kind bekomme, möchte ich mein Studium abgeschlossen haben, einen guten Job finden, ein paar Jahre das Leben mit meinem Partner genossen haben. Am besten habe ich dann auch schon ein Haus und bin finanziell abgesichert.“ Ich habe selber so gedacht und als ich mich endlich (einigermaßen) bereit für ein Kind fühlt… wurde ich zunächst nicht schwanger. Diese Zeit war für mich ganz fürchterlich und hat dazu geführt, dass ich über Vieles intensiv nachgedacht habe. Und dabei habe ich für mich festgestellt, dass ich es schlimmer fände gar keine Kinder zu bekommen, als ein Kind zum falschen Zeitpunkt.

Wir nehmen heutzutage an, dass wir den Zeitpunk, an dem wir eine Familie gründen beliebig festlegen können, doch diese Annahme stimmt nur zum Teil. Klar, wir können bestimmt, dass wir nicht schwanger werden wollen. Die Pille gibt uns diese Möglichkeit, diese Freiheit, für die ich sehr dankbar bin. Dass wir nach dem Absetzen dieser aber schwanger werde, darauf gibt es keine Garantie. Und je weiter wir diesen Zeitpunkt nach hinten verschieben umso größer wird die Wahrscheinlichkeit, dass es eventuell nicht klappt. Steigende Zahlen für künstliche Befruchtungen und andere Kinderwunschbehandlungen zeigen, dass immer mehr Frauen zu lange warten und dann nicht mehr ohne Hilfe schwanger werden.

Wann ist also der richtige Zeitpunkt? Ich denke, dass es weniger auf äußere, als auf innere Gegebenheiten ankommen sollte. Klar, während der Schule ein Kind zu bekommen, ist wahrscheinlich eher ungünstig, je älter man wird, desto mehr sollte man sich aber fragen, ob das Ziel, das man erreichen möchte tatsächlich notwendig ist. Viel wichtiger als dieser äußere Rahmen ist meiner Meinung nach das innere Bereit-Sein. Wer sich bereit für ein Kind fühlt und von diesem Gedanken nicht mehr los kommt, der sollte Überlegungen wie „ich warte jetzt noch, bis wir unser Haus gekauft haben“ vielleicht überdenken und es einfach tun.

Unser Bild vom Kind
Eng verknüpft mit der Frage nach dem perfekten Zeitpunkt ist das Bild, dass wir von Kindern und von einer Familie haben. Erschreckend fand ich dabei den Satz von Eva: „Das [ein Kind]ist ein Riesen-Klotz, der einfach so in mein Leben fällt und alles andere kaputt macht.“ Wow. Ich frage mich da tatsächlich, woher solche Ansichten kommen? Werden die durch die Eltern vermittelt oder durch unsere Gesellschaft?

Ich vermute, dass dieser Satz widerspiegelt, was eine ganze Generation über Kinder denkt und warum man heute immer später Kinder bekommt. Stark damit verwoben ist wahrscheinlich der Umstand, dass junge Erwachsene sich immer später „erwachsen“ fühlen, immer weniger bereit sind Verantwortung zu übernehmen und die Phase der ungebundenen Party-Zeit immer mehr ausdehnen wollen. Wer schon keine Lust darauf hat sich fest an einen Partner zu binden (es gibt ja noch so viele potenziell besser passenden!), der hat erst recht keine Lust sich an ein Kind zu binden.

Auch die Frage, ob Kinder in unserer Gesellschaft eher als Störfaktoren wahrgenommen werden, spielt dabei wahrscheinlich eine große Rolle. Angeschnitten wurde dazu kurz das Thema, dass Anwohner einer Kita sich über den Lärm beschweren, wobei Vera sagte, dass das eher die Ausnahme sei. Ich habe dazu eine Statistik bei Statista gefunden, in der gefragt wurde, ob man Verständnis dafür habe, dass Anwohner sich über diesen Lärm beschweren. Dabei zeigt sich deutlich, dass der Großteil der Befragten, diese Frage verneint (50,6%). Trotzdem gibt es auch einige Leute, die diese Beschwerde verstehen oder zumindest etwas Verständnis haben (23,7%):


Mehr Statistiken findest du bei Statista

Ich muss gestehen, dass ich selber manchmal von Kindern genervt bin (vor allem in „Räumen“, die ich nicht verlassen kann, sprich Flugzeugen, der Bahn, o.Ä.). Ich merke aber selber, dass dieser Gedanke fatal und total falsch ist. Trotzdem bleibt die Frage, warum wir uns so fühlen und weshalb Kinder so oft als Störfaktoren wahrgenommen werden, wenn das in anderen Ländern anscheinend anders ist.

Fazit
Die Doku bietet einige gute Anregungen, über die es sich nachzudenken lohnt. In der Diskussion am Ende wird deutlich, dass die Tendenz eher später Kinder zu kriegen in vielen Köpfen verankert ist. Auch die Einstellung, dass das „ungezwungene, freie Leben“ vorbei ist, wenn erstmal Kinder da sind, ist den meisten deutlich anzumerken. Für mich stellt sich die Frage, ob dies wirklich so ist, oder ob das nicht auch daran liegt, was wir selber erwarten, wenn wir ein Kind bekommen. Wer sagt denn eigentlich, dass man mit einem Kind nicht auch spontan in den Urlaub fahren / fliegen kann? Und wer sagt, dass man tatsächlich sein bisheriges Privatleben aufgeben muss?

Klar, man muss Abstriche machen, vor allem wenn die Kinder noch klein sind und eventuell gestillt werden. Aber vielleicht gibt es in mancherlei Hinsicht auch Kompromisse, die wir einfach nicht in Erwägung ziehen, weil sie nicht unserem Bild einer Familie entsprechen oder wir niemanden kennen der uns diese Alternativen vorlebt.