In Deutschland gibt es nicht einmal ein Dutzend Manga-Verlage, obwohl es deutschlandweit dutzende Conventions zu den Themen Anime und Manga gibt. Man sollte also meinen, dass es eine große potenzielle Käuferschaft für Manga gibt. Wieso trauen sich dann nicht mehr an dieses vermeintlich profitable Geschäft?
Der Weg zum Manga
Um einen Manga in Deutschland zu verkaufen, kommen viele Schritte auf einen zu. Zuallererst muss man sich einen passenden Titel aussuchen, der in Deutschland noch nicht lizenziert wurde. Da gibt es natürlich tonnenweise Titel, da deutsche Verlage gar nicht hinterherkommen.
Hat man einen passenden Manga, kontaktiert der Verlag den jeweiligen Lizenzgeber in Japan und fragt mit einem Angebot an. Einige Zeit und diverses Hin- und Her vergehen und man bekommt am Ende ein Ja oder ein Nein. Wir gehen mal von einem Ja aus, sonst wäre der Artikel hier schon zu Ende ...
Mit der Lizenz bekommt man nun alles Nötige, um den Manga für Deutschland zu produzieren. Texte werden übersetzt, das Cover gestaltet, Manga-Seiten von japanischen Texten befreit und später mit den Übersetzungen gefüllt und vieles mehr. Dieser Prozess dauert einige Wochen und muss dann auch noch vom Lizenzgeber abgesegnet werden. Denn obwohl man für die Lizenz bezahlt hat, bekommt der Lizenzgeber dennoch ein Mitspracherecht. Also können Manga-Verlage nicht einfach machen, was sie oder die Fans wollen.
Danach geht das fertige Werk in den Druck, was je nach Auflage ein bis zwei Wochen dauert.
Kosten und Profit im Manga-Verkauf
Wir wollen dir zeigen, wie viel ein Manga in der Produktion kostet und was am Ende beim Verlag übrig bleibt. Deshalb gehen wir mit dir alle uns bekannten Faktoren durch. Da wären natürlich die Mehrwertsteuer, die auf jeden Verkauf anfallen, die Handelsspanne der Verkäufer, die Druckkosten des Verlags, die Tantieme des Mangaka, die Gehälter der Beteiligten und die Fixkosten des Verlags sowie die Lizenzkosten pro Band.
Mehrwertsteuer
Fangen wir mit dem Staat an. Es gibt im Grunde zwei Mehrwertsteuersätze, 7 % und 19 %. Die meisten Deutschen finden im Alltag oft nur die 19 % im Einkauf wieder. Bei Büchern jedoch werden nur 7 % vom Staat verlangt. Dieser Satz ist niedriger, weil er den Grundbedarf des Volkes abdeckt oder die Kultur und den Sport besteuert, der zum Kulturgut unseres Landes gehört. Deshalb wird dies weniger besteuert, um es nicht zu ruinieren. Schon mal ein Pluspunkt für Verlage! Vom Verkaufspreis bleiben also 12 % mehr übrig.
Handelsspanne
Die sogenannte Handelsspanne wird vom Nettopreis des Manga abgezogen, also dem Preis abzüglich der Mehrwertsteuer. Diese Handelsspanne ist im Grunde ein Rabatt beim Kauf direkt vom Verlag, der an Buchhändler und Großbuchhändler gewährt wird. Dies ist wichtig, da der Verlag aufgrund der Buchpreisbindung schon vor Verkauf den Preis festlegen muss und dieser kann nur im Ausnahmefall vom Händler später gesenkt werden. Somit müssen Händler die Ware günstiger einkaufen, damit sie auch Gewinn machen.
Die Handelsspanne pro Manga kann zwischen 25 % und 50 % vom Nettoverkaufspreis liegen. Ein großer Brocken des Verkaufs geht also an den Händler bzw. den Großhändler. Die Handelsspanne wird von Verlag und Händler verhandelt und kann je nach Abnahmemenge und Größe des Händlers (z. B. Thalia, Hugendubel) variieren.
Druckkosten
Die Druckkosten können stark vom Normalwert abweichen, je nachdem, bei welcher Druckerei man den Auftrag vergibt. Online-Druckereien sind in der Regel teurer mit 2,50 € bis 3 € pro gedrucktem und geleimtem Band. Wir gehen hier von 200 Seiten mit Softcover und den üblichen Maßen aus.
In vielen Manga steht am Ende die Druckerei, die der Verlag nutzt. Oftmals finden sich zwei Namen wieder: CPI - Clausen & Bosse GmbH und GGP Media GmbH. Hier könnten wir je nach Art und Auflage von 1 € bis 1,50 € pro Manga-Band ausgehen, wenn nicht sogar noch weniger. Die Wahl der Druckerei macht also einen großen Unterschied.
Auch Extras wie das Einschweißen in Folie der einzelnen Manga und das Verpacken in extra Kartons pro xx Stück kann den Preis nach oben treiben.
Tantieme des Mangaka
Die Tantieme ist eine Gewinnbeteiligung die meist bei Autoren und Musikern Verwendung findet. Je verkauftes Buch bekommt der Autor eine gewisse Summe des Verkaufspreises. Bei Mangaka scheint es unserer Recherche nach ähnlich zu sein wie bei anderen Buchautoren. Die Tantieme liegt hier bei 7 % bis 10 %, je nach Bekanntheitsgrad und Verhandlung sogar bei 12 % für den Mangaka. Die Tantieme wird in der Regel vom Nettoverkaufspreis abgezogen.
Ob die Tantieme im Voraus bezahlt wird oder in bestimmten Zeiträumen anhand der Verkaufszahlen überwiesen wird, konnten wir in unserer Recherche nicht herausfinden.
Gehälter & Honorare
Natürlich müssen auch die Menschen bezahlt werden, die an der Verwirklichung eines Bandes mitgewirkt haben. Hier sind der Übersetzer, der Cleaner des Manga, der Schriftsetzer, der Marketingmanager, sowie PR und einige mehr involviert. Natürlich geht das Geld nicht direkt an die Beteiligten, sondern kommt in den Finanztopf des Verlags, es wird also mit Einnahmen anderer Produkte vermischt und am Ende des Monats als reguläres Gehalt ausgezahlt.
Zum Teil lagern Verlage aber auch bestimmte Tätigkeiten aus. Zum Beispiel die Aufgabe des Übersetzers. Dann zahlt der Verlag ein Honorar pro übersetzte Manuskriptseite (nicht zu verwechseln mit Manga-Seite!). Auch die Schriftsetzung, das sogenannte Lettering, wird oft ausgelagert. TOKYOPOP bedient sich hier zum Beispiel der Firma MPS Ad-Studio. Zum Teil werden auch PR-Firmen engagiert, um Blogs und Onlinemagazine wie Japaniac zu motivieren, um über einen Manga zu berichten. All das muss durch den Verkaufserlös finanziert werden.
Fixkosten
Neben den Personalkosten müssen natürlich auch die Arbeitsplätze finanziert werden. Also Miete des Büros, Inventar, Lizenzen für Software-Nutzung, Getränke und Co. sowie Strom, Internet und Wasser, was aber meist in gewerblichen Mieten enthalten ist. Dabei spielt auch der Firmensitz eine Rolle, da Großstädte oftmals teurere Mieten für Bürogebäude haben wie Kleinstädte.
Diese Fixkosten werden von allen veröffentlichten Manga gemeinsam getragen.
Lizenzkosten für Manga
Hier haben wir leider keine genauen Preise gefunden, da japanische Verlage sehr schweigsam sind, wenn es darum geht. Einzig Preise aus Übersee á la USA konnten wir ausfindig machen, die natürlich höher sein dürften als in Europa aufgrund der größeren Käuferschaft. Jedoch können wir davon ausgehen, dass ein einzelner Band einer Manga-Serie bei ca. 500 € anfängt und mehrere tausend Euro kosten kann. Dies kommt auf die geschätzten Verkäufe bei den Lizenzverhandlungen, die Bekanntheit des Manga und zusätzliche Extras an, die im Band enthalten sein sollen.
Wir gehen aber für diesen Artikel von einem Wert von 800 € pro Lizenz aus. Ein Manga mit 10 Bänden kostet also in der Lizenzierung vielleicht 8.000 €. Die Lizenz wird dem Verlag dann für mehrere, oft drei bis fünf Jahre überlassen. In dieser Zeit kann der Verlag theoretisch so oft er will neue Auflagen drucken, sofern der japanische Lizenzgeber es erlaubt. Hier fehlen uns jedoch die Vertragsdetails!
Dem Verlag bleiben je nach Fall kaum ein Rohgewinn übrig. Dieser Rohgewinn ist dafür nötig, um Fixkosten, Gehälter zu tragen. Alles, was danach bleibt, ist dann der echte Gewinn für die Firma. Hier einmal eine Kalkulation mit 5000 gedruckten Exemplaren:
In diesem Beispiel kostet ein Manga im Verkauf 7 €. Ein Verlag kann anhand dieser Berechnung nur an zwei Stellschrauben den Nettoerlös erhöhen. Er kann die Druckkosten reduzieren, was bei bereits guten Konditionen zu Qualitätseinbußen führen könnte. Oder er versucht die Handelsspanne besser auszuhandeln. Kleine Verlage haben das Glück, dass sie eher niedrige Handelsspannen von 30-35 % bezahlen müssen. Natürlich kommt es auf den Geschäftspartner an. Schon bei Vertragsverhandlungen wird versucht, die Lizenzkosten und die Tantiemen so gering wie möglich zu halten.
Auch ist ein Onlineshop eine Alternative, um eine Handelsspanne komplett zu meiden. Hier gibt es jedoch das Problem, dass nur Personen, die den Verlag bereits kennen, den Manga dort kaufen werden. Neukunden können sie so nicht erreichen. Außerdem bedeutet ein Onlineshop mehr Aufwand: Die IT muss aufgestockt werden, jemand muss die Bestellungen koordinieren und verpacken, es muss immer Verpackungsmaterial nachgekauft werden und und und.
Da klingt die Handelsspanne, die im Grunde keinen Vertriebsaufwand bedeutet, wieder angenehmer. Und wohl auch deshalb verweisen manche Verlage trotz Onlineshops auf die diversen Buchhändler, die ebenfalls ihre Manga führen.
Bei unserer Recherche haben wir erst richtig verstanden, was für eine tolle Arbeit die deutschen Manga-Verlage leisten. Denn auch Messestände auf den großen Conventions und Buchmessen gehören dazu und der Aufwand Mangaka nach Deutschland zu holen, um deutschen Fans eine Freude zu bereiten.
Deshalb an dieser Stelle ein herzliches Danke und macht weiter so!
Die hier aufgestellten Zahlen sind durch lange Recherche entstanden, doch auch wir können nicht sagen, dass alle Prozentangaben zu 100 % korrekt sind. Bitte versteht diese Angaben als Richtwerte, um Manga-Verlage besser zu verstehen!