Die Drummerin Agnieszka Engelsdorf gibt mit ihrem Schlagzeug den Takt an. Sie und die Soundcollagen Clemens Nicols bilden das Herz der Aufführung, indem sie mit ihren unerbittlich minimalistischen Rhythmen Zeit und Bewegung herausfordern. Ein überdimensionaler Flatscreen ist Drehbühne und Projektionsfläche für alle Orte, an denen Finanz- und Wirtschaftsmanager vermutet werden, sei es das Wolkenkratzerbüro oder die Running Sushi Bar. Das Setting ist klar und der überzogen aufgeklärte bis ironische Duktus der Figuren zeichnet grob unsere Vorstellungen von unmoralischen Bankern in Ratingagenturen nach. Die damit verbundene Wirtschaftssprache wird nachgeahmt, wird aber leider so belassen. Diese weiterzuführen, auszustellen oder als eine sich selbst entlarvende Sprache vorzuführen, wie Kathrin Röggla dies etwa in „wir schlafen nicht“ getan hat, wäre für mich interessanter gewesen. So war der Inhalt des Gesagten, wie etwa die Entwicklung einer neuen Matrix für mögliche Berechnungen der nächsten 56 Quartale nur ein Verweis. Die Absurdität dieser Bestrebungen, wie auch die Vergabe von Ratings für den Mars wurde gerade durch die letzten grotesken Szenen wunderbar vorgeführt. Davon hätte ich gerne mehr gesehen. Eine immense Selbstüberschätzung und die totale Abstraktion der Arbeit wird offenbar. Diese Bruch mit der vorgepressten Realität von Bankern betrifft plötzlich auch den Zuschauer: Wollen wir das? Wozu? Leider überwiegen hauptsächlich die parodierten und plakativen Typisierungen „der“ Bankerfiguren. „A lot of people trust us“ sagt der Abteilungsleiter Carel und wendet sich demonstrativ zum Publikum. Ganz so als wäre die Debatte um die Rating-Agenturen nicht schon seit JAHREN durch die Wirtschaftsteile und Feuilletons der Tageszeitungen gegangen.
Und Bartleby? Ach ja. Seine Geschichte erscheint am Rand. Zwar gibt es lyrische Momente, in denen die Frage nach Sinn und Glück als eine Art innerer Monolog Bartlebys vorgeführt wird, doch leider fehlt es gerade hier Wiedermann an seinen sonst so reichen choreographischen oder situativen Einfällen, die die Figur und ihre Probleme komplex beleuchten. Sehr schade. Als psychologische Figur unterliegt er nämlich den lauten, ehrgeizigen Parodiebankern, seine Reaktionen bleiben als Schema in der Wahrnehmung. Um Bartlebys Bedürfnisse und Wünsche zu erahnen und um mich als Zuschauer an seiner Unerklärlichkeit zu reiben, hätte ich – anstatt Entspannungs-Seminar-Parodien – mehr „Beleuchtung“ seiner Person gebraucht. Allen denjenigen, die sich über die Sinnentleerung von Fortbildungsseminaren gütig tun wollen, sei dieser Abend allerdings empfohlen. Diese Szenen sind sehr unterhaltsam.
Fotos: theaterimpuls.net