Die Rohstoffe der Erde sind in Jahrmillionen geologischer Prozesse entstanden. In nur 200 Jahren extremer Ausbeutung sind die meisten von ihnen bereits erschöpft. Trotzdem ist ein Umdenken nicht in Sicht – im Gegenteil, der Bedarf steigt ständig. In ihrem Buch »Umkämpfte Rohstoffe« von Dieter Eich und Ralf Leonhard, erschienen im Ch. Links Verlag, stellen die Autoren die verschiedenen Rohstoffarten vor, sie zeigen, wer sie am nötigsten braucht, wer von ihnen profitiert und wie die Rohstoffmärkte funktionieren.
von Mira Sigel
Der Rohstoffmangel bedroht die Umwelt, er stürzt Staaten in den Abgrund und gefährdet sogar die Wirtschaftsfähigkeit von Staaten wie Deutschland: Schon jetzt herrscht in Deutschland ein Mangel an 13 sogenannter Seltener Erden, die in Handys und Touchscreens verbaut werden. Der größte Exporteur dieser Seltenen Erden ist China – doch dort beschloss man bereits 2010 zum Entsetzen der Weltgemeinschaft, den Export auf nur noch 40 Prozent einzuschränken, um die eigene Umwelt – und vor allem die eigene Wirtschaft zu schützen.
Kernproblem ist, dass die Funktionalität und Effizienz der wichtigsten Zukunftstechnologien im globalen Wettbewerb von einer überschaubar kleinen Anzahl von Metallen mit hochspezifischen Eigenschaften abhängen, für die es derzeit kein Substitut mit technisch verwertbaren Fähigkeiten gibt.
erklären die die Autoren in der Einleitung.
Die bekannten Kupfervorkommen werden bei derzeitigem Verbrauch noch etwa 60 Jahre lang reichen. Die Abhängigkeit vom Rohstoffmarkt kann ganze Staaten in den Abgrund stürzen: Deutschlands Kupferlieferant Sambia fiel Anfang der 1970er Jahre um Jahrzehnte in seiner Entwicklung zurück, als der Kupferpreis am Weltmarkt verfiel. 2012 führten die Streiks in den südafrikanischen Gold- und Platinminen zu Preissteigerungen am Goldmarkt.
Energierohstoffe entscheiden über das Weltschicksal
Doch nicht nur die mineralischen Rohstoffe sind begrenzt. Auch die Energierohstoffe Kohle, Öl und Gas sind umkämpft. 2012 betrug der Weltenergieverbrauch 12,47 Milliarden Tonnen Öleinheiten, davon fiel der größte Teil auf das Erdöl, das wiederum zum größten Teil aus den Fördergebieten im Nahen Osten, Südamerika und Afrika stammt. Die Ölproduktion ist in all diesen Fördergebieten bereits seit Jahren rückläufig – der sogenannte »Peak«, die Hälfte der förderbaren Menge ist erreicht. Umweltverschmutzung und politische Spannungen bis zum Krieg begleiten den Wettkampf um den Zugang zum Öl. Beim Erdgas sieht es nicht viel anders aus: Hier lässt der russische Marktführer Gazprom gerne die Muskeln spielen – wer über die Energierohstoffe verfügt, verfügt über politische Macht.
Spekulation mit Menschenleben
Agrarrohstoffe sind besondere Rohstoffe, denn sie ernähren Menschen. Praktisch gesehen könnten mit den derzeitigen Ressourcen 13 Milliarden Menschen gut ernährt werden, also fast doppelt so viele wie die aktuelle Weltbevölkerung. Stattdessen wird über ein Drittel weggeworfen oder nicht genutzt, Anbauflächen weichen dem lukrativeren Agrosprit und Technologien werden nicht eingesetzt, weil sie nicht genug Gewinn versprechen. Das Spekulationsvolumen am Getreidemarkt steigt ständig. Ähnlich steht es um die Ressource Wasser, um die sich die privaten Investoren sammeln wie die Aasgeier, weil die dafür verantwortlichen Kommunen das notwendige Investitionsvolumen nicht mehr aufbringen können. Privatisierung ist das Stichwort, Profit und nicht mehr Menschenrecht. 2025 wird 1/3 der Menschheit keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser mehr haben, darunter werden auch viele südeuropäische Länder sein.
Um der Rohstoffverknappung zu entgehen, schürft man heute in den Extremen, sogar auf Asteroiden will man nach mineralischen Rohstoffen suchen, in der Tiefsee, und in den durch die Klimaerwärmung frei schmelzenden Polen. Das Buch versäumt nicht, die einzelnen Akteure der Rohstoffhandelsunternehmen, der Rohstoffmärkte und der Rohstoffbörsen vorzustellen und wie sie miteinander agieren und so einen wissenswerten Einblick hinter die Kulissen zu vermitteln.
Vorsichtige Lösungsansätze
Im letzten Teil ihres Buches stellen die Autoren Lösungsansätze vor:
- Weltweit verbindliche Ziele zur Nachhaltigkeit
- Ressourceneffizienz
- Zertifikate und Abkommen
- Regionalpolitik
- Sichtbarmachen der in Produkten enthaltenen Sozial- und Umweltkosten
Die Autoren halten fest, dass die aktuelle Wirtschafts- und Ressourcenpolitik unweigerlich zu einem Umweltkollaps oder einer sozialen Katastrophe führen muss.
Der Ressourcenverbrauch hat die Belastungsgrenzen des Planeten erreich. Erforderlich wäre ein veränderter Typ von Gesellschaft, deren Konstruktion allerdings noch unklar ist. Sie müsste andere Ziele festschreiben als die Renditenoptimerung des Kapitaleinsatzes. Gemeinwohlbelange und Lebensqualität müssten über das Wachstum der Wirtschaft und die Expansion des Kapitals gestellt werden.
Nach der Lektüre dieses sehr informativen und dennoch leicht verständlich geschriebenen Buches bleibt die Erkenntnis, dass es auf einem Planeten mit endlichen Ressourcen kein unendliches Wachstum geben kann. Es ist höchste Zeit, mit dem Umdenken zu beginnen.
[Übernahme von Die Freiheitsliebe]