Die Welt vor der Apokalypse

Die Welt vor der Apokalypse

388 Milliarden Dollar Schaden entstehen pro Jahr durch Internetbetrug – ein Markt, größer als der Schwarzhandel mit Marihuana, Kokain und Heroin. Tag für Tag werden eine Million Nutzer Opfer von Cyberverbrechen. Hacker-Vereinigungen wie Anonymous, die mit ihren Angriffen (aus eigener Sicht) hehre Absichten verbinden, lassen internationale Großunternehmen wie Sony erzittern. Gleichzeitig nehmen die Attacken krimineller Vereinigungen mit mafiösem Hintergrund drastisch zu.

Im September wurde bekannt, dass eine riesige gekaperte Computerflotte (ein sogenanntes Bot-Mining-Netz) einen konzertierten Angriff auf mehrere deutsche Internetseiten verübte. Ziel der Attacke: Die Erpressung von Lösegeld.

Aktuelle Meldungen, die Ängste schüren, einem Buch wie Zeitbombe Internet allerdings einen idealen Nährboden bereiten. Hinter der Schrift wider das Internet stehen die beiden Zeit-Redakteure Thomas Fischermann und Götz Hamann. Wie ernst es ihnen mit dem Thema ist, lässt sich an der aufwendigen Internetpräsenz zum Buch ablesen.

Was kann man gegen Facebook tun?

Kurz umrissen bauen die beiden Autoren ein Bedrohungsszenario auf, das Seite für Seite düsterer wird. Garniert mit Experteninterviews (Microsoft-Sicherheitschef Thomas J. Campana, US-Sicherheitsexperte Richard A. Clarke) und Kurzporträts (Facebook-Gründer Mark Zuckerberg in Berlin) rollen sie eine lange Mängelliste mit Datenlecks, fehlender Privatsphäre und unterwanderten Unternehmen aus. Und diese öffnet, so die Autoren, kriminellen Vereinigungen Tür und Tor.

Das Werk von Fischermann und Hamann gerät zu einem Rundumschlag: Facebook, einem Netz voll «Selbstdarsteller und Narzissten», wollen die Autoren am liebsten den Garaus machen. Den Nationalstaaten werfen sie vor, ihrer Verantwortung nicht nachzukommen und der Werbeindustrie bei der Erschaffung riesiger Datenreservoirs freie Hand zu lassen. Durch die Bestrebungen der großen Konzerne Amazon, Apple oder Google, eine immer vernetztere Welt zu erschaffen, sei inzwischen ein fragiles Gebilde mit großen Gefahren entstanden.

Die Kernthese der beiden Autoren lautet: Das Ur-Internet war nie für die jetzigen Anforderungen ausgelegt. Was die Zeit-Redakteure zu ihrer scheinbar simplen Schlussfolgerung führt: Ein neues Netz muss her. Oder zumindest ein zweites. Neben dem bisherigen soll ein ergänzendes Internet seine Benutzer nur noch nach Sicherheitskontrolle einlassen.

Ein durchaus sinniger Vorschlag, der jedoch gleichzeitig die große Leistung des Internets verkennt, nämlich seinen freiheitlichen und kollaborativen Charakter. Daher sorgte das Buch kurz nach seiner Veröffentlichung auch für einen kleinen Aufschrei im Netz. Viele Webaktivisten warfen den beiden Autoren Weltfremdheit vor. «Es ist überaus interessant, zu sehen, wie sich durch die Brille mittelalter Printredakteure dieses Internet so verhält», schreibt etwa Markus vom Blog netzpolitik.

Ein Buch, welches ein ganzes Medium so marktschreierisch diabolisiert wie Zeitbombe Internet, muss sich stets den Verdacht verkaufsfördernder Marketingstrategie und Panikmache gefallen lassen. Trotzdem ist Zeitbombe Internet kein effekthaschendes Werk, denn die geschilderten Bedrohungen sind real und nehmen, die täglichen Nachrichten als Maßstab gesehen, tatsächlich kontinuierlich zu. Zumindest zur individuellen Sensibilisierung seiner Leserschaft trägt das Buch so einen guten Teil bei.

Titel: Zeitbombe Internet
Autoren: Thomas Fischermann und Götz Hamann
Verlag: Gütersloher Verlagshaus
Seiten: 255
Preis: 19,99 Euro
Erscheinungsdatum: bereits erschienen

Quelle:
Nachrichten -
Medien Nachrichten -
«Zeitbombe Internet» – Die Welt vor der Apokalypse

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Tags: Götz Hamann, Thomas Fischermann

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