Die Welt entdeckt die armen Reichen

Die armen Reichen in Deutschland, sie können einem echt leid tun! Nur weil sie mit Gier und List, Skrupellosigkeit und ja, manche vielleicht sogar durch eigene Arbeit – in der Regel aber eher durch die ihrer Vorfahren – so viel Geld zusammengerafft haben, dass sie jeden und alles kaufen können, heißt das doch nicht, dass sie schlechte Menschen sind. Und doch unterstellt man ihnen Faulheit und Müßiggang, Verdorbenheit und Dekadenz. Das ist ungerecht, findet die konservative Welt. Und deshalb hat sie unter dem Titel In Deutschland sind die Reichen die Bösen eine Lanze gebrochen für diese diskriminierte, immer wieder verkannte und verleumdete Klasse. Als ob die Reichen sich nicht selbst helfen könnten. Die wischen sich doch mit der Welt noch nicht mal den Arsch ab.

Wenn es eine Klasse gibt in Deutschland, die sich selbst helfen kann, dann sind das ja doch wohl die Reichen. Denen ist sowas von schnurzpiepegal, ob sich das Klima in Deutschland gegen Reichtum und Luxus verschärft, solange sie von den zahlreichen, eigens für sie installierten, Privilegien profitieren können. Etwa einer vergleichsweise lächerlichen Erbschaftssteuer. Oder der Tatsache, dass auf Miet-, Zins- oder sonstigen Kapital-Einkünften nur ein Bruchteil der Abgaben erhoben wird, die auf Einkommen aus abhängiger Arbeit entrichtet werden müssen. Die armen Reichen werden auch in diesem Lande umworben, hofiert, verehrt und mit äußerster Nachsicht behandelt, dass es für weniger gut Situierten kaum auszuhalten ist. Und das, obwohl die richtig Reichen lieber in der Schweiz, in Monaco oder auf irgendwelchen Karibik-Inseln ihr Leben genießen, wie die High Society das eben zu tun beliebt. Was interessiert die das Klima in Deutschland? Zumal das schon in meteorologischer Hinsicht derzeit wenig Attraktives für den Müßiggang zu bieten hat.

Aber die Welt sieht natürlich immer nur das Negative. Diese hässliche Neiddebatte etwa, mit der die Reichen daran erinnert werden könnten, dass nicht jeder Mensch in diesem Lande ihnen ihren Reichtum auch von Herzen gönnt. Das ist schon gemein. Dabei können die armen Reichen doch nichts dafür, dass die weniger Reichen halt arme Eltern hatten und/oder schlicht zu doof waren, sich ein Schlecker-, ein Maschmayer- oder ein Schickedanz-Imperium aufzubauen. Wer in Deutschland unbedingt reich werden will, kann das doch schaffen. Er muss nur Arschloch genug sein, um sich das Geld einfach zu nehmen, mit dem andere offenbar nichts Vernünftiges angefangen können.

Und dann diese Medien!

Bei den Öffentlich-Rechtlichen dagegen wird im Gewand der Sozialreportage mit denkbar unoriginellen Klischees aus Kampen, von der Maximilianstraße oder irgendwelchen Golfklubs eine Schwarz-Weiß-Realität konstruiert, in der vermeintlich Reiche in der Regel als Insolvenzverschlepper, Steuersünder oder FDP-Sympathisanten vorgeführt werden. Dabei ist kein Motiv von der brechtschen Resterampe abgedroschen genug.

Natürlich käme ohne ARD und ZDF kein Mensch auf die Idee, dass Insolvenzverschlepper, Steuersünder oder FDP-Sympathisanten ausgerechnet der Kaste der besonders Reichen zugehörig sein könnten – wie man weiß, sind das bestenfalls Neureiche vom Schlage Schlecker (Insolvenzverschleppung), Zumwinkel (Steuersünder) oder äh – mir fällt spontan kein prominenter FDP-Sympathisant ein, der nicht schon FDP-Mitglied ist – aber man mag mir zugute halten, dass ich mich in diesen Kreisen nicht so gut auskenne. Lustig ist auch die Verunglimpfung bürgerlicher Medien:

Der Wohlhabende wird in der Bundesrepublik weniger als Leitbild einer Gesellschaft empfunden, wie in England oder den USA, sondern als ein Fehler des Systems, eine wirre Laune der Natur wie der Marktwirtschaft. Neu ist dieser Sound in seiner Massiertheit auch in vermeintlich bürgerlichen Medien, in denen ein Besuch im Villenviertel zu einer Reise in die Heimat stehen gebliebener Honoratioren stilisiert wird.

Eine wirre Laune der Natur – schön wärs! Das hat mit Natur so viel zu tun wie ein Zoo mit dem gerade aussterbenden Regenwald. Nichts ist natürlich an dieser Marktwirtschaft, nichts ist gottgegeben am Reichtum der Besitzenden. Von der prinzipiellen Schwierigkeit, die Existenz einer Gottheit zu beweisen, mal ganz abgesehen. Da sieht man aber auch gleich mal die Schwächen der bürgerlichen Kritik: Die sagt nämlich, dass im Grunde schon alles in Ordnung gehen könnte, mit dem herrschenden System, wenn es nur nicht so schreckliche Exzesse geben würde.

Das Gehalt des VW-Vorstands Martin Winterkorn gilt als Schreckensbeispiel, und doch genügt ein Blick auf den Wolfsburger Konzern und dessen Bilanzen, um zu ahnen, dass die Entlohnung nicht abgekoppelt ist von der Leistungs- und Verantwortungsfülle dieses CEOs. Um es ein wenig polemisch zu formulieren: Der aktuelle Chef von Peugeot/Citroën würde in Wolfsburg wohl zu günstigeren Konditionen antreten. Aber das Gute ist, dass die Lohnfindung in der freien Wirtschaft die Politik nichts angeht.

Das wäre ja noch schöner! Aber mein Lieblings-Wirtschafter, Herr Professor Sinn, hat ja schon vor längerer Zeit erklärt, dass es eine absurde Idee sei, dass ein Mensch von seiner Arbeit leben können müsse – dieser Gedanke kommt in der reinen (Wirtschafts-)Lehre entsprechend auch nicht vor. Lohn ist das, was der Kapitalist halt zahlen kann, damit bei seinem Geschäftsmodell noch eine anständige Rendite bleibt. Wenn der Arbeiter davon nicht existieren kann, ist das doch nicht die Schuld des Arbeitgebers!!! Dann hat der Markt versagt. Oder die Politik. Oder die Gesellschaft, die grausame, die die Verlierer nicht lieben will, es sei denn, sie ist grün oder sozialdemokratisch. Die lieben Verlierer – und sie sorgen dafür, dass es weiterhin genügend davon gibt! Das ist nämlich auch ein Gechäftsmodell.

Das erklärt auch, warum der Schluss der Welt auf ärgerliche Weise leider zutreffend ist, obwohl ich das Motiv in keinster Weise teile:

Die sozialen Unterschiede nerven die Deutschen, dabei müssen sie lernen, sie zu akzeptieren – oder aber einzuebnen. Da sich die FDP als mögliche Schutzmacht vor einer Umverteilung im Bund noch im Wachkoma befindet, ruhen die Hoffnungen der von Enteignung Bedrohten auf Angela Merkel, die sich dem aktuellen Populismus bislang verweigert. Die Opposition aber, von der SPD über die Grünen bis zur Linken, freut sich über das gemeinsame Feindbild und überbietet sich in Sachen Anleihen, Steuern und Abgaben. Es ist ihre Schlammschlacht, und es sieht so aus, als sollte sie gewinnen.

Also, alle die nicht wollen, dass die gewinnen, müssen etwas tun! Einer kommunistischen Bewegung beitreten, Revolution machen, wenigstens Anarchist werden! Wir können doch weder die Reichen, noch die Blöden gewinnen lassen!



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