Die Zen-Übung nach dem Erwachen

Meister Munan (1603-1676):
"Obwohl unsere Schule Erwachen (satori) als wesentlich ansieht, bedeutet dies nicht, dass du alles erledigt hast, sobald du erwacht bist. Es ist unabdingbar, dein Verhalten gemäß der Lehre zu kultivieren, um den Weg zu vollenden. 'Gemäß der Lehre' heißt, die Grundlagen deines Geistes zu verstehen. 'Verhalten kultivieren' heißt, Einsicht und Wissen zu nutzen, um Hindernisse eingefahrener Verhaltensweisen zu beseitigen. Darum hält man es auch für verhältnismäßig leicht, zum Weg zu erwachen, während das Umsetzen in die Praxis als enorm schwierig gilt. Bodhidharma sagte: 'Es gibt viele, die den Weg kennen, aber nur wenige, die ihn praktizieren.'"
Hakuin (1685-1768):
"Sich auf Zen konzentrieren schmeckt bitter wie eine gelbe Pflaume. Nichts ist ohne Anfang, doch nur wenige gelangen ans Ende. Zen ist nichts, womit man aufhört, wenn man es verstanden hat, oder was man wegwirft, sobald es verwirklicht wurde. Je mehr du verstehst, desto mehr vertiefst du dich in sein Studium. Je mehr du verwirklichst, desto mehr nimmst du auf dich."
Torei Enji (1721-1792):
"Bei der Übung ist der rechte Zeitpunkt wichtig. Es ist wie mit dem Pflügen im Frühling, Unkrautjäten im Sommer, Ernten im Herbst und Lagern im Winter. Wenn dein Frühlingspflügen vollbracht ist und deine Setzlinge des Erkennens der Buddhanatur gut gewachsen sind, wird der Sommer am Wichtigsten, wo du in die Felder des Absoluten pflanzt, und dann dort jätest.   Die 'Felder des Absoluten' bedeuten, dass du deine fest gegründete Meditationskonzentration in angenehmen wie unangenehmen Situationen anwendest, in Aktivität und Ruhe, in Freude und Trauer. 'Jäten' bedeutet, gute wie schlechte Absichten, Verwirrung wie Klarheit zu durchschauen und das große Potential jenseits der Dinge zu verwirklichen, indem man zu einem fein geschliffenen Schwert wird.   Die Beispiele der Alten, auch in Form von Kôan und dergleichen, sollten erst einmal beiseite gelassen werden. Es gab mal einen, der drei Tage und Nächte schlafen sollte, weil ihn die Freude über seine Ermächtigung so übermannt hatte. So etwas schadet nämlich deinen Möglichkeiten auf dem Weg, hüte dich also vor übertriebener Erregung im Angesicht der Geschichten von den Alten. Ein anderer bekannter Lehrer schrieb Empfehlungen für eine dreijährige Zeit des Rückzuges in Stille. Die Altehrwürdigen der Sôtô-Schule ließen ihre Schüler drei Jahre lang das Aufgehen im Relativen wie Absoluten kultivieren, nachdem diese ihre eigene Natur erkannt hatten. Dieses Aufgehen im Relativen und Absoluten nenne ich die Sommer-Übung."
[Quelle: Thomas Cleary (tr.): The Undying Lamp of Zen. The Testament of Zen-Master Torei (Boston 2011)]  

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