von Simon Argus
Einige Mitglieder des DFB haben ja bereits ihre Meinung darüber kundgetan, was sie von Südafrika als Austragungsort der Fußball-WM halten. "Zu gefährlich" oder "nicht unser Standard" waren die einschlägigen Kommentare. Auch von anderer Seite kommen skeptische Stimmen: Was ist eigentlich der Nutzen der WM für Südafrikas Entwicklung? Kostet das Turnier nicht viel zu viel für solch ein "armes" Land - und was bleibt, sobald die Spieler und Fans wieder abgereist sind? Nichts desto trotz wird das Turnier in wenigen Tagen beginnen. Und es gibt tatsächlich gute Gründe dafür, von einem nachhaltigen Nutzen auszugehen.Noch größer als die olympischen Spiele - zumindest was Zuschauerzahlen und Medieninteresse angeht - das ist die Fifa-Fußball-WM. Nachdem die Deutschen der Welt vor vier Jahren zeigten, wie sowas gemacht wird, haben sich viele von ihnen seither gegenüber dem neuen Gastgeber Südafrika relativ unsportlich verhalten: Zeitweise kamen Vorschläge auf, die Sache doch einfach wieder selbst zu übernehmen - damit auch was draus wird.
Doch allen Unkenrufen zum trotz: Die Stadien sind fertig, die WM kann beginnen. Das deutsche Team wird sich davon überzeugen können, dass ihre "gewohnten Standards" erfüllt - und was das Wetter angeht wahrscheinlich auch locker übertroffen werden. Bleibt die Frage nach dem Nutzen: Ist es sinnvoll einem Schwellenland die Austragung eines solch gewaltigen Ereignisses anzutragen? Hier müssen sicherlich viele verschiedene Dimensionen betrachtet werden: Die wirtschaftliche, die politische, die gesellschaftliche - und möglicherweise noch eine Handvoll weiterer. Was man bereits mit Sicherheit sagen kann: Die Südafrikaner freuen sich auf die WM und sind stolz, sie auszutragen. In einem ethnisch sehr uneinheitlichen Vielvölkerstaat ist das einigende Moment dieser WM nicht zu unterschätzen.
Ein weiteres Positiv-Beispiel zeigt sich in der internationalen Entwicklungszusammenarbeit (EZ). Während es bislang in der Regel jedem Austragungsland selbst überlassen war, sich auf das große Fest vorzubereiten, hat sich nun zum ersten Mal ein institutionalisiertes Netzwerk gebildet: Zwischen dem letztmaligen Gastgeber Deutschland und Südafrika. Die Steuerung dieser Zusammenarbeit liegt beim Projekt "Partnerschaft mit Kick" des BMZ und seiner Durchführungsorganisationen DED, Inwent und GTZ. Und das geht so:
Neun südafrikanische Kommunen werden in diesem Jahr Gastgeber sein und müssen sich darauf vorbereiten. Dafür nehmen sie die Experten aus Deutschland in Anspruch, die selbst vor vier Jahren ihre Erfahrungen gesammelt haben. Es geht jedoch nicht nur um die Organisation während der Spiele selbst. Vielmehr müssen kommunale Strukturen, z.B. Nahverkehrssysteme, Katastrophenschutzpläne und vieles mehr von Grund auf neu etabliert werden - mitsamt dem nachhaltigen Nutzen, den das für die betroffenen Kommunen noch lange nach den Spielen haben wird.
Zu den Themenfeldern gehören die operationale Planung, Verkehrsplanung und Sicherheit genauso wie die Entwicklung von Marketing- und Tourismuskonzepten, Themen des Umweltschutzes (beim Stadionbau, bei der Wasserver- und Müllentsorgung) und schließlich das in Deutschland erstmals im großen Rahmen entwickelte Public-Viewing. Letzteres hat in Südafrika besondere Bedeutung, kann sich doch nur ein kleiner Teil der Bevölkerung ein Ticket für die Stadien leisten. Insgesamt wurden 70 deutsche Experten über das Programm des BMZ "Partnerschaft mit Kick" entsandt und über 150 Workshops oder Direktberatungen durchgeführt.
Insgesamt soll es sich um eine Partnerschaft "auf Augenhöhe" handeln, zum einen Weil der deutsche Feuerwehrmann den südafrikanischen Feuerwehrmann direkt berät, zum anderen, weil sich auch die deutschen Experten neue Erfahrungen von dem Austauschprogramm erwarten. Und die Partnerschaft soll auch der deutschen Öffentlichkeit etwas bringen: Im Rahmen der "entwicklungspolitischen Bildungsarbeit" wird die aktuelle Aufmerksam für Südafrika vom BMZ genutzt um auf zahlreichen Veranstaltungen Bewusstsein und Interesse der Deutschen für das Thema zu stärken.
Wie viel dieses Projekt tatsächlich bringt lässt sich freilich erst nach den Spielen klären. Interesse weckt es bereits in Brasilien - dort ist man für die WM 2014 an einer ähnlichen Partnerschaft interessiert. Dann dürfte auch Südafrika an Bord sein - diesmal als Experte für die Austragung von Weltmeisterschaften.
Bilder: (oben) Stadionbau in Kapstadt vor 2 Jahren, (unten) Fußballspielende Mädchen und Jungs im Township Khayelitsha (eigene Bilder)
Im Netz: Die " Servicestelle Kommunen in der Einen Welt" von InWEnt zur Partnerschaft mit Kick.