Dissidenten warnen vor Iran

Gleichzeitig haben zwei religiöse Persönlichkeiten aus dem Iran - ein inhaftierter Geistlicher und ein im Exil lebender Sufi - kritische Botschaften veröffentlicht, in denen sie die theokratischen Herrscher Irans verurteilen und alle Gläubigen aufrufen der iranischen Bevölkerung zu helfen gegen die Herrscherkaste. Beide Männer - Ayatollah Seyed Hossein Kazemeini Boroudscherdi, der im Evin Gefängnis festgehalten wird und Dr. Seyed Azmayesh, der außerhalb Irans lebt - sprechen sich klar darüber aus, dass die gegenwärtige Diktatur in ihrem Heimatland Islamische Prinzipien repräsentiert. Der Geistliche und der Sufi wurden 2006 Opfer staatlicher Repressionen, dem Jahr nach der ersten Wahl Mahmoud Ahmadinedschads zum Präsidenten des Landes.
Weder Ayatollah Boroudscherdi noch Dr. Azmayesh haben zu Gewalt aufgerufen, um den sogenannten Gottesstaat zu beseitigen. Sie sind Friedensbotschafter auf dem Weg des Friedens. Ayatollah Boroudscherdi kritisierte 1994 das politische System, das in der Folge der iranischen Islamischen Revolution 1979 dem Land aufgepflanzt wurde und auf dem Konzept von der "Herrschaft der religiösen Rechtsgelehrten" gründet. Er sagte damals Iraner seien Islam und dem Auftrag Mohammeds gegenüber loyal, doch seien sie "müde der Religionspolitik und der politischen Slogans." Boroudscherdi wurde 2006 verhaftet und ins Evin Gefängnis verbracht. Er hatte sich gegen muslimischen Fundamentalismus und anti-jüdische Ressentiments gewandt und für religiöse Freiheit plädiert. Er leitete überkonfessionelle Segenszeremonien oder bat um göttliche Gnade bei Veranstaltungen zusammen mit Sunniten, Schiiten, Christen, Juden, Zoroastrier und Baha'i.
Er sprach sich zusätzlich aus für die Abschaffung der Todesstrafe und gegen grausame physische Strafen wie Folter, Steinigungen und Auspeitschungen. Aus seiner Zelle heraus schlug Boroudscherdi einen "religiösen Friedensplan" vor, dessen Bestandteile aus der Verbreitung aufklärerischer Informationen gegen radikale Propaganda, aus der Ablehnung und Verhinderung terroristischer Akte und aus der Organisation von Opposition gegenüber den Herrschern Irans sind. Boroudscherdi bezeichnet sich selbst angesichts der unmenschlichen Umstände seiner Haft als "sterbenden Geistlichen". In einem Brief an religiöse und spirituelle Führer rund um den Globus schilderte er kürzlich:
"In den letzten 32 Jahren sind Irans Ressourcen im Namen der Religion geplündert worden und die wirklichen Eigner dieses heiligen Landes sind getötet worden. Die Geistlichkeit, der man Loyalität und Aufrichtigkeit nachsagte, ist zu einer hassenswerten Gruppe gemacht worden, der gute Ruf der Geistlichkeit ist ruiniert worden. Die Existenz Gottes als gemeinsamer Nenner aller göttlicher Religionen, Glaubensvorstellungen und Ideologien ist in diesem Teil der Welt durch Fälschungen und falsche Vertreter des Islams missbraucht worden." Der andere Iraner der protestierend seine Stimme erhebt, Dr. Seyed Azmayesh, ist ein Vertreter der Internationalen Organisation zum Schutz der Menschenrechte im Iran (IOPHRI), die in Brüssel sehr aktiv ist, und immer wieder auf die Verfolgungen der Nematollah-Gonabadi Sufis im Iran durch das dortige Regime hinweist. Der Nematollah-Gonabadi Sufi Orden ist ein spiritueller Orden mit Anbindung an den schiitischen Islam, der eine wichtige Rolle in Irans Kultur gespielt hat. Dr. Azmayesh und seine Kollegen von IOPHRI  haben die Proteste der "Grünen Bewegung" gegen die vermutlich gefälschten Wahlen von 2009 nachhaltig unterstützt. Dr. Azmayesh betrachtet vom Standpunkt der Theologie und als Rechtsexperte für Religionsrecht die ideologischen Machtstrukturen in Iran und trägt bei zur Unterscheidung, was mit dem Islamischen Gesetz der Scharia gemeint ist. Er unterscheidet zwischen zwei Komponenten der Scharia. Das kanonische Recht hat mit dem Verhältnis eines Individuums mit Gott zu tun und beinhaltet auch "die Gebete und die Weise zu beten, um Gott näher zu kommen". Laut Dr. Azmayesh (und anderen kritischen Islamwissenschaftlern) gibt es "ein zweites Element, das die sozialen Beziehungen der Einzelpersonen einer gleichen Glaubensgemeinschaft regelt". Dieser Aspekt der Scharia ist die Rechtsprechung, die von den "Entwicklungen innerhalb einer Gesellschaft" abhängt. "Neue Gesetze müssen Neuentwicklungen und vorher nicht vorhandene Phänomene berücksichtigen, die zu Lebzeiten des Propheten Mohammed nicht vorhanden waren. Dieser Teil der Scharia (...) entwickelt sich Hand in Hand mit der Weiterentwicklung einer Gesellschaft. Dieser Teil ist alles andere als festgelegt, er ist in stetiger dynamischer Entwicklung." Dr. Azmayesh bezieht sich auf das Erscheinen der angewandten Genetik, Klonen und In-Vitro-Befruchtungen als Aspekt der zeitgenössischen Themen, die im Koran noch keine Erwähnung finden konnten und auch nicht in anderen traditionellen Islamischen Schriften vorkommen. Dazu sagt Dr. Azmayesh: "Wir leben jetzt in einer neuen Gesellschaft, innerhalb derer das religiöse Gesetz, die Scharia, alleine auf die Beziehung der einzelnen Menschen zu seinem Schöpfer begrenzt sein wird." Diese Anschauung weist den Anspruch der Kleriker in Iran und anderer Islamisten entschieden zurück, dass die Scharia die Grundlage für das politische und soziale Leben sein muss. Dr. Azmayesh wirft den Herrschern im Iran vor die berühmten Sufis der Vergangenheit, wie Dschalalledin Rumi aus dem 13. Jahrhundert und Hafis aus dem 14. Jahrhundert genauso als Blendwerk für ihre politischen Ziele zu missbrauchen, wie den Koran und den Islam. Er warnt die Vertreter des Westens davor "die Fanatiker als Vertreter des Islams und der muslimischen Gemeinschaft zu betrachten" und sich stattdessen bei den Sufis über deren Auffassung des muslimischen Glaubens zu erkundigen. Das gewalttätige Aufeinandertreffen des radikalen Islams und des Westens am Anfang des 21. Jahrhunderts kann nicht durch sprunghaftes Verhalten des Westens, archaische Ansichten, mechanische Diplomatie oder Energiepolitik gelöst werden. Moderater, spirituell gesinnter Islam, wie er von Menschen wie Ajatollah Boroujerdi und Dr. Azmayesh verteidigt wird, bleibt unbekannt und ohne Erwähnung im Westen. Trotzdem bleibt dieser Islam ein Schlüsselfaktor für das Verständnis von innerislamischen Konflikten und Auseinandersetzungen zwischen Islamisten und dem Westen. Wenn sich westliche Politiker mit den Herrschern Irans zu Nuklearfragen und anderen bedrohlichen politischen Strategien beschäftigen, sollten sie nicht aussparen die Ansichten der religiösen Non-konformisten Irans zu hören.

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