Gibt es ein unpassenderes Fest als Weihnachten, wenn ein Kind krank wird? Zum Geburtstag lässt sich das verschmerzen, das ist nur ein Tag, und wer hat nicht schon einmal seinen Geburtstag nachgefeiert? Ostern? naja, sind wir ehrlich: ganz abgesehen davon, dass unsere Jüngsten eh keine Ahnung haben, was da gefeiert wird (eine Geburt lässt sich da noch ganz gut verkaufen), stört es vor allem die Eltern, wenn die Kinder krank werden. Ostern ist so ideal zum Wegfahren.
Aber Weihnachten? Lässt sich nicht nachfeiern. Ganz doof. Und vor allem dieses Jahr: Effektive fünf Tage am Stück Feiertagsstimmung (wertfrei, ob gut oder schlecht). Morgen am Samstag: krankes Kind, ganz schlecht – schließlich muß noch der Großeinkauf her. Und ab Sonntag bis Mittwoch ist nur noch Vorbereitung, Kochen, Backen, Bescherung, Spielen und Verdauen. Keine gute Zeit für spuckende oder rotzende, genervte Kinder.
Ganz abgesehen von der Freude am Fest. Wer schon mal einen grippigen sechsjährigen Melvin auf der Couch sitzen hatte, während im Hintergrund Sinatra aka Bublé “Merry little christmas” trällert, Vater verzweifelt versucht, die Kerzen auf dem Weihnachtsbaum gerade zu stecken, damit der Korkboden nicht komplett vertropfwachst wird, und Mutter noch schnell das vergessene Großpaket von Oma Annelie aus dem Heizungskeller holt, das dort seit Allerheiligen versteckt ist – der weiß, was krankes Weihnachten ist.
Gehuste und Gerotze, Gespucke und Gekratze, Gefiebere und … naja, was noch so aus einem kranken Körper kommen kann. Melvin ist müde, paracetamol-benebelt und fiebrig-überdreht, sein Vorschulwissen zerrt in ihm zwischen Bettgehzeit und Ausharren der Geschenke. Die kleine Schwester – kerngesund – singt zum hundertsten Mal “Schimmel bellt, Schimmel bellt” und hüpft ihm mit der Pippilotta-Puppe auf dem virusgeblähten Bauch herum. Kein Fernlenkauto kann ihn jetzt beglücken.
“Herr Dokter, Herr Dokter, jetzt komme ich schon zum dritten Mal in dieser Woche, und der Husten ist immer noch nicht weg”, reisst mich Frau Schwieberding aus meinen vorweihnachtlichen Gedanken.
“Wunder gibt es erst nächste Woche”, sage ich lächelnd und schenke Melvin einen Schoko-Schneemann (klein). Er grinst mich an und wird schon wieder gesund bis zum Heiligen Abend. Ganz anders als in meinen Tagträumen. Da bin ich zuversichtlich.