Dieser Post beginnt mit einem Geständnis: Hin und wieder lese ich das Ressort “Digitales” von BILD.de. Nicht oft, nicht regelmäßig, erst recht nicht begeistert – dennoch: schuldig im Sinne der Anklage. Bei einem dieser Fehltritte hat mich die Vielfalt und schiere Masse der blinkenden, rotierenden und quäkenden Anzeigen auf www.bild.de/digital gerade sprichwörtlich umgehauen. Auf jeder noch so kleinen Fläche setzen sich werbende Unternehmen in Szene, stellen als Kooperationspartner “exklusive” Angebote vor, oder werden als fiktive Testsieger präsentiert. Alles für sich genommen nichts besonderes – in der Summe sucht eine derartige Werbebelastung auf einer Nachrichten-Seite (sic!) vermutlich aber Ihresgleichen! Zeit für eine Analyse mit Lineal und gespitztem Bleistift…
Um die Werbung korrekt ins Verhältnis zum Inhalt Text setzen zu können, muss noch die Summe der Leerflächen abgezogen werden. Den verbleibenden 1.827 redaktionellen Quadratzentimetern stehen somit 445 werbliche cm^2 gegenüber. Mit anderen Worten: 24,3 % der Fläche der BILD-Digital-Startseite wird von Werbung eingenommen – ziemlich genau ein Viertel. Besonders prekär: Von den 14 Anzeigen sind nur 4 Stück (Acer, Vistaprint/Albelli, Spotify, friendscout24) als solche gekennzeichnet, der Rest läuft inkognito. Als trojanisches Pferd präsentiert uns die Bild so z.B.
- Alpina-Weiß (“Volks-Farbe“),
- Mitsubishi (“Auto-Tipp“),
- Fischer (“Handwerker-Tipp“),
- Amazon (“Die beliebtesten Kameras“),
- Groupon (“Service”) oder
- Check24 (“Strom-Tarifvergleich”).
Was Groupon konkret mit “Service” zu tun hat, oder warum das Ranking der Top20-Kameras ohne Kennzeichnung als Anzeige zu Amazon führen muss, bleibt erst einmal dahingestellt. Dass die Klickstrecke der “Top-Modelle” wiederum regelrecht mit Werbe-Störern gespickt ist, ist da eigentlich keiner Erwähnung mehr wert. Von insgesamt 14 werblichen Verweisen sind also stolze 10 Stück (=71,4 %) nicht ohne Klick oder Mouse-Over als Werbung zu erkennen, wie es §4, Nr. 3 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) eigentlich fordert. read on…
Sicherlich: Dabei handelt es sich um eine Momentaufnahme. Und natürlich ist auch die Messung der Text- und Werbeflächen nicht millimetergenau. Dennoch: Was Springer uns mit der Digital-Seite der BILD-Zeitung zumutet, ist eine starke Belastungsprobe für die Augen, die Nerven und das anspruchsvolle Gemüt – so es sich denn auf diese Seite verirrt. Fazit: Damit steht das Digital-Ressort in puncto Werberauschen in bestem Schulterschluss mit der kürzlich erschienenen Gratis-Ausgabe zum BILD-Jubiläum.
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