Im Rahmen der Europaweiten Invasioni Digitali Woche (von der ich schon hier erzählte) organisierte ich letzte Woche gemeinsam mit den Münchner Kulturkonsorten eine neue, spannende Aktion im digital-kulturellen Bereich. Und es hat Spaß gemacht!
Bei den Invasioni Digitali (so wie bei Social-Media-Touren allgemein) geht es nämlich im Grunde genommen genau darum: es sich im Museum/Kulturort gemütlich zu machen, mit netten und gleichgesinnten Leuten treffen, eine Tour so zu gestalten, dass sie Spaß macht und sich selbst entspannt und mit frischem Blick mit den Inhalten beschäftigen. Klar bekommt man im Idealfall eine Führung und muss trotzdem die Museumetikette bewahren (Kunstwerke andatschen, mit heimnehmen oder aus Müdigkeit einfach auf den Boden legen also lieber immernoch vermeiden). Trotzdem wird man bei einer solchen Aktion eine gute Portion “Krampf” los – vielleicht bedingt durch den experimentellen Rahmen, oder durch die Offenheit der Institution die sich einer solchen Sache überhaupt zur Verfügung stellt, bestimmt aber auch durch die Tatsache, “dass man selber auch was machen darf”.
Sobald nämlich die Finger anfangen zu jucken, darf man sich selbst auch kreativ betätigen. Der kreative Ansporn, die Ideen, die Gedanken, die einem angesichts der Ausstellungsobjekte anfangen im Kopf herumzuwirbeln, muss man nicht mehr herunterschlucken und in starre Museumsbesucher-Haltung zwängen: sie dürfen raus, auf eine Tastatur, in ein Endgerät kanalisiert und von dort aus in die Welt hinaus, und – das schöne an Invasioni Digitali – es müssen nicht unbedingt nur 140 Zeichen sein.
Man kann visuell gestalten und sich auf Instagram austoben, der Feder freiraum lassen und ein Gedicht, einen Roman auf Facebook posten, den kleinen Regisseur herauslassen und kreative Vine-Filmchen drehen. Und twittern, twittern, das immernoch meistgeliebte Tool der deutschen Invaders.
Die Münchner PLATFORM erschien sofort als ein spannender Ort für das “Experiment Invasion”. Die Vielfalt der benutzbaren Tools spiegelte sich dort in einer unglaublichen Vielfalt des Angebots wieder: wo sonst findet man eine so sprudelnde Kreativagentur, eine Installation, die widerum eine fünfjährige Sammlung an verworfenen Ausstellungsobjekten zeigt und 24 Ateliers in denen rund 40 Künstler täglich an ihren Projekten arbeiten – alles an einem Ort?
Wir bekamen eine ganz wunderbare Tour angeboten, von der ich immernoch schwärme, und nicht nur digital:
Volontärin Erinn Carstens gab uns zunächst eine Einführung zur PLATFORM selbst, um dann die Künstler Christian und René Landspersky vorzustellen, die die Geschichte und Idee hinter ihrer What Remains Gallery erzählten. Durch die Installation, die zum fünften Geburtstag der PLATFORM aus den “Resten” des Ausstellungsdisplays der Villa Stuck- Schau “Im Tempel des Ich” gebaut wurde, zeigen die beiden Brüder was sie in fünf Jahren aus der Überproduktion der Kunstwelt aufgehoben haben. Der Britische Künstler Calum Greaney kuratierte das Ganze, war selbst vor Ort und erläuterte seine Perspektive auf das Projekt.
Danach ging es los mit zwei verschiedenen Touren durch die Ateliers von acht Künstlern: Erinn Carstens und Isabel Steuler begleiteten die Invaders durch die Arbeitsstätten von David Lehmann (Atelier 21), Frank Maier (Atelier 7), Julien Viala (Atelier 15), Monika Humm (Atelier 24), Patricia Lincke und Nicola Hanke (Atelier 8), Silke Makefka und Nikolai Vogel (Atelier 6). In diesem letzten Atelier kamen die zwei Invasionstrupps anschließend wieder zusammen, um einer exklusiven Performance von Wortkünstler Nikolai Vogel zu lauschen.
Gleichzeitig konnte man in der digitalen Dimension auch noch einige Einblicke in das Geschehen hinter die geschlossenen Ateliertüren erhalten: einige Künstler, die leider zur Aktion nicht anwesend sein konnten, schickten uns nämlich Material um virtuell dabeizusein und Einblicke in die #closedateliers zu verschaffen. Ihr wollt auch hineinspicken? Das waren Stephanie Unruh, Philipp Weber, Ute Heim, Chris Goennawein und Johannes Karl.
Eine multidimensionale, multimediale Führung also, die wie im Flug herum war.
Drei Tage sind vergangen, und wie gesagt, ich schwärme immernoch, bin total beeidruckt von der tollen Organisation, der begeisterten Teilnahme vonseiten der PLATFORM und der Künstler, und dem kunterbunten, wahnsinnig fruchtbaren Ergebnis dieser Aktion. Ich glaube, jeder von uns ist inspiriert, begeistert, beflügelt heimgegangen.
Nach diesem Tag weiß ich noch mehr: wenn ich groß bin, will ich Künstlerin werden! Gut, dass ich mich bis dahin auf Social Media austoben kann :)
Eine Zusammenfassung der Aktion findet ihr in diesem Storify und einen kurzen visuellen Eindruck in diesem Video. Ich möchte an dieser Stelle nochmal ganz herzlich dem Team der PLATFORM danken, für ihren Elan und die Begeisterung: Natalie Cada im Organisieren und Koordinieren, Erinn Carstens und Isabel Steuler für Führungen und Erklärungen, allen drei dafür, dass wir dann noch auf ein gemütliches Bierchen bleiben durften :) – sowie natürlich den Künstlern und der What Remains Gallery, dass sie sich Zeit für uns genommen haben, für die spannenden Einblicke und die Experimentierfreude.
Hier folgen den Worten nun einige Bilder des Abends:
Christian Gries von den Kulturkonsorten gibt eine kleine Einleitung zu der Aktion “Invasioni Digitali”….
bevor Volontärin Erinn Carstens erzählt, was die PLATFORM ist und was dort passiert und alles gemacht wird.
Es gibt wie immer bunt gemischte Teilnehmer: Filmemacher, Blogger, Fotografen, Leute die twittern, posten, instagrammen …
Links und mitte: Isabel Steuler, Ex-Praktikantin der PLATFORM und Natalie Cada, Volontärin. Gleich geht es los in die Ateliers.
René Landspersky von der What Remains Gallery zeigt Mitnehmsel aus der Lawrence Weiner-Installation im Haus der Kunst.
Künstler und Gastkünstler: René und Christian Landspersky (rechts und mitte), daneben Calum Greaney, der die Installation der What Remains Gallery kuratierte und mit anpackte – vom Konzept bis zum Aufbau, wie dieses Video zeigt.
Nikola Hancke ist fasziniert von Blicken und Mustern. Sie malt Bilder von Stoffen, die sie inspirieren und die sie von verschiedenen Orten mitnimmt.
Nikolai Vogel, nach seiner Performance, in dem Atelier, dass er sich mit Malerin Silke Markefka teilt.
Silke Markefka zeigt uns ihre Serien an großflächigen Gemälden: “Lüster”, “Playmo”, “Antennen”. Jedes Bild dreht sie einzeln um, um es den Invaders zu offenbaren.
Hier sind wir bei Otto Maier: seine Kunst beschäftigt sich gerne mit den Grenzen des Ekels. Vergoldete Kaugummis und zu Worten geklebte Schamhaaare sind einige Beispiele von dem, was wir bei ihm sahen.
Treu dem Invasionsablauf ist der Schlusspunkt erst gesetzt wenn man laut ausrufen kann: Invasion Accomplished!
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