Die Zeit vor und nach Corona

Die Corona-Krise ist in aller Munde. Uns interessiert, wie die Leute mit der momentanen Lage umgehen, was sie bewegt und wie sie sich fühlen. Aus diesem Grund haben wir Personen unterschiedlichen Alters und aus verschiedenen Berufsgruppen gefragt, wie sie die derzeitige Situation wahrnehmen und meistern. Allen haben wir dieselben Fragen gestellt. Heute schließen wir die Interview-Reihe mit einer 53-jährigen verheirateten Krankenschwester.

Vielleicht haben euch die Interviews zum Nachdenken angeregt. Möglicherweise könnt ihr euch in manchen Antworten wiederfinden. Eventuell nehmt ihr Anregungen für euch mit. Oder aber ihr findet es einfach spannend, verschiedene Sichtweisen auf die Krise zu bekommen. Denn eins zeigen die Interviews deutlich: Jeder nimmt diese Krise anders wahr. Die eigenen Umstände, die Lebensgeschichte, die Erfahrungen, Wünsche und Sorgen – das alles wirkt sich auf die Betrachtungsweise aus.

? Mit welchem Gefühl wachst du momentan auf?

! Das Gefühl morgens beim Aufwachen gleicht ein wenig dem Gefühl, das ich während meiner Zeit in Köln im Krankenhaus hatte. Ich lag dort, unterbrochen mit kurzen Pausen, von März bis Oktober 2012 zur  Chemotherapie und autologen Stammzelltransplantation. Die ersten Minuten nach dem Aufwachen schien alles gut und normal zu sein. Doch dann traf mich die Diagnose mit voller Wucht. Die tägliche Spirale von Sorgen und Gedanken über die Zukunft ging von vorne los. Niemand konnte mir sagen, ob die Maßnahmen oder Therapien helfen. Ich habe auf Auswertungen der Untersuchungen gewartet und gehofft, dass alles irgendwann wieder so sein wird wie früher.

Ich fühle mich gerade ähnlich wie damals. Als ich fern vom normalen Leben war, möglichst wenig Kontakt zu anderen Personen hatte und keinen Kontakt zu meinem Hund und meinem Pferd. Wenn ich mich in der Öffentlichkeit bewegt habe, dann meistens mit Mundschutz. 

? Mit welchem Gedanken gehst du abends ins Bett?

! Abends denke ich an alle Menschen, die mir nahe stehen. An meine Familie, Freunde, Nachbarn, und Arbeitskollegen. Dabei hoffe ich, dass sie alle gesund bleiben.

? Wie wirkt sich die mediale Berichterstattung auf deine Stimmung aus?

! Ich glaube, dass die Infektionszahlen viel höher sind, als in den Medien berichtet wird. In Indien, Afrika und Lateinamerika leben so viele Menschen in ärmsten Verhältnissen und niemand bekommt mit, wie es diesen Menschen geht. Dort ist die Dunkelziffer bestimmt um vieles höher. Ich verfolge den Anstieg der Zahlen und hoffe auf ein Abflachen der Infektionsrate.

? Inwiefern beeinflusst die derzeitige Situation deine berufliche Zukunft?

! Da ich Krankenschwester bin, befürchte ich keinen Jobverlust. Schon seit Jahren fehlt Personal im Gesundheitswesen. Meine Kollegen und ich leisten viele geplante und ungeplante Überstunden. Zur Zeit ist es besonders schlimm, da immer wieder Personal in häusliche Quarantäne geschickt wird und andere dafür mehr arbeiten müssen.

? Was geht in dir vor, wenn du Corona hörst?

! Es ist erschreckend, wenn man bedenkt, dass Corona innerhalb von kurzer Zeit alles auf den Kopf stellt. Niemand hat sich vorstellen können, dass fast alle Geschäfte, Kinos und Theater, Schulen, Hotels und Restaurants schließen. Der Flugverkehr steht still und die Autobahnen sind so leer wie schon lange nicht mehr. Jedes kleine Kind bis hin zu jedem alten Menschen kennt das Wort Corona. Wenn Corona hoffentlich irgendwann besiegt ist, werden die Menschen von der Zeit vor und nach Corona sprechen. So ist das bei mir und meiner Erkrankung auch. Ich erzähle von der Zeit vor und nach 2012.

Interviews dieser Fragezeit

Die Zeit vor und nach Corona

Die Zeit vor und nach Corona

Das Gefühl morgens beim Aufwachen gleicht ein wenig dem Gefühl, das ich während meiner Zeit in Köln im Krankenhaus hatte. Ich lag dort, unterbrochen mit kurzen Pausen, von März bis Oktober 2012 zur Chemotherapie und autologen Stammzelltransplantation.

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Die heutige Medizin ist in vielen Fällen machtlos

Die heutige Medizin ist in vielen Fällen machtlos

Corona-Viren sind mir zuerst während meines Studiums begegnet. Damals war es nur eine Beschreibung auf einer Karteikarte, zu der ich kaum einen Bezug hatte, geschweige denn ein Gefühl. Heute verbinde ich mit dem Begriff Corona eine unterschwellige Befürchtung.

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Ich fühle mich von den Medien betrogen

Ich fühle mich von den Medien betrogen

Ich kann Corona nicht mehr hören. Deswegen schaue ich sehr wenig Fernsehen oder lese kaum Zeitung. Mein Mann wird gut informiert und leitet mir das weiter. Und vor allem, muss man wirklich keine Maske tragen, wenn man in der Natur alleine spazieren geht.

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Wann kann ich unsere Kinder wiedersehen?

Wann kann ich unsere Kinder wiedersehen?

Wann ist die Corona-Krise vorbei und wann kehrt wieder ein normales Leben mit sozialen Kontakten und geliebten Routinen ein. Und insbesondere frage ich mich natürlich: Wann kann ich unsere Kinder und unser Enkelkind wiedersehen?

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Das ist jetzt unsere Gegenwart

Das ist jetzt unsere Gegenwart

Corona ist jetzt unsere Gegenwart. Und bleibt wohl auch noch eine Weile gegenwärtig. Emotionales Neuland. Irgendwann wird es vertraut und irgendwann Vergangenheit sein. Ich möchte die Chancen, die diese Krise gesellschaftlich auch bedeuten, positiv mitgestalten.

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Leute nehmen das immer noch nicht ernst

Leute nehmen das immer noch nicht ernst

Es ist eine ernste Situation – sowohl aus gesundheitlicher als auch aus wirtschaftlicher Sicht. Ich mache mir Sorgen um mir nahe stehende Personen wie meine Eltern, die zur Risikogruppe gehören. Ich ärgere mich auch, dass Leute weiter rumwandern als sei nichts.

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Zu Hause tanzen ist halt nicht dasselbe

Zu Hause tanzen ist halt nicht dasselbe

Es weiß momentan einfach niemand, wohin es gehen wird. Wir schwimmen alle irgendwie gemeinsam und hoffen, in die richtige Richtung zu treiben. Wie soll man bei so viel Unsicherheit denn nicht ein bisschen genervt sein und Langeweile und Brechreiz verspüren.

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Ich habe gelernt, mich zu schützen

Ich habe gelernt, mich zu schützen

Ich denke, Corona hat gute Chancen, seit Menschengedenken das meistgebrauchte Wort zu werden. Die Welt verändert sich, noch nie war das Leben so heruntergefahren. Mögen wir Menschen endlich verstehen, welche riesengroße Chance zum Umdenken und zur Umkehr darin liegt!

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Wir versuchen, als Familie das Beste draus zu machen

Wir versuchen, als Familie das Beste draus zu machen

Ich versuche, die Nachrichten zu reduzieren und mich und meine Familie mit schönen Dingen und etwas Alltag, sofern möglich, zu beschäftigen. Es würde mich sonst zu sehr bedrücken und das hilft dann keinem weiter. Zumindest nicht meiner Familie und meinen Freunden.

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Wie viel schlimmer ist es heute als es gestern war?

Wie viel schlimmer ist es heute als es gestern war?

Ich kann es schon nicht mehr hören und da geht es nicht nur mir so. Man hört und liest es ja überall gerade und es wird langsam zu einer Art Voldemort, das Wort, das nicht genannt werden darf. Aber es gibt gerade schlimmeres, als von einem Wort genervt zu sein.

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