Die Vorratsdatenspeicherung ist vorläufig ausgesetzt

Von Klaus Ahrens

Klare Ansage: Vorratsdatenspeicherung ist europarechtswidrig

Die deutliche Feststellung des Oberverwaltungsgerichts Münster, das die in drei Tagen ab 1. Juli verbindliche neue Pflicht zur Vorratsdatenspeicherung nicht mit EU-Recht vereinbar ist und dabei auch massiv gegen Grundrechte verstößt, bringt jetzt hektische Bewegung in die Auseinandersetzung um das Überwachungsinstrument.

Forderungen auf Stop der Überwachung von allen Seiten

Die gesetzlichen Vorgaben musste zwar zunächst einmal nur der Münchner Zugangsanbieter Spacenet nicht umsetzen, weil er dagegen geklagt hatte und in dem Eilverfahren in der Revision jetzt Recht bekommen hat. Von überall her kamen nun auch Forderungen, generell auf das Überwachungswerkzeug zu verzichten und die Auflagen zumindest auszusetzen.

Heute haben die Überwachungsfetischisten aufgegeben

Heute hat die Bundesnetzagentur auf den letzten Drücker reagiert und drei Tage vor Ultimo unter Berufung auf das aktuelle Urteil des Oberwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen die die Pflicht zur Vorratsdatenspeicherung ausgesetzt. So teilte es die Regulierungsbehörde heute mit und begründete den Schritt mit der „über den Einzelfall hinausgehenden Begründung“ des Gerichts.

Die Bundesnetzagentur will also jetzt keine Maßnahmen zur Durchsetzung ergreifen. Sie sieht bis zum Ende eines Hauptsacheverfahrens von Anordnungen und anderen Maßnahmen zur Durchsetzung der Speicherfristen gegenüber den Internet-Providern ab. Es sollen jetzt auch keine Bußgeldverfahren gegen Unternehmen eingeleitet werden, die mit der Umsetzung am Samstag nicht beginnen.- das kommt faktisch nahezu einer vorläufige Aussetzung der Vorratsdatenspeicherung gleich.

Es bleibt ein übler Nachgeschmack: Jetzt liegt es bis zum endgültigen Urteil in der Hauptsache de facto in der Hand der einzelnen Internetprovider, ob die Daten der Internetnutzer für lange Zeit gespeichert werden oder eben nicht – der Staat hat ein vorher schon erkennbar faules Ei aufgeschlagen und sich dann vom Acker gemacht und die Verantwortung für die Grundrechte seiner Bürger der Privatwirtschaft überlassen.

Wann werden deutsche Gerichte privatisiert?

Das erinnert sehr an das Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) des Justizministers Heiko Maas von der SPD, der läuft, als habe er einen Stock im Hintern, obwohl er kein Rückgrat zu haben scheint, wie auch diese Entwicklung bei der Vorratsdatenspeicherung einmal wieder zeigt.

Auch beim NetzDG des Heiko Maas sollen letztendlich private Firmen wie Facebook & Co. für die Frage, was Recht und was Unrecht ist, zuständig sein. Ein echter Treppenwitz der Justizgeschichte – da kann man auch gleich die komplette deutsche Justiz privatisieren!

Foto: Sandro Halank, CC BY-SA 3.0