Darum geht’s in einem Artikel der t3n und ehrlich gesagt auch in unserem Haushalt. Ich wusste gar nicht, dass ich mich auch Anhänger des digitalen Minimalismus oder des Cult of Less bezeichnen könnte. Aber, so ist es.
Was ich auch noch nicht wusste: Der Gründer von Cult of Less ist ein Softwareprogrammierer und Entrepreneur: Michael Kelly Sutton. Aber… so ist es.
Und es geht weiter: Was ich nämlich auch noch nicht wusste, dass dieser Mann 2010 damit begann seinen Besitz auf seiner Website: CultOfLess.com ‘festzuhalten’. Auch bei uns bekam im Frühjahr 2010 der Gedanke, unser ganzes Zeug zu reduzieren und unter die Leute zu bringen, Gestalt. Ich würde sagen, man könnte uns dann fast als eine Art Mitbegründer bezeichnen, oder?! Quatsch, aber irgendwo gibt es ein Foto von unserem damaligen ‘Archiv’ (wenn ich das doch bloß mal wieder finden würde… als Beweis).
… wenn es da nicht noch ganz viele andere Menschen (Gandhi, Jesus fallen mir spontan ein) gegeben hätte, die viel früher bemerkt haben, dass man für ein bewusstes und einfaches Leben gar nicht so viel Habseligkeiten benötigt. Dass dieses physische Eigentum eigentlich vielmehr daran hindert das Leben bewusst zu leben, denn ständig ist man abgelenkt. Dass es sogar eine Herausforderung darstellt, Dinge loszuwerden. Sie können noch so gut erhalten sein; vieles will einfach keiner mehr haben. Aber das ist nochmal eine andere Geschichte und ich schweife ab.
Zurück zum digitalen Minimalismus und seinem Motto: Weniger ist mehr. In dem Artikel geht es zunächst einmal darum, wie Lebensumstände flexibel und so schlank wie möglich gestaltet werden können. Je weniger Besitz ich in irgendeiner Weise zu verwalten oder zu lagern habe, desto flexibler bin ich in der Wahl meines Wohnortes oder Arbeitsplatzes. Wenn ein Notebook, ein Smartphone, Prepaid-SIM-Karten für verschiedene Länder und das ein oder andere weitere elektronische Hardwareteil ausreichen, um von überall arbeiten zu können, scheinen Flexibilität und persönliche Freiheit tatsächlich erreicht. Dass dieser digitale Minimalismus eben diese Freiheit, berufliche Flexibilität und nebenbei ein nachhaltigeres Konsumverhalten ermöglicht, macht ihn unglaublich attraktiv.
Fehlt wirklich nur noch die Option einer mobilen ÖkoStromversorgung. Wie oft habe ich schon gedacht, dass es sich für mich total lohnen würde, eine PhotoVoltaikPlatte oder was ähnliches zu haben, um mein Notebook einfach mit Sonne arbeiten zu lassen. Aber das kommt bestimmt irgendwann…
Neben der genannten Hardwareteile werden noch “alle möglichen Onlinedienste” genannt, die zum Arbeiten, fürs Alltagsgeschäft und die Kommunikation mit Freunden, Bekannten und Kollegen verwendet werden und scheinbar unabkömmlich sind, selbst im Hinblick auf den digitalen Minimalismus. Das und der für dieses Lebenskonzept genutzte Always-On-Zustand ist etwas, das mich stutzig macht und mich die Aussage des Artikels ein wenig in Frage stellen lässt. Nennt mich idealistisch oder nicht am Zahn der Zeit, aber ich bin mir einfach nicht sicher, ob das die Zukunft sein kann? Kann es wirklich ein Ziel sein, über immer weniger physischen Besitz zu verfügen, dafür aber selber – als Person, mit allen meinen Facetten – permanent verfügbar zu sein? Für wen denn eigentlich? Das WorldWideWeb? Das Netz? Meine SocialCommunities? Die sich dort befindlichen Freunde oder Kollegen?
Bei uns Zuhause stellen wir uns regelmäßig die Frage nach größtmöglicher Reduktion unseres Besitzes. Ein Fernseher inklusive Zubehör, ein PC und diverse Notebooks wurden schon abgeschafft. Momentan gibt es zwei Notebooks, die als Arbeitsgeräte und für den gelegentlichen Fernsehkonsum in Gebrauch sind. Dann gibt es da noch ein iPad und zwei iPhones. Aber sind diese Geräte alle nötig, wenn es mir darum geht, mein Leben so einfach und bewusst wie möglich zu leben?
Wenn ich mir die Vielzahl möglicher Apps und das ziellose ‘mal-eben-bei-facebook-oder-twitter’-Vorbeischauen bewusst mache, das ich an manchen Tagen auch in meinem Leben mitverfolge, möchte ich für mich persönlich, zum Schutz meiner Psyche, meines bewussten Lebensstils auch an dieser Stelle reduzieren. Ich brauche keinen Always-On-Zustand, sondern echte soziale Kontakte, die auf Augenhöhe stattfinden. Ebensowenig will ich alle möglichen Onlinedienste nutzen, um mit Menschen zu kommunizieren. Lieber treffe ich mich nebenan auf eine Tasse Tee.
Auch wenn das Internet zu unserem heutigen Leben dazu gehört und ein Werkzeug ist, bedeuten mir meine Kontakte, Treffen und das Leben mit den Menschen vor meiner Haustür mehr als der Traffic, den ich in meiner facebook-Timeline mitverfolgen kann. Ich muss aber auch gestehen, dass bestimmte Kontakte, die mir heute sehr wichtig sind, nur durch facebook und Konsorten bestehen. Ich bin also auch irgendwie dankbar, dass es diese Pinnwände gibt, dass ich mit wertvollen Menschen, zu denen ich sonst vermutlich kaum Kontakt hätte, über diesen virtuellen Weg Leben teilen kann.
Aktuelles Fazit: Minimalismus? Ja. Digital? Auch. Always-On-Zustand? Gerade deshalb nicht nötig. In dem Artikel gehen diese beiden Themen irgendwie Hand in Hand. Das ist irritierend und fühlt sich außerdem nicht richtig an. Bewusster digitaler Minimalismus bedeutet für mich, nicht always on sein zu müssen, schließlich geht es mir doch um einen bewussten Lebensstil und Umgang mit den Dingen.
Trotzdem: Das Thema zerreißt mich innerlich manchmal etwas. Wie denkt ihr darüber? Wieviel Zeit verbringt ihr bewusst im Netz? Was bedeutet euch digitaler Minimalismus?