Seit zwei Jahren müssen hierzulande gefährliche Sexualstraftäter nach verbüßter Strafe und Sicherheitsverwahrung freigelassen werden. Wenn nun eine Psychologin, die selbst von einem solchen Häftling vergewaltigt worden ist, vor diesem Hintergrund eine Story schreibt, in der sie mehrere solcher Männer jeweils am Tag ihrer Entlassung entführen lässt, könnte man annehmen, dass sie eine Abrechnung mit den Tätern und den Verantwortlichen für die neue Rechtsprechung sucht. Vielleicht trifft das auch zu.
Aber das ist nur ein Nebenaspekt. Vor Allem hat Susanne Preusker einen spannenden Krimi abgeliefert, der Fragen aufwirft. Und der es schafft, dass man sich selbst dabei ertappt, Empathie für die eingekerkerten Männer zu empfinden: Wenn diese vom Entführer brutal misshandelt werden und einer zu entkommen versucht, fiebert man mit dem Vergewaltiger mit und fragt sich am Ende, wer hier eigentlich die Guten sind. Geschickt schafft es Preusker, ein stark boulevardisiertes Thema literarisch zu verarbeiten, und so hat das Buch durchaus das Potential, eine spannende Debatte anzustoßen. Denn das war es schließlich auch, was der Entführer beabsichtigt hatte, der nur vordergründig Rache üben wollte. Seine Intention war es, Heilung durch Nachempfinden der körperlichen Leiden herbeizuführen. Selten werden in einem Kriminalroman derart tiefgreifende, Fragen aufgeworfen – wie etwa die, ob eine demokratische Gesellschaft nicht verpflichtet ist, sich für diese kranken Männer einzusetzen, und wie mit den wirklich Unheilbaren umzugehen ist. Mehr kann ein guter Krimi wohl kaum leisten.Susanne Preusker: Die Verwahrten. Frankfurt: Verlag Krimythos 2012. 304 S., 12,80€