Doku Deutschland: Landschaftskameramann bei 3sat

Stehen Sie doch mal da, in Ellmau-Going am Wilden Kaiser, bei 3 Grad und 100 Prozent Luftfeuchtigkeit! Morgens um sieben! Kein Mensch ist da weit und breit, nur Sie und die Natur. Da kommt es schon darauf an, dass Sie ihren Job aus eigenem Antrieb gut machen. Wir wissen alle, dass keine Sau zuschaut, wenn wir diese langen, ruhigen Kamerafahrten über die Gipfel machen. Außer uns sind zu dieser frühen Stunde meist nur die Musikanten munter, die die Aufnahmen mit ihren Songs begleiten. Kennen Sie doch, tufftätterä, tuffterterää. Ich kann das alles singen.
Aber als Kollegen sind die nett. Die verstehen auch unsere Zwänge, unsere Begrenzungen. Ich bin doch seinerzeit Kameramann geworden, weil ich nach Hollywood wollte. Wollen wir ja alle. Das war aber noch in der DDR, da konnte man wählen zwischen Defa und DDR-Fernsehen. Und Kombinatsfilmstelle, da gab es mehr Geld.
Ich bin jedenfalls beim Fernsehen gelandet, Thüringer Regionalwelle. Ein ganz schön guter Job für die Verhältnisse. Man kam rum und kannte alle, die was besorgen konnten. Verdienst war auch nicht schlecht, Arbeitszeit ging so. Was wollte man mehr. Wir kannten es doch nicht anders.
Über die erste Zeit, wo dann alles aufgelöst und umstrukturiert wurde, bin ich als fester Freier gekommen. So hieß das, wenn sie einen nicht mehr bezahlen wollen, aber gern noch hätten, dass man voll arbeitet. War kein Problem, denn die Honorare, ja, was soll ich sagen. Das war schon in Ordnung. Nebenbei kannte man ja immer noch diesen und jenen und da fiel immer mal ein Imagefilm ab.
Nur zufrieden war man nicht, wenn ich jetzt mal von mir rede. das war doch nicht das, weswegen man als Kind beschlossen hatte, diesen Beruf zu wählen! Ich war für zwei Jahre in Amerika, aber ich kann Ihnen sagen, das ist auch kein Zuckerlecken da. Wenn Du keinen kennst und kein Englisch sprichst, da gucken die dich nicht mit dem sprichwörtlichen Arsch an, unter uns gesagt.
Bin ich also zurück. Das Haus in Leinefelde hatte ich ja noch, das habe ich auch über die Scheidung gerettet, weil meine Frau, also meine ex, einfach wegwollte aus dem kleinen Nest. Sie fand das beengend.Wenn Du dagegen aus Hollywood kommst wie ich, dann findest du das auch schon gut, ein bisschen, also wenigstens.
Das mit 3Sat war dann so eine Anfrage, die kam weiß ich gar nicht mehr, ein ehemaliger Kollege? Glaube ich. Einer,d er da Karriere gemacht hat, die gab es ja auch. Berge filmen. Nun gut, das ist nie mein Lebenstraum gewesen. es ist auch, aber das wusste ich damals natürlich noch nicht, recht anstrengend. Wir stehen ja da mit unseren 25 Kilogramm Kamera samt Akupack und Anorak in der Kälte, und manchmal ist es wirklich sehr kalt. Ja, und dann filmen wir live, wie die Kollegen, die die Champions League machen - draufhalten und schon ist es auf dem Sender.
Ich weiß, es guckt keiner zu, das würdigt auch niemand, wenn man mal so eine richtig klassische Sequenz gezogen hat. Gegen die Sonne, Blende langsam weg, Schärfe rum, Berg runter, durch den Neben auf die kahle Schanze. Sind allenfalls Kollegen, die dann mal kommen und die Schulter klopfen. Wir wechseln uns ja auch ab, damit es nicht gar so langweilig wird. einen Tag macht man die Lienzer Dolomiten oder Heiligenblut am Großglockner, dann Maria Alm oder den Wilden Kaiser. Ich bin überall gern, denn immerhin kann ich in dem Beruf arbeiten, den ich mal gelernt habe. Wie sich das genau nennt, was ich mache, weiß ich allerdings auch nicht. Wir laufen bei 3Sat schon seit Jahren unter "Webcam". Ist ein Witz, ehrlich. wenn Sie sich unsere Arbeit anschauen, wirklich mal konzentriert anschauen: Eine Maschine könnte das gar nicht.
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