Aus: Spektrum der Wissenschaft, November
Die größten aller Dinosaurier galten früher als eine nur kurzfristige Erscheinung – als ein eher unwesentlicher Seitenast der Dinosaurier, der wegen mangelnder Konkurrenz- und Anpassungsfähigkeit bald wieder aussterben musste. Tatsächlich hatten sämtliche ehemals entdeckten Sauropoden, deren 20 bis 30 Meter lange Skelette vor 100 Jahren in keinem bedeutenden Naturkundemuseum fehlen durften, innerhalb derselben kurzen Zeitspanne des Erdmittelalters gelebt. Wegen ihrer gewaltigen Säulenbeine heißen die unförmigen Kolosse mit dem langen, dünnen Hals und langen Schwanz auch Elefantenfußdinosaurier.
Wie Spektrum der Wissenschaft berichtet, wissen die Forscher inzwischen, dass sie diese Giganten immer gewaltig unterschätzt haben. Denn schon früh im Erdmittelalter, dem Dinosaurierzeitalter, tauchten große Sauropoden auf. Und noch kurz vor dessen Ende vor rund 65 Millionen Jahren, als die Dinosaurier untergingen, brachte die Evolution von ihnen immer wieder zahlreiche neue riesige Arten hervor.
Zum Hintergrund: In der November-Ausgabe von Spektrum der Wissenschaft erzählen zwei junge amerikanische Dinosaurierforscher von neueren Fossilfunden und Untersuchungen zu den größten Landtieren und größten Dinosauriern. Kristina Cyrry Rogers und Michael D'Emic berichten, dass Paläontologen bisher Fossilien von 164 verschiedenen Gattungen der Saupopoden entdeckt haben. Und allein über 60 neue Arten kamen in den letzten zehn Jahren zum Vorschein. Diese vielen Gattungen und Arten verteilten sich über 150 Millionen Jahre, somit fast über das gesamte Erdmittelalter.
Curry Rogers arbeitet in Minnesota am Macalaster College in St. Paul, D'Emic an der Georgia Southern University in Statesboro. Wie die beiden Paläontologen schreiben, hat sich das Bild der Sauropoden in letzter Zeit völlig umgekehrt. Zum Beispiel waren diese Dinosaurier zwar selbst im Vergleich zu Elefanten Riesen, aber sie besaßen leichtgebaute Knochen, vor allem leichte Wirbel, die wohl mit Luftkammern gefüllt waren. Eine ziemlich neue Erkenntnis ist auch, dass sie wohl ähnlich wie Vögel atmeten: Die Lunge scheint bis in die Knochen hinein Aussackungen, regelrechte Luftsäcke, gehabt zu haben. Das aber bedeutet, dass sie ähnlich wie Vögel sehr effektiv atmeten. Sie müssen folglich einen besonders effektiven Stoffwechsel gehabt haben.
Außerdem wuchsen junge Sauropoden in einem rasanten Tempo. Sie wurden wohl schon nach einem oder zwei Jahrzehnten geschlechtsreif und auch sehr schnell erwachsen – ganz anders als die heutigen recht langsam wachsenden Reptilien. Wie in Indien und in Argentinien gefundene Gelege zeigen, waren die Eier höchstens 15 Zentimeter groß. Da die Eltern sich um ihren Nachwuchs offensichtlich nicht kümmerten, bestand für die Jungen zunächst große Gefahr, gefressen zu werden. Das zeigt auch ein fossiles Nest mit einer großen Schlange, die gerade einen frisch geschlüpften Sauropoden ergreift. Indem die Jungtiere rasch groß wurden, stiegen ihre Überlebenschancen.
Besonders im ausgehenden Erdmittelalter, der oberen Kreidezeit, behaupteten sich diese Dinosaurier durch Vielseitigkeit ihrer Anpassungen. Die einzelnen Arten entwickelten eine Palette von neuen Tricks, mit denen sie als Pflanzenfresser in verschiedenen Nischen lebten. Sogar die Gräser, die zu der Zeit entstanden, verstanden sie zu weiden. Es stimmt also nicht länger, dass sie neuen Entwicklungen in ihrer Umwelt nicht gewachsen waren. Bis zuletzt gaben die Elefantenfußdinosaurier ihre Herrschaft nicht ab.
Literatur zum Thema Dinosaurier:
Ernst Probst: Dinosaurier von A bis K
Ernst Probst: Dinosaurier von L bis Z
Ernst Probst: Dinosaurier in Deutschland