Gestern wurde hochoffiziell die “Digitale Gesellschaft” gestartet:
Wir wollen uns mit Digitale Gesellschaft schlagkräftiger für digitale Bürgerrechte einsetzen. Kurz zusammengefasst: Wir wollen skalieren. Ziel ist es, einerseits visuell und kommunikativ ansprechende Kampagnen zu entwickeln, die auch Menschen außerhalb sehr internetaffiner Kreise für unsere Themen begeistern. Dazu wollen wir auch eine eigene Kampagnenplattform entwickeln, so dass man nicht bei jedem neuen Thema als erstes daran denken muss, wer denn jetzt einem die Webseite baut und den Server aufsetzt – und ob die Person sich eine Woche später auch noch dran erinnern kann, bzw. nicht untergetaucht ist. Die Umweltbewegung zeigt mit Plattformen wie campact.de oder greenaction.de, was möglich ist, wir wollen diese Ideen konsequent digital weiterdenken.
Markus Beckedahl (der Mann hinter netzpolitik.org) hat endlich getan, worüber viele nur redeten oder schrieben: eine Organisation geschafften (in dem Falle einen Verein), die sich endlich als Lobbyisten für ein freies Internet einsetzen will.
Niemand soll sagen, dass das nicht nötig ist. Denn es ist eben kein Zufall, dass sich am gleichen Tage die Content-Mafia zusammenschloss:
Die deutsche Medien- und Verlagsindustrie schließt sich im Kampf gegen die “Gratis-Kultur” im Internet zusammen. Mit einem “Bündnis für Inhalte” wollen sich ARD,ZDF und die Privatsender sowie die Verbände aus Musik, Verlag und Film erstmals gemeinsam für eine Vergütung ihrer kreativen Leistungen im Internet einsetzen – vor allem gegenüber Netzbetreibern, Suchmaschinen und Freundschaftsportalen. (Handelsblatt)
Es gebe “Individualforderungen” etwa zur Einrichtung eines Systems der abgestuften Erwiderung gemäß dem “Three” oder “Two Strikes”-Szenario, die bis hin zu Internetsperren bei wiederholten Urheberrechtsverstößen reichten, führte Dieter Gorny vom Bundesverband der Musikindustrie (BVMI) aus. (Heise)
Das sind im Übrigen die gleichen Helden, die den freien Mitarbeitern nicht das Schwarze unterm Fingernagel gönnen bzw. im Falle der diskriminierte “Ossis” nicht einmal den Fingernagel. Die maßen sich dann das Recht an, über eine Zweit- oder Drittverwertung von Texten reden zu wollen?
Auch die Medien reagieren auf die Vereinsgründung; bei netzpolitik.org gibt es eine Reihe von Links dazu.
Die “Selbstdarstellung des Vereins” liest sich so:
Wir wollen eine Kampagneninfrastruktur aufbauen und die Durchführung von Kampagnen ermöglichen.
In den vergangenen Jahren gab es eine Vielzahl an Kampagnen, gegen die Vorratsdatenspeicherung, das Zugangserschwerungsgesetz oder für den Erhalt der Privatkopie. Alle Kampagnen standen vor dem Problem, erst einmal Infrastrukturen und ein Unterstützernetzwerk aufzubauen. Dazu fehlten oft Menschen, die Zeit haben, diese Kampagnen zu betreuen – und manche Kampagnen erreichten nur bereits Informierte.
Das wollen wir ändern. Wir wollen auf Erfahrungen aus anderen sozialen Bewegungen wie der Umweltbewegung aufbauen und diese digital weiterdenken. Dazu zählt der Aufbau einer eigenen Kampagneninfrastruktur für digitale Bürgerrechte. Wir wollen Kampagnen planen und durchführen, die auch Menschen außerhalb sehr internetaffiner Communities erreichen. Und wir wollen die Menschen dort abholen, wo sie sind – ob im Internet oder auf dem Parkplatz.
Wirksame Interessenvertretung für digitale Bürger- und Verbraucherrechte
Auf nationaler und europäischer Ebene gibt es eine Vielzahl an Unternehmen, Sicherheitsorganisationen und ihrer Verbände, die für ihre einseitigen Interessen werben. Was bisher fehlte ist eine starke Nutzervertretung, die sich in aktuelle Gesetzesprozesse einmischt, Stellungnahmen aus Nutzersicht dazu verfasst und diese Interessen auch bei Anhörungen und in Gesprächen mit Politikern nachdrücklich vertritt.
Ich wollte gerade schreiben: Warten wir ab, wie es sich entwickelt… aber nein; ich werde nicht abwarten, ich werde mitmachen!
Nic