Der britische Autor Rupert Sheldrake studierte in Cambridge Biologie und Biochemie, später an der Harvard University Philosophie. In seinem Buch Der Wissenschaftswahn schreibt er:
Als dogmatisch bezeichnet man gemeinhin eine Ausrichtung, die von „glauben“ getragen wird, nicht von „wissen“. … Wissenschaft und Glauben in einem Satz genannt – wie kann das sein?
Wissenschaft und „Glauben“
Das Fundament der heutigen Wissenschaft bildet der Glaube, dass es nur geben kann, was man nachweisen und erklären kann. Etwas anderes als ein Glaube kann das aber doch wohl nicht sein. Denn wie soll man „wissen“, ob es etwas gibt oder eben nicht, wenn man nichts nachweisen und/oder erklären kann?
In den letzten Jahrhunderten ist die Schere zwischen Religion und Wissenschaft immer weitere auseinander gedriftet. Wer an etwas ungreifbares, nicht Nachweisbares wie einen Gott glaubt, kann als Beispiel andererseits schlecht behaupten, Homöopathie wäre wirkungslos, weil die Wirkung nicht nachweisbar ist. Allerdings ist das nicht überall so. In Ländern, in denen traditionelles Wissen um alternative Heilmethoden noch wichtiger Bestandteil ihrer Kultur ist, ist auch die Wissenschaft oft weniger „engstirnig“.
Heilkunde als Teufelswerk
Im Mittelalter wurden in Europa tausende Frauen, die als Hebammen arbeiteten oder sich mit Heilpflanzen auskannten, als Hexen „entlarvt“ und hingerichtet. Dabei war die Pflanzenheilkunde zu dieser Zeit quasi unverzichtbar für die meisten Menschen. Eine Krankenversicherung gab es da noch nicht und Ärzte gab es nur für die Reichen.
Wissenschaft und Religion waren auch noch eng verbunden, alles „Unerklärliche“ wurde als eine Art Geist Gottes angesehen (oder eben Teufelswerk). Doch die Wissenschaft wurde mit der Zeit immer „materialistischer“ und so ging eine Kluft auf zwischen Religion und Wissenschaft.
Naturheilkunde für Wissenschaft
Die Natur hat der Wissenschaft vielfach den Weg gewiesen. Der Ursprung der heutigen Medikamente liegt zu einem Großteil in der Pflanzenheilkunde, die noch heute einen festen Platz in der Naturheilkunde hat. Chemiker isolierten Wirkstoffe aus Pflanzen, die schon lange als „Arzneien“ verwendet wurden, analysierten sie und modifizierten sie chemisch.
Antibiotika, die als revolutionäre Entdeckung gelten, stammen ebenfalls aus der Natur. Zu verdanken haben wir sie einem Zufallsfund des schottischen Mediziner und Bakteriologen Alexander Fleming, der entdeckte, dass Schimmelpilze Bakterien abtöten.
Impfungen basieren ebenfalls auf einer Art „natürlicher“ Immunisierung, der Beobachtung, dass bei einer durchgestanden Krankheit eine Immunität erzeugt werden kann. Gegen Pocken wurde schon vereinzelt seit mindestens 600 Jahren geimpft, indem man Menschen den Inhalt von Pockenblasen verabreichte, der von Patienten mit milderem Verlauf der Krankheit stammte. Der Begriff Vakzination leitet sich vom lateinischen Wort für Kuh ab und geht zurück auf „Impfungen“ gegen Pocken mit Flüssigkeit aus den Pockenbläschen mit Kuhpocken (Zoonose) infizierter Menschen.
Die Natur war das Vorbild und die Wissenschaft hat durch die Nachahmung vielfach tolle Arbeit geleistet. Der Standard der heutigen medizinischen Versorgung ist durchaus eine große Errungenschaft, die wir der Wissenschaft zu verdanken haben. Aber – kann es sein, dass der Bogen mittlerweile überspannt wird?
Es darf nicht sein was nicht sein kann…
Ist ein Grundsatz, der scheinbar zunehmend von der Wissenschaft verfolgt wird. Seit Jahren kann man eine Art Kampf beobachten, der von der Wissenschaft geführt wird gegen alles, was sich wissenschaftlichen Definitionen nicht unterwirft. Es herrscht zunehmend ein totalitärer Anspruch auf die alleinige Wahrheit von Seiten der Wissenschaft.
Dabei scheint es oft so, als wäre jedes Mittel recht, um diesen Anspruch durchzusetzen. Was nicht passt, wird auch mal passend gemacht. Eine gängige Methode dazu ist das „Wegerklären“. Hier werden z. B. unerwünschte Heilmittel aus der Natur in ihrer Zusammensetzung aufgedröselt, um ihnen dann eine Unwirksamkeit zu bescheinigen. Was nach wissenschaftlicher Definition keine Wirkung haben kann, HAT keine Wirkung. Punkt. Widerspruch wird nicht geduldet! Und schon mal gar nicht von den minderbemittelten „Otto-Normal-Bürgern“, die sowieso keine Ahnung haben können.
Dr. Abdel-Aziz, die in Zusammenarbeit mit universitären Forschern die Wirkmechanismen der Phytotherapeutika erforscht, sagt: „Es sind sehr viele Inhaltsstoffe, die zur Wirkung beitragen und die wir noch nicht einmal alle identifiziert haben.“. Aha.
Immer mehr Menschen wehren sich gegen diesen totalitären Anspruch auf Wahrheit. Sie gehen eigene Wege, wenden sich an „Naturheilkundler“ die alternative Methoden praktizieren. Die Pharmaindustrie hat Einbrüche zu verzeichnen, wohl auch weil immer mehr Menschen der schulmedizinisch verordneten Medikation kritisch gegenüberstehen. 2015 behauptete der dänische Mediziner Peter Gøtzsche, der für Arzneimittelhersteller arbeitete: „Die Pharmaindustrie bringt mehr Menschen um als die Mafia.„.
Ist Wissenschaft käuflich?
Die Pharmaindustrie ist für die Entwicklung und Produktion von Arzneimitteln zuständig, die quasi wissenschaftlich „abgesegnet“ sind. Für diese „Absegnung“ werden die Wissenschaftler zu einem Großteil von der Pharmaindustrie bezahlt. Selbstverständlich erfolgt ihre „Absegnung“ trotzdem immer völlig neutral und unabhängig. … Wirklich?
2008 geriet das Pharmaunternehmen Merck in den Verdacht, Studien von Ghostwritern verfassen zu lassen und die Ergebnisse einiger Studien „selektiv“ dargestellt zu haben. Medizinische Sachverständige vertraten die Auffassung, dass dies ein schlechtes Licht auf die Integrität der Mediziner werfen würde und dass die derzeitige Zusammenarbeit zwischen Pharmaindustrie und Ärzten überdacht werden müsse.
Sogenanntes Ghostwriting ist in der Medienwelt ein weit verbreitetes Phänomen und auch bei medizinischen Beiträgen ist es nicht unüblich, dass fremde Autoren für Wissenschaftler schreiben. Alastair Matheson, ein freier Journalist und Berater in der Pharmaindustrie, forderte 2016 das International Committee of Medical Journal Editors auf, neue Richtlinien zur Kennzeichnung von Autorenschaften herauszugeben. Kommerzielle Schreiber seien häufig in Unternehmen angestellt, die finanziell von der Pharmaindustrie abhängig sind. Pharmakonzerne könnten daher auf die fremdgeschriebenen Artikel Einfluss nehmen, so Matheson.
Lobbyismus und andere unschöne Dinge werfen ein schlechtes Licht auf die Wissenschaft. Trotzdem stellt sich die Wissenschaft immer mehr als unfehlbarer dar. Dabei büßt sie das Vertrauen der Menschen ein und bemerkt diesen Fehler scheinbar nicht einmal.
Sind die noch zu retten?
Zunehmend scheint sich Wissenschaft als eine Art Tunnelblick darzustellen, durch den der ganzheitliche Blick auf den Menschen und seine Gesundheit verloren geht. In der Verfassung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) steht:
Diesen Anspruch kann man jedoch kaum mit der heutigen meist praktizierten Vorgehensweise, einfach nur das richtige Medikament zu verordnen und sich kaum mit dem Mensch oder auch Tier als Ganzes zu befassen, in Einklang bringen.
Ist das jetzt eine Art „Point of no return“? Müssen wir uns darauf einstellen, dass uns in Zukunft immer mehr von der Wissenschaft diktiert wird, was für uns gesund oder nicht gesund ist? Oder kann die Wissenschaft sich vielleicht doch noch einmal anders ausrichten und wieder mehr dem Mensch oder Tier als Ganzes zuwenden?
Placebo – why not?
Die Homöopathie gilt als „Meister des Placebo-Effekts“. Da die Wissenschaft die Wirkung homöopathischer Mittel nicht nachweisen kann, schreibt sie sie dem Placebo-Effekt zu. Mit anderen Worten, die Wissenschaft scheint dem „Geist“ durchaus zuzutrauen, dass er die Selbstheilungskräfte des Körpers in Gang setzt. Dieser Effekt ist sogar als Nocebo-Effekt bekannt, wenn Patienten über Nebenwirkungen klagen, die ein Medikament haben soll, obwohl sie ein Placebo erhalten haben. Sogar Morphium wirkt ohne Placebo-Effekt schwächer.
Warum also nicht mehr auf die Selbstheilungskräfte setzen, die keine Nebenwirkungen haben und kein Geld kosten (im Gegensatz zu immer teurer werdenden Medikamenten)? Warum nicht den Menschen zuhören, die sagen, sie wollen nicht immer mehr Medikamente schlucken?
Warum nicht viel mehr Ganzheitlichkeit sowohl in die Präventation als auch die Behandlung von Kranheiten bringen?
Wieso kann man nicht von allem das Beste nutzen, zum Wohle von Mensch und Tier? Wieso darf es nur das sein, was nachweißbar ist, selbst wenn etwas hilft, was nicht nachweisbar ist?
Wieso wird der „Glaube“ der ja scheinbar „Berge“ versetzen kann, nicht „für voll genommen“?
Eine der Antworten, die diskutiert, jedoch weitgehend abgestritten wird, ist die nicht vorhandene Unvoreingenommenheit dem Patienten gegenüber: Vielleicht weil Wissenschaft eben doch käuflich ist und man mit Prävention, Placebo, ganzheitlicher Therapie, unpatentierten Kräutern, Nahrungsmitteln, etc. nicht viel Geld verdienen kann?
Wes Brot ich ess‘, des Lied ich sing? …
Mehr dazu, weshalb die Wissenschaft sich möglichersweise gewisser Dogmen entledigen sollte, gibt es in Rupert Sheldrakes Buch Der Wissenschaftswahn.