Die Zukunft muss verrückt sein

Von Freisign

Meine nächste Teilnahme an einer Blogparade. So viel Bewegung hatte ich schon lange nicht mehr. Das Thema lautet diesmal StarWars und Co. - wie sehen wir die Zukunft? Mit dabei: die Crew der USS Enterprise, Roboter, Hungerspiele und Schokolade.

Wir reisen in die Zukunft. Was nehmen wir mit? Eine Sonnencreme mit wirklich hohem Lichtschutzfaktor, denn aller Wahrscheinlichkeit nach haben wir die Ozonschicht weiter zerschossen. Oder nein, in der Zukunft befinden sich alle Städte sicherlich unter einer großen Kuppel, die alle schädliche Strahlung abwehrt. Also keine Sonnencreme. Dafür brauchen wir aber einen ordentlichen Vorrat an Tabletten gegen Übelkeit, denn man muss sich ja erst daran gewöhnen, in so einem fliegenden Auto über den Himmel zu rasen. Oder werden gar keine Fahrzeuge mehr gebraucht und die Menschen teleportieren sich einfach zu ihrem Ziel? Womöglich verlassen die Menschen nicht einmal mehr selbst das Haus, sondern steuern nur noch Roboter durch die Gegend. Es ist wirklich schwer, für die Zukunft zu planen, zumal uns Filme, Serien und Romane ziemlich wiedersprüchliche Vorhersagen vermitteln.

Mein erster, engerer Kontakt mit dem Sci-Fi-Genre und Zukunftsszenarien hatte ich durch die Serie „Star Trek - Das nächste Jahrhundert". Was mich natürlich durchaus geprägt hat. Das klassische „Star Trek" zeigt uns eine Zukunft, in der die Menschheit ihre Probleme bewältigt hat. Es gibt auf der Erde keine Kriege mehr, keine Armut und keine Umweltverschmutzung. Wenn nicht gerade irgendwelche Armleuchter aus dem All herumzicken, läuft auf der Erde alles wie am Schnürchen. Das ist wunderbar, aber auch ein bisschen langweilig. Daher reist die Menschheit ganz gerne mit Raumschiffen durchs Weltall zu bisher unbekannten Problemplaneten, die oft der Erde in anderen Phasen der Geschichte ähneln. Die gigantischen Raumschiffe sind spitzenmäßig bewaffnet und bieten allen Komfort. Ein Ausstattungselement hat mich dabei immer besonders beeindruckt und fasziniert: das Holodeck. Oh ja.

Das Holodeck ist quasi eine Virtual-Reality-Plattform, die der Mannschaft als Zeitvertreib dient. Hier können sich die Raumfahrer in ihrer Freizeit alles erschaffen, worauf sie gerade Lust haben, von einem Golfplatz, über einen Strand bis hin zu einem Dschungel. Sie können ganze Szenarien entwerfen und beispielsweise in die Rolle eines Polizisten im Chicago der 1920er Jahre schlüpfen, in die eines Ritters im Mittelalter oder in die von Sherlock Holmes. Auch wenn es in „Star Trek - Das nächste Jahrhundert" dann und wann Folgen gab, die thematisiert haben, wie äußerst unerfreulich es ist, wenn die Technik des Holodecks verrückt spielt und Pistolenkugeln plötzlich wirklich wehtun, fand ich das Holodeck immer klasse und habe mir oft vorgestellt, ein solches zu Hause zu haben. Verfolgt man die Entwicklungen im Bereich der Virtual Reality (VR), erscheint die Vorstellung, dass es einmal etwas wie ein Holodeck gibt, gar nicht so abwegig, aber dass jemals dessen Perfektion und Komplexität erreicht wird, halte ich für zweifelhaft.

Was mich an der Zukunft, wie sie in „Star Trek: Das nächste Jahrhundert" zu sehen war, hingegen des Öfteren gestört hat, war die Sterilität. Alles war so verdammt sauber und organisiert. Die Political Correctness kam den Charakteren quasi schon zu den Ohren raus. Es schien gar keine normalen Menschen mehr zu geben, nur noch perfekte Befehlsgeber und Befehlsempfänger, die problemlos stundenlang vor einer Konsole sitzen oder stehen konnten, ohne sich zu langweilen, sich über etwas zu ärgern oder einen dummen Scherz zu machen. Natürlich ging durchaus auch mal etwas schief, aber das wurde zumeist durch Einflüsse von außen verursacht, die beseitigt werden mussten. Der Normalzustand war die Sterilität. Da ist eine grandiose Erfindung wie das Holodeck fast schon verschenkt. Ich bezweifle, dass Menschen jemals so gut funktionieren werden und dabei tatsächlich glücklich sind und sich frei fühlen - und ja, ich weiß, dass nicht alle Charaktere der Serie überhaupt Menschen waren, der Großteil aber schon. In einer anderen Serie des Franchises - „Star Trek: Deep Space Nine" - wurde das meiner Ansicht nach besser gelöst.

Puh, ich merke schon, das wird ein ziemlicher ausführlicher Beitrag. Aber falls ihr noch etwas Zeit erübrigen könnt ...

Die Welt hat fertig

Das Gegenstück zu hoffnungsvollen Zukunftsaussichten á la „Star Trek" sind die Dystopien, die zuletzt vor allem im Bereich der Jugendliteratur viel Aufmerksamkeit erregen konnten und dann mit groß beworbenen Verfilmungen die Kinos enterten. Dystopien zeichnen ein sehr negatives, pessimistisches Bild der Zukunft. Die Ressourchen der Erde sind knapp oder zum Teil schon ganz verbraucht, die Menschen leben in einem System der Unterdrückung und Entrechtung, das von irgendeiner übermächtigen Institution, z.B. einem Staat oder einem Konzern, geprägt wird und es ist eigentlich eine total dämliche Idee, überhaupt noch Kinder zu bekommen. In vielen Dystopien haben sich merkwürdige, extrem unethische Praktiken entwickelt, die oftmals dazu dienen, die Bevölkerungszahlen niedrig und das einfache Volk schwach zu halten, während sich die Bonzen sadistisch amüsieren. Eines der bekanntesten Beispiele sind die Hungerspiele aus der „Tribute von Panem"-Reihe, die es für Bücherregale und DVD-Sammlung gibt.

Sind diese Szenarien realistischer als die „Star Trek"-Zukunft? Bringen wir uns in Zukunft noch kreativer gegenseitig um, statt eine Zivilisation aufzubauen, an der sich das ganze Universum orientieren kann? Wo mir „Star Trek: Das nächste Jahrhundert" gelegentlich zu steril war, sind mir viele Dystopien zu abgehoben und werfen bei mir die Frage auf, wieso die Menschen nicht all die Zeit, Energie und Brainpower, die sie in den Aufbau von komplexen Hungerspielen oder ähnlichen Todesshows gesteckt haben müssen, aufwenden konnten, um die ursächlichen Probleme zu lösen. Blicken wir z.B. zurück in die römische Antike. Damals gab es mit den Gladiatorenspielen auch ziemlich mörderische und sehr ausgefeilte Veranstaltungen, die den Zuschauern erschreckend viel Spaß gemacht haben. Gleichzeitig haben die alten Römer aber auch den Straßenbau entwickelt, die Wasserleitung erfunden und die Medizin vorangebracht. Diese Dinge waren es dann auch, die sich durchgesetzt haben. Ich hoffe, dass dies in Zukunft so bleibt.

In einer nicht allzu entfernten Zukunft

Mittlerweile reizen mich besonders solche Zukunftsfilme und -romane, die nicht mehrere hundert Jahre, sondern nur ein paar Jahrzehnte nach vorne schauen und nicht alles komplett auf den Kopf stellen, sondern stärker mit dem arbeiten, was schon da ist. Häufig entwickeln sich daraus Szenarien, die bei weitem keine perfekte Zukunft, aber auch keine Dystopien abbilden. Die einzelnen Kapitel der Menschheitsgeschichte waren in ihrer Gesamtheit eher selten nur schwarz oder weiß, sondern eigentlich immer grau. Es gab und gibt viel Schlechtes, aber auch Gutes, das der Grund dafür ist, dass wir immer noch auf diesem Planeten sind und vielerorts funktionierende Strukturen haben. Ich glaube, wenn man ein einigermaßen realistisches Bild der Zukunft zeichnen will, darf man weder alle Hoffnung über Bord werfen, noch fundamentale Probleme, die wir schon seit Jahrtausenden haben, ignorieren.

Gestern war die Gegenwart noch Zukunft

Nicht nur wir, auch unsere Vorfahren haben sich schon Gedanken über die Zukunft gemacht, die jetzt unsere Gegenwart ist, und ihre Vorstellungen bildlich festgehalten. Ein wunderbares Beispiel dafür sind die „Postkarten aus der Zukunft", die im Jahr 1900 von der deutschen Schokoladenfirma „Theodore Hildebrand und Sohn" herausgegeben wurden. Diese Postkarten zeigen, wie Deutschland im Jahr 2000 aussehen wird ... mit einigen Irrtümern, aber auch Beinahe-Treffern. So hat sich die Idee einer Schiffseisenbahn, die auf Schienen über das Meer fährt, nicht nur nicht durchgesetzt, sie ist auch kaum jemand anderem gekommen. Auf bewegliche Bürgersteige verzichten Stadtplaner auch nach wie vor. Hingegen lag der Künstler mit seiner Idee einer Theateraufführung, die live in die Häuser übertragen wird, ziemlich richtig. Wir nennen das heute Fernsehen. Oder besser wir nannten das Fernsehen, viele nennen es inzwischen Streaming.

Zwei Aspekte finde ich an diesen Postkarten aus der Zukunft, die jetzt 16 Jahre zurückliegt, besonders faszinierend. Zum einen die Tatsache, dass sich der Künstler zwar vorstellen konnte, dass die Menschen in 100 Jahren ihre Häuser nicht mehr verlassen müssen, um ein Theaterstück live zu sehen, er aber offenbar der Überzeugung war, dass die Menschen immer noch die Mode des Jahres 1900 tragen würden. Zum anderen hat sich der Künstler im Jahr 1900 Dinge für das Jahr 2000 ausgemalt, die sich heute viele für das Jahr 3000 vorstellen können, wie z.B. Glaskuppeln über den Städten und ein Nordpol mit kaum noch Eis, der eine Touristenattraktion ist. Gewisse Ideen haben wir einfach schon sehr lange im Kopf. Sie sprechen für bestimmte Ängste und Hoffnungen, die uns antreiben.