DIY-Sonnenschutz ist eine schlechte Idee!

Von Incipedia

Heutzutage will anscheinend jeder sein eigenes Ding machen. Sei es einen Tisch bauen, ein Kaffeepeeling anrühren oder sogar einen Sonnenschutz mischen. Wo bei vielen die Alarmglocken läuten, schaltet bei anderen der gesunde Menschenverstand ab.

Selbstgemachter Sonnenschutz? Ja, tatsächlich. In Foren, auf Youtube, in Facebook-Gruppen und Instagram werden Rezepte zur Herstellung von Sonnenschutz geteilt! Der soll angeblich genauso effektiv vor der UV-Strahlung schützen wie der von erfahrenen Kosmetikherstellern.

Die heimische Küche ist kein Labor!

Beim Thema Sonnenschutz ist alles ein wenig komplizierter, als beim selbstgemachten Kaffeepeeling oder der Lippenbutter. Es ist unmöglich in der heimischen Küche Laborbedingungen zu garantieren. Das fängt bereits bei der Hygiene an, geht weiter zu den benötigten Gerätschaften und hört bei Fachkenntnissen der Kosmetikherstellung auf. Außerdem sollen getestete Sonnenschutzmittel vor allem eins tun: die Haut vor Sonnenbrand schützen und das Hautkrebsrisiko minimieren. Um das sicherzustellen, braucht es mehr als Kokosöl, Pigmente und einen Rührbesen. Man benötigt Wissen zur Regulatorik, chemische Fachkenntnisse, Produktwissen sowie viel praktische Erfahrung.

Die Schutzleistung von Sonnenschutzmitteln hängt nämlich von einigen Faktoren ab, wie z. B.:

  • Wahl der Filter und deren Konzentration

  • Dispersion der Filtersubstanzen

  • Filmbildung auf der Haut

  • Stabilität des Produkts

DIY-Sonnenschutz ist keine Alternative!

Zunächst gibt es Vorschriften und Richtlinien, die beachtet werden müssen bevor ein kosmetisches Mittel überhaupt auf den Markt und vertrieben werden darf. Es muss eine Sicherheitsbewertung vorliegen, Konservierungsbelastungstests durchgeführt werden und explizit bei Sonnenschutzmitteln mit einem Test der ausgelobte Sonnenschutzfaktor bestätigt werden.

Das ist alles nicht so einfach, nicht so günstig und vor allem nicht mal eben in der Küche gemacht.

Im Jahr 2003 veröffentlichte das BfR eine Stellungnahme zum Thema Sonnenschutz und forderte darin eine bessere Charakterisierung des UVA-Schutzes und klare Anwendungshinweise. Am 22. September 2006 folgte von der EU-Kommission eine „Empfehlung über die Wirksamkeit von Sonnenschutzmitteln und biesbezügliche Herstellerangaben“. Diese Empfehlungen sind im Gesetz aktuell noch nicht verankert.

Wer sich jedoch das Sortiment in Drogerien und Parfümerien anschaut, wird schnell feststellen dass sich an jene Empfehlungen gehalten wird, um dem Verbaucher eine bessere Einschätzung zu ermöglichen, natürlich konkurrenzfähig zu sein und ein sicheres Produkt anzubieten.

Was auf Sonnenschutzprodukten stehen sollte

  • LSF/SPF nach der International Sun Protection Factor Test Method (ISO 2444)

  • UVA-Faktor (z.B. UVA-Logo, das darüber Auskunft gibt dass der UVA-Schutz mindestens
    ein Drittel des UVB-Schutzes beträgt)

  • Wasserfestigkeit, möglichst mit Prozentangabe und Testmethode

  • Warnhinweise für den Umgang mit der Sonne

  • Anwendungshinweise

  • Zubereitung für spezielle Hauttypen: Kinder, Mallorca-Akne

Wer sich nun ein wenig mit den Vorgaben beschäftigt, wird schnell feststellen dass man sie mit einem DIY-Sonnenschutz absolut nicht realisieren kann! Man liest oft von einer Schätzung des SPFs, weil eine gewisse Menge Titan- oder Zinkoxid beigemengt wurde. Bei geprüften Produkten geht es aber nicht um Schätzungen, sondern um Ergebnisse die auch bestätigt wurden. Will man den UVB-Schutz nach ISO24444 des DIY-Produkts erfahren, dann müssen folgende Vorgaben beachtet werden:

  • Zehn Probanden der Pigmentierungstypen I – III im Alter von 18 – 60 Jahren
    (ohne Hauterkrankungen, Lichtdermatosen, Schwangerschaft und besondere Medikamenteneinnahme)

  • Solarlichtquelle mit definierter Leistung

  • Kontrolle der simulierten Strahlung auf der Haut durch Potentiometrie

  • Pre-Screening zur Ermittlung des Pigmentierungstyps

  • genaue Auftragsmenge des Produkts (2,0 mg / cm²) und Angaben über die Auftragsmethode

  • gleichzeitiger Auftrag eines Referenzprodukts mit hohem oder niedrigem SPF,
    je nach erwartetem SPF des Testprodukts

  • festgelegte Einwirkzeit des Sonnenschutzproduktes auf der Haut vor Belichtung

  • gleichzeitige Messung der MED für ungeschützte Haut

  • colorimetrische Auswertung der erythematösen Reaktionen

  • mathematische Vorgaben für die statistische Auswertung der Ergebnisse

Ich bin mir nicht sicher ob ein Ottonormalverbaucher überhaupt eine Solarlichtquelle mit definierter Leistung daheim hat und ob ein Laie überhaupt weiß was ein Pre-Screening ist und wie es durchgeführt wird.

DIY-Sonnenschutz ist eins: verantwortungslos!

Umso dringender ist meine Bitte: Hört auf Sonnenschutz selbst zu machen! Falls ihr euch trotzdem der Gefahr aussetzen möchtet, tut das. Aber hört auf andere da mit reinzuziehen. Das ist nicht nur anmaßend sondern verantwortungslos. Es geht hier nicht mehr darum, ob jemand vielleicht im schlimmsten Fall mit gereizter Haut auf ein DIY reagiert. Es geht um die Gefährdung der Gesundheit und um die daraus resultierenden Spätfolgen.

Und nicht vergessen:

Nur weil die Wirkung der UV-Strahlung sich nicht sofort bermerkbar macht oder manche keinen Sonnenbrand kriegen, ist sie deshalb nicht weniger gefährlich. Es ist eher andersrum: die Risiken der UV-Strahlung sind wissenschaftlich bestätigt, aber leider spielen wir diese einfach zu oft runter und wägen uns in vermeintlicher Sicherheit. Ganz nach dem Motto: Was man nicht sofort sieht, ist auch nicht da.

Quellen:

Kosmetik- und Körperpflegekunde von S. Ellsässer
https://www.bfr.bund.de/
https://www.ikw.org/schoenheitspflege/themen/detail/gute-herstellungspraxis-kosmetik-gmp-heute-eine-selbstverstaendlichkeit-280/
https://www.bvl.bund.de/DE/03_Verbraucherprodukte/03_AntragstellerUnternehmen/09_FAQs/FAQ_Kosmetik/FAQ_Kosmetik_node.html
https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=celex%3A32009R1223