Die Welt wird nicht vegan!

Angesichts der Tatsache, dass es sich hier um eine Hundeseite handelt, mag für manchen schon diese Überschrift seltsam anmuten. Hund und VEGAN, das geht ja mal gar nicht!! Die Welt wird nicht vegan!

Egal, in welche Richtung man eine Meinung äußert, man trifft natürlich immer auf Gegenwind. Das ist normal und das ist gut so. Nur in der Kritik und auch in der Diskussion werden Standpunkte hinterfragt, geprüft und durchaus auch mal korrigiert. Was solche Diskussionen jedoch lähmt oder gar unmöglich macht (und damit auch „unfruchtbar“ werden lässt), ist Dogmatismus. Festgefahrene Einstellungen also, die keine weitere Entwicklung zulassen.

Viel Fleisch für Hunde?

Grundsätzlich bin ich dagegen, Hunde mit großen Fleischmengen zu füttern. Warum das so ist, habe ich vor allem in meinen Artikeln Warum ich gegen Barf bin und Warum ich immer noch gegen Barf bin, erläutert. Wie man an der langen Kommentarliste – besonders unter dem ersten Beitrag – sieht, wurde ich für diese Einstellung vor allem von überzeugten Barfern heftig kritisiert.

Kein Fleisch für Hunde?

Das ist das andere Extrem. Erst kürzlich habe ich auf Facebook einen Beitrag geteilt, in dem eine Jägerin zu Wort kam. Prompt kamen viele Kommentare darüber, wie schlimm Jagen ist, dass man Tiere nicht töten darf, dass die Menschen furchtbar schlecht sind, usw. Wieder geht es um eine extreme Sichtweise, diesmal in die andere Richtung, die ich SO definitiv ebenfalls nicht teile.

Die Welt wird nicht vegan!Warum das so ist – also warum ich meine, dass es ok ist, dass Menschen Fleisch essen und auch ihre Hunde damit füttern, dass man Nutztiere hält und dass es meiner Meinung nach auch niemals dazu kommen wird, dass alle Menschen (und somit auch ihre Haustiere) vegan leben, erfährst du im Folgenden:

Evolution – wer sich anpasst, überlebt!

Warum sind wir wer und wie wir sind? Das ist meiner Meinung nach eine wichtige Frage, die viele vergessen zu stellen, wenn sie sich eine (extreme) Meinung zu Ernährungsformen bilden.

Der Mensch hat sich über Millionen von Jahren vom Australopithecus, dem bislang ältesten bekannten Vorfahr des Menschen, zu dem entwickelt, was er heute ist. Es hat seine Gründe, warum die Menschen im Laufe der Zeit zum „Aufrechtgeher“ wurden, ein größeres Gehirn entwickelten, Werkzeuge bauten, das Feuer „zähmten“, Landwirtschaft entwickelten, moderne Erfindungen machten und schließlich auch das Zeitalter der Industrialisierung stattfand.

Wissenschaftler vertreten heute die Meinung, dass die Fähigkeit, verschiedenste Nahrungsmittel verwerten zu können, wahrscheinlich dazu beigetragen hat, dass neue Lebensräume überhaupt erobert werden konnten. Entsprechend haben sich die Menschen weltweit auch unterschiedlich entwickelt und es fanden unterschiedliche Anpassungen statt, je nach den geographischen und klimatischen Gegebenheiten.

Lebten die frühen Menschen vegan?

Nö. Schon Australopithecinen vor 4 Millionen Jahren sollen geringe Mengen tierischer Nahrung zu sich genommen haben. Als dann vor etwa 2 Millionen Jahren der Homo entstand, wurde auch das Klima trockener, was dazu führte, dass die Vegetation karger wurde. Dadurch wurde das Jagen einfacher und die Menge an konsumierten tierischen Nahrungsmitteln stieg an. Die Menschen wurden nun Jäger und Sammler.

Diese frühen Menschen waren schlauer als andere Tiere. Sie entwickelten Werkzeuge, mit denen sie jagen konnten und mit denen sie auch die Nahrungsbestandteile zerkleinern konnten. Sie lernten, dass Nahrungsmittel mit dem Feuer in ihrer Verdaulichkeit gesteigert werden können. Ihr Gehirn wurde größer, sie wurden klüger, wodurch ihr Bedarf an Energie und auch anderen Nährstoffen anstieg. Je nach klimatischen Bedingungen unterschieden sich die Mengen der tierischen Anteile in der Nahrung.

Dann kam vor etwa 10.000 Jahren die neolithische Revolution. Die Menschen entwickelten die Landwirtschaft und konnten so gezielter nutzen, was die Natur ihnen zur Verfügung stellte. In diesem Zuge fingen sie auch an, Nutztiere zu halten und zu züchten. Damit konnten sie einerseits auf in schlechten Zeiten ihr Überleben sichernde Nahrungsquellen wie Milch zurückgreifen, mussten andererseits keine anstrengende Jagd in Kauf nehmen, um an Fleisch zu kommen. Aber da ein geschlachtetes Rind nun mal ein geschlachtetes Rind ist, war und blieb Fleisch ein wertvolles Nahrungsmittel.

Aber nicht nur das Säugetier Mensch, auch die anderen Tiere entwickelten sich, passten sich an oder nicht, überlebten oder nicht. Wer tierische Nahrungsmittel jagen und verzehren möchte, benötigt entweder ein entsprechendes Gehirn und körperliche Fähigkeiten, um Werkzeug etc. herstellen zu können, oder er muss mit seiner anatomischen Ausstattung punkten können.

Die Welt wird nicht vegan!

Wer solche Feinde hat, die ihn jagen wollen, muss schnell laufen können und wendig sein, oder sich tarnen können. Wer pflanzliche Nahrungsmittel verwerten möchte, muss einen  entsprechenden Verdauungstrakt haben. Und wer es einfach haben möchte, muss sich ausgesprochen gut anpassen können, wie der Hund zum Beispiel, der seit etwa 20.000 – 40.000 Jahren an der Seite des Menschen ist.

Wären die Menschen Veganer, hätten sie sicher nicht diesen riesigen Umweg über die Industrialisierung der Nahrungsmittel genommen, sondern wären das gleich von Anfang an gewesen und geblieben. Ihre Fähigkeit, sowohl tierische als auch pflanzliche Nahrungsmittel zu nutzen, hat ihnen ganz bestimmt manches Mal das Überleben gesichert. Warum sollte das jetzt plötzlich anders sein? Das gleiche trifft meiner Meinung nach auf Hunde zu.

Der moderne Mensch hat den Luxus der Wahl

Heute müssen wir uns kaum noch den natürlichen Gegebenheiten anpassen. Vor etwa 100 Jahren, mit dem Beginn der Industriealisierung, haben wir dieses Naturgesetz umgedreht. Wir haben aufgehört uns anzupassen und versuchen, die Natur an UNSERE Bedürfnisse anzupassen. Dass da etwas schief läuft und das nicht ganz richtig sein kann, sehen wir an der Vielzahl Probleme, mit denen wir heute zu kämpfen haben. Doch bei der Lösung dieser Probleme können uns extreme Sichtweisen in die eine oder andere Richtung sicher nicht weiter helfen …

Was würde passieren, wenn die ganze Welt vegan leben würde?

Vegan leben bedeutet, auf die Nutzung sämtlicher tierischer Produkte zu verzichten, was einen ziemlichen Batzen Konsequenzen nach sich ziehen würde. Hier nur mal ein paar davon:

Über kurz oder lang würden sämtliche vom Menschen gezüchteten Nutztierrassen aussterben. Keiner züchtet Rinder, Schweine oder Schafe und Ziegen, wenn ihm das nichts bringt. Naturvölker, die sich vorwiegend mit tierischen Nahrungsbestandteilen ernähren, weil sie einfach kaum anderes zur Verfügung haben, wie z.B. die Massai in Afrika oder die Inuiten in der Arktis würden wohl auch aussterben.

Adieu Weiden …

Die Natur würde sich dort, wo keine Landwirtschaft betrieben wird, das Land „zurückholen“. Wiesen und Weiden würde es nicht mehr geben, denn diese sind abhängig von der „Pflege“ der Weidentiere. Das würde sich vielleicht sogar negativ auf das Klima auswirken, denn die Weiden sind ja wichtige Kohlenstoffspeicher.

Die Ernährung würde sich schwierig gestalten, denn einfach essen, was zur Verfügung steht, würde dann nicht mehr funktionieren. Kinder, Kranke, Alte, Geschwächte lassen sich nur schlecht gesund vegan ernähren, sie wären wohl auf synthetische Nährstoffe angewiesen.

Synthetischer Ersatz

Die Vielfalt unserer Nahrungsmittel würde durch viele synthetische Produkte vielleicht „verwässert“ werden, das sieht man schon jetzt an den vielen „Ersatzprodukten“ mit oft nicht gerade wenigen Zusatzstoffen, die man in den Regalen für vegane Nahrungsmittel so findet.

Die Welt wird nicht vegan!

Und was würde mit unseren Wäldern passieren, ohne die Jäger, die den Bestand regulieren? Würden die Raubtiere zurückkehren in unsere Wälder? Würden sie die Arbeit des Jägers zufriedenstellend übernehmen? Was würden wir davon halten, wenn wir in unserer dicht besiedelten Welt überall einem Wolf begegnen können? Käme damit wirklich jeder überzeugte Veganer klar?

Adieu Haustiere …

Haustiere halten würde zunehmend schwierig werden. Einen Hund vegan ernähren mag noch angehen, obwohl man da überhaupt nicht weiß, wie sich das langfristig auswirken würde. Eine Hunderasse, die auf Hawaii über hunderte Jahre vegan ernährt wurde, starb irgendwann aus. Jagdhunde und andere ähnliche Nutzrassen würde wohl ebenfalls aussterben. Keiner braucht noch Jagdhunde, wenn nicht mehr gejagt wird.

Katzen vegan ernähren geht eigentlich gar nicht. Katzenhaltung würde also fast schon unmöglich werden. Mäuse jagen können ja auch nicht alle Katzen und ob es so viele Mäuse gibt, um alle hunderte Millionen Katzen weltweit zu versorgen, ist fraglich. Natürlich kann man synthetische Ergänzungsmittel einsetzen, um die fehlenden Nährstoffe zu ergänzen. So wie auch bei den vegan ernährten Kindern, Kranken und Alten.

Attila Hildmann, der „Guru“ der Veganer, bezeichnet fleischfreie Katzenernährung sogar als Tierquälerei und meint, das wäre ein „Fall für die Behörden“.

Nur … wenn alle Menschen vegan leben und keine Tiere mehr geschlachtet werden, wo bitteschön sollte dann das Fleisch für die vielen Katzen herkommen? Und kämen wir als Veganer überhaupt noch damit klar, dass unsere Katzen Mäuse oder Vögel töten?

Und dann … eines Tages … würden wir uns dann daran stören, dass Wölfe, Löwen und andere Raubtiere Rehe, Antilopen und Zebras reißen? Dass sie Tiere töten, um überleben zu können? Wenn Tiere töten nicht ok ist, gilt das dann auch für Raubtiere?

Extreme sind keine Lösung!

Extreme haben selten das Potential, dauerhaft wirklich Probleme zu lösen. Menschen, die für sich selber entscheiden, aus welchen Gründen auch immer vegan zu leben, können das tun. Nur sollten sie keine extremen Ansichten auf die ganze Welt umlegen, das nützt der Welt nämlich gar nichts.

Selten werden solche Gedanken wie „Man darf keine Tiere töten“, „Menschen dürfen nicht über Tiere bestimmen“, „Man darf kein Fleisch essen“, „Alle Tiere sollen frei sein“ oder ähnliches zuende gedacht in all ihrer ganzen Konsequenz.

Kaum jemand schaut wirklich einmal über den Tellerrand. Ist das Leben einer Robbe mehr wert als das eines Inuiten? Und der Eisbär? Darf der Eisbär Robben fressen? Steht das Recht des Tieres über dem des Menschen? Dürfen Tiere andere Tiere töten, Menschen aber nicht? Was passiert, wenn wir keine Nutztiere mehr halten? Kann man die Welt „veganisieren“?

Sogar Astrid Lindgren hat in ihrem kürzlich neu aufgelegten Buch gegen die Massentierhaltung die Meinung vertreten, es wäre durchaus eine gute Sache, dass Menschen Nutztiere auch für ihre Nahrung verwerten können, vorausgesetzt sie übernehmen auch die Verantwortung. Verantwortung heißt natürlich, sich gut um diese Tiere zu kümmern und dafür zu sorgen, dass sie ein artgerechtes, möglichst leidfreies Leben führen können. Allein wenn wir diesen einen Ansatz alle verfolgen, können wir eine riesige Menge unserer Probleme lösen.

Kommen wir noch einmal zurück zum Anfangs erwähnten Jäger … was wäre für das Reh wohl der schlimmere Tod? … Friedlich auf der Wiese grasend, plötzlich einfach tot umzufallen, hervorgerufen durch des Jägers gut gesetzten Schuss oder von einem Wolfsrudel gehetzt und in die Enge getrieben, um dann nach gefühlter Ewigkeit endlich den tödlichen Biss zu erhalten …


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