Dieter Noll: Werner Holt I

Von Buecherdiebin

Die Abenteuer des Werner Holt, Bd. 1 (links)


Die Abenteuer des Werner HoltRoman einer Jugend, Bd.1von Dieter NollAufbau Verlag562 Seitenca 7,50 €

Inhalt


Er ist fast noch ein Kind, dennoch lebt Werner fern seiner getrennt lebenden Eltern in einer kleinen Pension und besucht wie jeder andere Junge in seinem Alter die Schule. Bis auf die üblichen Fetzereien, vornehmlich mit dem Schläger  Gilbert Wolzow, gibt es nichts im Leben des Jungen, was vom baldigen Unheil kündet. Doch der Krieg und somit die Einberufung rückt näher. Das wissen die Jungen. Wolzow und Holt vertragen sich und gemeinsam mit einigen anderen Jungen türmen sie, verschanzen sich für Wochen im Wald, leben frei - sie wollen die ihnen verbliebene Zeit nutzen.
Und dann geht es los. Gemeinsam ziehen die Jungen in den Krieg, Wolzow und Holt als beste Freunde. Gomulka, Vetter und andere komplettieren die kleine Gruppe. Doch der Krieg, der anfänglich noch euphorisierend wirkt, demoralisiert Holt zusehends. Zudem dringen immer mehr Fakten über das dritte Reich, dem er dient, an ihn heran. Juden? Tötung? KZs? Und dann das Abschlachten Unschuldiger durch die SS. Während Wolzow seinen militärischen Traum lebt, entfernt sich Holt immer weiter von ihm und bleibt seinem alten Freund doch irgendwie treu. Doch der Krieg zermürbt. Und im Endeffekt sind die Jugendlichen nur Spielfiguren in einem Krieg, den wenige befehligen und viele mit dem Leben bezahlen.

Meinung


Bereits in den frühen Jahren der DDR erschienen, ist "Die Abenteuer des Werner Holt" einer der ersten Romane, die die jüngste Geschichte kritisch aufarbeiten. Im Gegensatz zu vielen zeitgenössischen Autoren versucht Noll nicht, das sozialistische Idealbild auf die jugendliche Zielgruppe zu übertragen. Er erzählt auf bewegende, erschütternd nüchterne Weise von den Schrecken des Krieges und davon, wie ein junger Mensch aus der Verblendung erwacht und erkennt, dass dieser Krieg und dieses Regime falsch sind. Die Personen sind sehr plastisch und greifbar. Während des Romans entwickelt man schon so etwas wie eine Bindung zu Werner, man leidet mit ihm und spürt auch die innere Wandlung des Jungen, dem die "rosarote Brille" abgenommen wird. Die Personen verkörpern alle einen gewissen Typus und sind doch nicht "einfach gestrickt". Wolzow als der Junge aus einer Militärfamilie, der um jeden Preis in die Fußstapfen seiner Ahnen treten will. Wiese, der eigentlich zu schwach ist für dieses Leben und doch am Ende den größten Mut und die größte Stärke beweißt. Gomulka, der von Anfang an einen scharfen Blick für die Wahrheit entwickelt und kritisch an die Sache herantritt. Und letzten Endes Holt, der in sich stets eine Art Zwiespalt trägt. Zu Vaterland und Freund stehen? Oder die Verbrechen als solche erkennen und sich dagegen stellen, auch wenn dies Strafe bedeutet? Sprachlich ist der Roman teilweise schleppend. Die vielen Fachbegriffe, gerade während Schlachten, können den Laien doch schon sehr verwirren. Da liest man dann doch am liebsten einfach drüber, für die Geschichte sind diese Passagen ohnehin nicht von großer Bedeutung. Mit seinen über 500 Seiten haben wir es hier schließlich auch mit einem nicht unbedingt dünnen Buch zu tun. Wenn man sich nicht für diesen Teil deutscher Geschichte interessiert: Finger weg, ihr langweilt euch zu Tode! Denn tatsächlich besteht die Handlung vornehmlich aus Beschreibungen des Kriegsgeschehens. Ein Panorama darüber, wie die deutschen Soldaten zermürbt werden und wie die Wahrheit immer mehr zu Tage tritt. Empfehlenswert ist dieses Buch auf jeden Fall, da es einen wichtigen Punkt deutscher Geschichte authentisch wiedergibt und somit zum Verständnis beiträgt. Aber wie gesagt, für Uninteressierte kann es schnell viel zu langweilig werden!