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GTL | 10.12.2013 | Kommentare (0)
Die verlogenen Finanzierung der Medizin: Was lange gewährt bricht endlich weg
Ja sind denn alle plötzlich irre geworden?
Die Rettungen verlangen mehr Geld von der Krankenkasse:
Rotes Kreuz und Samariterbund haben ihren Verrechnungsvertrag mit den Krankenkassen gekündigt. Seit 2005 wurden die Tarife nicht mehr angepasst. Ab Jahresende droht Patienten jetzt ein Selbstbehalt bei Einsätzen.
http://diepresse.com/home/panorama/oesterreich/1470305/Letzte-Rettung-fur-Niederosterreich
Die Radiologen bereiten sich für den vertragslosen Zustand vor:
Radiologen fordern mehr bezahlte Untersuchungen und kürzere Wartezeiten. Kommt es zu keiner Einigung mit den Kassen, wird es für die Patienten ab 1. Jänner teuer.
http://diepresse.com/home/leben/gesundheit/1502201/MRT-und-CT_Vertragsloser-Zustand-ab-Jaenner
Turnusärzte fordern acht “Grundrechte” ein.
32-Stunden-Dienste, drei Wochenenddienste pro Monat, teils schlechte Aus- und Weiterbildung
http://www.nachrichten.at/oberoesterreich/Turnusaerzte-fordern-acht-Grundrechte-ein;art4,1256734
Wahlärztinnen und Wahlärzte weiter auf dem Vormarsch: Der versteckte Selbstbehalt
Patienten zahlen gerne drauf, um Wartezeiten und ärztliche Aufmerksamkeit zu bekommen
Gleich vorab meine These:
Die Effizienzsteigerungen im System demaskieren die bisherigen Lügengebäude.
Als ich vor vielen Jahren auch im Rettungswesen tätig war, war der „Betrieb“ der Notfallwagen, also die mit Arzt und Sanitätern ausgestatteten Blaulicht-Wagen schon ein Defizit und die Rettungsorganisationen, damals de facto nur RK und ASB, finanzierten sich in erster Linie durch die Cashcow Personentransport, also der PKW oder „Sanka“ der Ambulanz-, Kontroll- und Dialysepatienten als Krankentaxi meist günstig von einem Zivi chauffieren ließ.
Mit einem CT zum Therapiemonitoring eines Karzinompatienten nach RECIST Kriterien (http://de.wikipedia.org/wiki/Response_Evaluation_Criteria_in_Solid_Tumors) oder multiparametrischer Magnetresonanz ließen sich die radiologischen Institute nicht gewinnbringend führen, wären da nicht die vielen unnötigen Lungenröntgen in der Grippewelle oder die Wirbelsäule (AP, seitlich) beim Hexenschuss. Da war es nicht so wichtig, dass der Kassentarif so niedrig war, denn die Gefahr „etwas zu übersehen“ war bei „Routineröntgen“ nicht so groß und man musste einfach den Durchsatz steigern um in den schwarzen Zahlen zu bleiben.
Solange die Diensträder üppig besetzt waren, konnten sich auch Turnusärzte mit 10 Nachtdiensten pro Monat ein schönes Zubrot verdienen und sich – außer in Krisenfällen – auch etwas ausruhen, wenn der Kollege nach Mitternacht den Pager für ein paar Stunden übernehmen konnte. Für die Aussicht eines lukrativen Kassenvertrags oder einer Oberarztposition mit eigener Praxis (halt nur mit den „kleinen Kassen“) konnte man sich da schon durchbeißen.
Solange es §2 Kassenverträge gibt, kann man sich auch als Wahlarzt niederlassen und für „attraktivere Leistungen“wie Geburtshilfe, Dermatologie und Thyreologie kostendeckende Tarife verlangen, weil die Patienten den Selbstbehalt akzeptieren, wenn sie ihn nur einmal pro Jahr löhnen müssen.
Seit wir aber – an sich völlig zu Recht – die ganzen Taxifahrten in die Spitäler durch Rechnungslegung seitens der Krankenkassen unbeliebt machten,
seit durch Deckelungen und Wartezeiten immer mehr „kompliziertere Fälle“ in die Röntgenpraxen kommen,
seit die Arbeitsbelastung in den Spitälern auf immer weniger Köpfe fallen und in Zeiten der Aufnahmesperren die Hoffnung auf eine gehobene Dauerstellung in den öffentlichen Spitälern geschwunden sind und
seit die Krankenkassen immer mehr Wahlarztleistungen „ablehnen“,
kurz seit wir versuchen eine auf das Wesentliche fokussierte, effiziente Medizin zu betreiben (versuchen, nicht einmal noch ansatzweise geschafft haben)
stellt sich heraus, dass die bestehenden Tarif- und Versorgungsstrukturen völlig ungenügend sind.
Wenn wir auf das Unnötige verzichten wird das Nötige nicht billiger!
Irgendwann wird dem letzten „Reformer“ vielleicht klar, dass man zwar Akutbetten einsparen kann, eine ordentliche Langzeitpflege, weil sehr personalintensiv, jedoch mindestens ebenso teuer kommt, wie ein unnötig lange belegtes Akutbett.
In Wirklichkeit kommen wir mit der Personalausstattung unserer Akutstationen nur deshalb meistens aus, weil ein Teil der Patienten dort eigentlich nicht täglich ein Tumorboard, eine neue Antibiotikakombination oder aufwendige Pflegehandlung benötig.
Die Arbeitszeit des Radiologen verkürzt sich durch den Wegfall von 30 Routineröntgen pro Tag nicht wirklich, sein Einkommen (so er extramural tätig ist) sehr wohl.
Wenn wir von den Rettungsorganisationen überwiegend die Leistung einer „fliegenden Intensivstation“ verlangt, dann wird sich der Betrieb nicht mehr durch ein paar Freiwillige am Leben erhalten lassen.
Noch hören wir aus der Politik und den von ihr bezahlten Experten,
dass alles besser bleibt und billiger wird.
Vielleicht sind die jetzt allenthalben aufbrechenden Konflikte die Chance endlich zu erkennen,
dass man höhere Ansprüche nicht für weniger Geld und mit der alten Tarifstrukturen die gestiegenen Ansprüche nicht abdecken kann.