Diskriminierung andersrum

532217_web_R_B_by_Erich Westendarp_pixelio.deJa auch das geht. Kaum zu glauben, aber wahr. Ich habe das schon längere Zeit kommen sehen bei diesem feministischen Tauziehen. Jetzt kann man sich darüber streiten, ob man in einem Saal nur noch alle AnwesendenInnen begrüßt, als ob keine Männer mehr im Saal wären. So wie die Argumentation der Frauen ist, dass wenn man nur „Sehr geehrte Mitglieder“ sagt, dass sie sich ja ignoriert fühlen, weil „Mitglieder“ ja der männliche Begriff ist. Sie sind ja schließlich „MitgliederInnen“. Vielleicht ist das auch alles hier ein schlechtes Beispiel, was ich mir da ausgesucht habe, denn der Begriff des „Mitglieds“ ist prädestiniert für Männer. So gesehen müssen Frauen „Ohneglied“ sein. Aber das ist eine andere Geschichte, fiel mir nur so beim Schreiben ein. Man kennt mich ja, von Hölzchen auf Stöckchen.

Was ich eigentlich hier beschreiben wollte, war eine Situation, die ich erlebt habe, als ich mal wieder zum Flughafen unterwegs war. Vorab sei gesagt, erstens, dass ich auch aus anderen Gründen mal unterwegs bin, falls man mal meinen könnte, ich schreibe sonst nicht so viel darüber; zweitens, auch Behinderte, in diesem Fall BehinderterInnen können es auch gut meinen. Und auch hier ist gut gemeint nicht gut gemacht. In Dortmund gibt es wohl eine Kampagne zur Erinnerung, dass es Menschen – ich lass das jetzt mit den MenschInnengruppen – gibt, die auf einen Aufzug angewiesen sind. An den Aufzügen sind überall Aufkleber angebracht mit Rollstühlen, Kinderwagen, Rollatoren, was weiß ich. Weil, die haben Vorrang. Und dann kann man natürlich päpstlicher sein als der Papst. Da kam ich am Aufzug an, Kind mit Riesenkoffer folgte, eine Frau die ebenfalls im Rollstuhl saß, war schon im Aufzug. Ein Mann hielt mir die Tür auf, ich dachte, ich komme aus Düsseldorf, da haben wir solche hübschen Sticker nicht. Der will nur ganz gentlemanlike mir die Tür aufhalten. Ich meinte noch, die könnten schon mal fahren, musste ja auf Kind mit Koffer warten. Aber nein, zu meiner großen Verwunderung sollte ich unbedingt mitfahren.

Nach und nach klärte sich die Situation für mich auf. Die junge Dame im Rollstuhl wollte wohl einen Präzedenzfall statuieren. Und der junge Mann, der durfte gar nicht mit, weil ich ja da war. Sie ließ sich auch noch nicht mal von mir abbringen. Ich war verwirrt, ehrlich gesagt, ich bin es bis heute. Ich habe dann nachgegeben und habe ich mich erst mal über alles geärgert. Weil im Grunde ist es völlig blödsinnig gewesen, dem Mann die Vorfahrt zu lassen. Dafür musste mein Sohn alleine mit dem Aufzug fahren. Also eine Bahn eher hätte ich auch nicht nehmen können. Davon mal abgesehen, als ich dann gesehen habe, dass es über mehrere Ebenen geht, dass ich mir Sorgen gemacht habe, dass er richtig aussteigt, weil wir das vorher nicht besprochen haben. Wieso denn auch, wir sollten doch zusammen fahren.

Und wozu das Ganze? Nun ja es war peinlich. Als Mutter kenn ich das Prinzip „wegen dem Prinzip“ und die daraus resultierenden manchmal schwachmatischen Maßnahmen. Aber der war schon groß. Und es war so unsinnig. Wollen wir ein Teil der Gesellschaft sein oder wollen wir uns unbeliebt machen? So wirkte das nämlich auf mich. Und ich weiß auch nicht, wie ich dazu stehe und wie ich dazu stehe, dass man auch mir meinen Willen nicht lassen konnte. Natürlich ärgere ich mich darüber, wenn irgendwelche Teenies Aufzug-rauf, Aufzug-runter spielen. Aber jetzt allen anderen auch das Aufzug-fahren zu untersagen? Das „wer zuerst kommt, malt zuerst-Prinzip“ hat doch funktioniert, warum also nicht? Da muss man es doch nicht übertreiben. Ich finde, es gibt bei weitem bessere Ansatzpunkte, um die Rechte der Behinderten zu verbessern. Ich für meinen Teil, ich störe mich ja sehr daran, wenn man mich im Beisein meiner Assistentin im Plural anspricht. Ich werde gerne als Individuum wahrgenommen und es hat diesen Beigeschmack, als ob ich nicht kompetent genug wäre. Und das hat die junge Dame auch nicht berücksichtigt.

(Foto: Erich Westendarp / pixelio.de)


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