DLR Kultur: “Sozialverträgliche Mietpolitk ist möglich”

Wohnungsbaubiene

Ich war im Radio und @UmbauStadt hat es gehört … (twitter)

Das Politischen Feuilleton bei Deutschlandradio Kultur hat mich zu einem kleinen Beitrag zur Mietenpolitik eingeladen. Das Ergebnis ist hier zu hören: Sozialverträgliche Mietpolitik ist möglich.

Den kompletten Text gibt es auch hier:

„Jenseits von Spekulation und Ertragslücken – wie ein sozialverträgliche Mietpolitik aussehen könnte “

Mieterinnen und Mieter in vielen Städten kennen das Problem: Ob neuer Mietspiegel, Wohnungsangebote oder Sozialmieten, der Trend kennt nur eine Richtung – nach oben. Dabei geht es nicht nur um abstrakte Zahlen oder Durchschnittswerte. Angst um die Wohnung ist immer konkret: Modernisierungspläne, rücksichtslose Bauarbeiten, Eigenbedarfskündigungen oder sogar Räumungsklagen. Für die Betroffenen heißt das: steigende Wohnkosten und nicht selten der Verlust der Wohnung. Sind Wohnungsmärkte angespannt, wie in den meisten großen Städten, bleibt oft nur der Umzug an den Stadtrand. Für all jene mit geringen Einkommen aus schlecht bezahlten Jobs gibt es oft gar keine leistbaren Wohnungen mehr. Das Pestel-Institut errechnete im vergangenen Jahr bundesweit ein Defizit von 4,2 Mio. Sozialwohnungen.

Die längst überwunden geglaubte Wohnungsfrage ist zurückgekehrt in unsere Städte und auch die Politik nimmt sich des Themas an. Doch was bringen die beschlossene Mietpreisbremse und die Zusage für 500 Mio. Euro Fördermittel vom Bund?

Die Kappung der Neuvermietungsmieten klingt erst einmal vernünftig. Doch eine Deckelung knapp über dem Mietspiegel nützt vor allem den Mittelschichten. Geringverdiener brauchen Mieten unter dem Mietspiegel-Niveau. Das hat die Mietpreisbremse nicht zu bieten.

Auch eine halbe Milliarde Euro für die Wohnbauförderung klingen zunächst vielversprechend. Doch selbst bei einer Kofinanzierung in gleicher Höhe durch Städte und Gemeinden würde das Geld für gerade mal 20.000 Wohnungen im Jahr reichen. Bei der derzeitigen Ausstattung bräuchte es etwa 200 Jahre um die 4,2 Mio. Sozialwohnungen zu bauen, die fehlen.

Wer es mit der sozialen Wohnungsversorgung ernst meint, kommt nicht umhin, sich mit den Ursachen zu beschäftigen. Wo immer die Interessen der Mieter/innen unter die Räder geraten, geht es letztendlich ums Geld. Wohnungen sind in erster Linie Renditeobjekte und zinstragendes Kapital. Investitionen sollen sich vor allem lohnen und die Zufriedenheit der Mieter/innen oder soziale Versorgungseffekte bleiben als Mittel zum Zweck des Geldverdienens oft auf der Strecke.

Die soziale Blindheit des Marktes heißt in der Konsequenz: Soziale Wohnungsversorgung lässt sich nur als öffentliche Aufgabe gewährleisten. In 150 Jahren kapitalistischer Stadtentwicklung gibt es – abgesehen von Werkssiedlungen großer Industriemagnaten – keine Beispiele, in denen private Eigentümer preiswerte und gute Wohnungen errichtet haben. Insbesondere Wohnungen für die Armen wurden ausschließlich von Genossenschaften, im öffentlichen Eigentum oder im Rahmen von Förderprogrammen gebaut.

Doch viele öffentliche Wohnungen wurden in den letzten Jahren privatisiert und kommunale Unternehmen unterscheiden sich vielerorts kaum von privaten Eigentümern. Unter den Bedingungen von Sparzwang und Standortkonkurrenz haben viele Städte ihre Wohnungsbaugesellschaften in effiziente Unternehmen verwandelt. Effizienz klingt immer gut, schließt aber im Fall der Wohnungsbaugesellschaften die Ausschöpfung von Mieterhöhungspotentialen mit ein.

Der Soziale Wohnungsbau ist als Selbstbedienungsladen für Bauherren, Bauunternehmen und Banken in Misskredit geraten und sicherte in seiner Ausgestaltung als soziale Zwischennutzung vor allem eines: private Gewinne.

Beispiele in Skandinavien, aber auch in Österreich zeigen, dass öffentliche Wohnungsversorgung auch anders organisiert werden kann. In Schweden gibt es fast keine privaten Mietwohnungen. Vor allem in den großen Städten dominieren städtische und genossenschaftliche Wohnungsangebote. Kommunale Wohnungen sind dauerhaft gemeinnützig und Mietpreise werden von den Kommunen in Abstimmung mit den Mieterverbänden festgelegt. Auch in Dänemark haben die Sozialmieter ein starkes Mitspracherecht: zentrale Bewirtschaftungsentscheidungen unterliegen einer Bewohnerselbstverwaltung. Die Mieten orientieren sich an den durch die Förderung reduzierten Erstellungskosten und fließen langfristig in einen Wohnbaufonds zur Finanzierung neuer Förderprojekte. Auch in Österreich wird auf revolvierende Fonds gesetzt. In Salzburg werden attraktive Neubauten für 4,85 Euro/qm gebaut. Möglich macht dies ein staatlicher Wohnbaufonds, der mit seiner gemeinnützigen Zielsetzung die zinsgünstigen Kredite der Bundesbank nutzen kann.

Dauerhaft soziale Wohnungsbestände, revolvierende Fonds zur Finanzierung und bewohnernahe Verwaltungsmodelle wird es nur außerhalb der Marktregeln geben.
Was es braucht ist keine Mietpreisbremse, sondern eine Verwertungsbremse. Wer es mit der Sozialen Stadt ernst meint, sollte Wohnen – wie Bildung, Gesundheit oder den öffentliche Nahverkehr – als soziale Infrastruktur und als öffentliche Aufgabe ansehen.



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