Unser Baby überspringt das Krabbeln, davon waren wir überzeugt. Er stellte sich zwar immer wieder in den Vierfüßlerstand, aber sobald Bewegung ins Spiel kam, ließ er sich mit einem lauten Klatscher auf seinen Bürgermeisterbauch fallen und robbte los. War ja auch alles klein Problem, nur im Sandkasten robbt es sich ziemlich schlecht. Stehen hingegen will er seit einer Weile unbedingt. Seine beiden zwei Monate älteren Freundinnen stehen nämlich auch schon. Krabbeln aber schien für ihn eine Station, die er getrost überspringen könnte. Stattdessen ist kein Gegenstand vor seinen Hochziehversuchen sicher. Stühle, Tische, Mülleimer – ganz egal was, wenn es beweglich ist, dann schiebt er es auf wackligen Beinchen durch unsere Wohnung. Und natürlich feiert er sich selbst mindestens genauso wie wir. Erfolge müssen schließlich gefeiert werden.
Während wir schon Wetten abschlossen, wann er denn dann eigenständig laufen kann – stehen kann er schon alleine für ein paar Sekunden, das ist dann aber so aufregend, dass er vor Schreck wieder umfällt – entdeckte unser Sohn doch noch das Krabbeln für sich. Zumindest eine Art Krabbeln, denn sein rechtes Knie ersetzt er meistens durch seinen rechten Fuß und versucht so irgendwie eine Mischung aus Krabbeln und Laufen. Das Krabbeln überzeugte ihn dann also doch irgendwie – funktioniert ja auch einfach viel besser im Sandkasten und der ist momentan mit Abstand der Lieblingsplatz unseres Sohnes.
Der Zeigefinger ist zum Zeigen da
Im Sandkasten kommt unser Sohn aus dem Staunen überhaupt nicht mehr raus: Da sind überall Dinge, die es zu entdecken gilt. Manchmal sitzt er einfach nur da, beobachtet die anderen Kinder und kommentiert ihr Spiel mit einem unaufhörlichen „da“ während er ganz eindeutig mit seinem kleinen Sandfinger auf sie zeigt. Spätestens jetzt wissen wir, warum dieser Finger Zeigefinger heißt. Er eignet sich wirklich hervorragend zum Zeigen. Unser Sohn erkundet die Welt, er zeigt uns die entdeckten Dinge, er staunt und ist ganz fasziniert. Und wir mit ihm. Die Welt noch einmal mit Kinderaugen sehen – das gehört zum Elternsein dazu, das wussten wir. Aber wie schön es ist, unsere doch so bekannte Welt mit unserem Sohn aufs Neue zu bestaunen, das wussten wir nicht.
Der Löffel ist zum Füttern da
Doch wir staunen nicht nur mit unserem Sohn, sondern auch über ihn. Dass er uns spiegelt, ist keine Neuigkeit mehr. So haben wir uns nicht wenig gewundert als er auf einmal riesengroßen Spaß daran hatte, wenn er dem Vater und mir abwechselnd einen Löffel in den Mund schieben durfte. Dieses Füttern muss ja auch einfach einen Heidenspaß machen, wenn wir Eltern nicht müde werden, ihn tagtäglich zu füttern. Und ja, er findet es toll. Der Vater bekommt immer zwei Löffel, was schon ein wenig gemein ist, aber dann bin auch ich wieder an der Reihe. Dieses Luftfüttern zeigte uns, dass er versteht, wie Dinge funktionieren, dass er Prozesse begreift und sie so nachmacht, wie wir sie vormachen. Wir sind Vorbilder in jeder Hinsicht – diese Rolle können und wollen wir nicht mehr ablegen.
Was uns aber in noch größeres Staunen versetzte und uns ziemlich gerührt hat, war, dass unser Sohn seit ein paar Tagen nicht mehr nur Luft füttern will. Er will mit uns teilen. Wenn er ein Stück Apfel mümmelnd mit uns im Park sitzt, bietet er uns immer wieder an, von seinem Apfel abzubeißen, bevor er sich ihn wieder selber in den Mund steckt. Teilen macht ihm Spaß, sein ganzes Gesicht strahlt nur so vor Freude, wenn wir gemeinsam essen. Nur eines das teilt er nicht, da kennt er wirklich nichts und da ist Futterneid vorprogrammiert: Bananen sind seiner Meinung nach für Babys bestimmt, ganz alleine für Babys. Und damit wir Eltern nicht auf die Idee kommen, wir könnten ein Stück abhaben, schiebt er sie sich in Windeseile in den Mund. Genießen kann man noch früh genug.
Viele Entwicklungsschritte in kurzer Zeit. So faszinierend, so bewegend, so schön. Das verdient Applaus und auch den gibt er sich seit ein paar Tagen selber. Leider klatscht es noch nicht so laut wie bei uns Eltern und manchmal, naja, da verfehlen sich die kleinen Händchen. Aber im Normalfall klatschen die kleinen Händchen mit ganz viel Inbrunst und einem ganz leisen Klatscher.