Die vergessenen Tudors: Margaret Beaufort, Teil 2

Von Stefanie Norden @StefanieNorden

Margaret Beaufort, die Mutter der königlichen Tudordynastie, war auf eine harte Probe gestellt. Das Jahr 1471 und die Schlacht von Tewkesbury hatte das vorläufige Ende für die Beaufort-Familie und das ganze Haus Lancaster gebracht ( nachzulesen hier in Teil 1). Margaret Beaufort war mit 28 Jahren erneut Witwe, allein und getrennt von ihrem Sohn.

Die Sonne von York geht unter

1472 heiratete sie, vermutlich aus rein strategischen Gründen, Thomas Stanley, Lord High Constable von England. Er ermöglichte ihr die Rückkehr an den Hof, wo sie der Königin Elizabeth Woodville diente und sogar Patin für eine ihrer Töchter wurde.

Auch, nachdem nach dem Tod Edwards IV. dessen Bruder Richard III. den Thron an sich nahm, blieb sie am Hof - ein Ereignis, das ihren Ambitionen Tür und Tor öffnete. Die Herrschaft Edwards IV. war stabil gewesen, und er hatte gleich zwei Söhne, die ihm auf den Thron folgen konnten. Doch nun überschlugen sich die Ereignisse, und Richard III. ergriff die Herrschaft mit der Begründung, die Ehe seines Bruders sei unrechtmäßig gewesen und seine Söhne seien daher nicht erbberechtigte Bastarde. Besagte Söhne verschwanden im Tower mit bis heute ungeklärtem Schicksal. Die Gerüchteküche nannte jedoch Richard als Mörder, und der Widerstand gegen ihn wuchs.

Der Weg nach Bosworth

Nun entstand eine ungewöhnliche Allianz zweier ehrgeiziger Frauen: Margaret Beaufort und Elizabeth Woodville. Elizabeth war mit ihren Kindern ins Kirchenasyl geflohen, als Richard ihren ältesten Sohn in seine Gewalt brachte. Im Spätsommer 1483 wurde dem Leibarzt der Königin Zutritt zum schwerbewachten Asyl der Westminster Abbey gestattet, und er trug heimlich einen Vorschlag von Margaret Beaufort an Elizabeth Woodville mit sich, der die Geschichte Englands für immer ändern sollte: Henry Tudor, inzwischen 26, sollte Elizabeth, die älteste Tochter Edwards IV. und York-Thronerbin, heiraten. Diese Aussicht sollte sowohl Kräfte der Yorks als auch der Lancasters im Kampf gegen den Usurpator Richard III. einen. Elizabeth Woodville, die davon ausgehen musste, dass ihre Söhne tot waren, stimmte zu.

Als sich der Herzog von Buckingham der Verschwörung anschloss, bekam sie den Namen " Buckingham-Rebellion". Buckingham, ein Verwandter Margarets, war zwar nicht der führende, aber doch der prominenteste Kopf der Verschwörung, und als Richard von dem Komplott erfuhr, zahlte Buckingham mit seinem Kopf. Margaret Beaufort wurde durch den Einfluss ihres Ehemannes vor dem Henkersbeil gerettet, verlor jedoch ihren gesamten Grundbesitz, den Richard auf ihren Ehemann übertrug.

Doch auch dieser Rückschlag brach Margarets Ehrgeiz nicht, und die Rebellion gegen Richard wurde im Geheimen fortgeführt. Margaret Beaufort hatte die Ambitionen für ihren Sohn jahrelang gepflegt, und nun war die Zeit für den inzwischen 28-jährigen Henry gekommen. Am 7. August 1485 war es soweit, und Henry mitsamt Armee betrat, ganz in der Nähe seines Geburtstortes Pembroke Castle, nach langer Zeit wieder englischen Boden. Seine Mutter überzeugte ihren Ehemann buchstäblich in letzter Sekunde, seine Armee mit der ihres Sohns zu vereinen. Bei Bosworth Field trafen Henry und Richard am 22. August aufeinander, und Richard zahlte mit seinem Leben. Es war Thomas Stanley, der seinem Stiefsohn Richards verlorene Krone darbot. Henry war nun König, der Moment, den seine Mutter so lange herbei gesehnt hatte.

Zwei Monate später wurde Henry als Heinrich VII. gekrönt, und Anfang 1486 nahm er, wie vereinbart, Elizabeth von York zur Frau. Mit dieser Ehe entstand das Emblem der Tudorrose, die die weiße Rose von York und die rote Rose von Lancaster vereinte. Und pünktlich im September des gleichen Jahres wurde diese Vereinigung zu Fleisch und Blut, als Arthur, das erste Kind des Paares, geboren wurde.

Margaret Beaufort als Königsmutter

Margaret Beaufort sah sich nun am Ziel und gedachte, ihre Position als Mutter des Königs auszukosten. Bereits kurz nach der Taufe ihres ersten gemeinsamen Enkels wurde Elizabeth Woodville all ihrer Ländereien enthoben, vom Hof verbannt und in ein Kloster gesteckt. Warum das? Vermutlich spielte dies zumindest eine Rolle: Margaret Beaufort hatte den Titel "My Lady, the King's Mother" zugesprochen bekommen. Doch sie war ja nie zur Königin gekrönt worden. Sie tat sich bereits schwer damit, ihrer Schwiegertochter und jetzigen Königin den Vorrang zu geben. Margaret trug die gleichen Roben wie die Königin, ging nur einen halben Schritt hinter ihr und unterzeichnete mit " Margaret R" (die Signatur von Königinnen) Elizabeth Woodville jedoch war zur Königin gekrönt worden, was ihr ebenfalls eine höhere Stellung gegeben hätte. Nach all dem Kämpfen um die Position ihres Sohns (und ihrer eigenen) kann Margaret Beaufort nicht damit zufrieden gewesen sein, sich immer noch hinter Elizabeth Woodville einzuordnen. Elizabeth musste also gehen.

Dieses Verhalten der Königsmutter hat sicher nicht dazu beigetragen, erhitzte Gemüter der York-Seite des Landes zu beruhigen, und immer wieder kam es während der Regentschaft von Heinrich VII. zu versuchten Revolten und wundersam wiederauferstandenen York-Prinzen, die man auf den Thron setzen wollte.

Margaret Beaufort zog sich - vermutlich zur Erleichterung vieler - 1488 aus dem politischen Leben zurück. Sie behielt jedoch ihren festen Griff über die königliche Familie bei und bestimmte beispielsweise die Einrichtung, Ausstattung und Organisation der königlichen Kinderstuben bis ins Detail. Religion war schon immer sehr wichtig für Margaret gewesen, und 1499 legte sie sogar, obwohl immer noch verheiratet, mit Zustimmung ihres Mannes ein Keuschheitsgelübte ab. Sie war allerdings auch bereits 56 Jahre alt.

Mit der Gesundheit Heinrichs VII. ging es berab, nachdem seine geliebte Königin Elizabeth von York 1503 im Kindbett starb und ihr gemeinsamer Sohn Arthur bereits im Jahr zuvor gestorben war. Margaret überlebte ihren Sohn, der am 21. April 1509 im Alter von 52 Jahren starb. Ein schreckliches Erlebnis für jede Mutter, doch anstatt in Trauer zu versinken, organisierte Margaret nicht nur die Beisetzung ihres Sohns, sondern auch die Krönung ihres Enkels, der nun als Heinrich VIII. regieren sollte. Ihr Enkel war 17 Jahre alt, der schönste Prinz Europas, gebildet, sportlich und lebenslustig, und sicher würde er lange regieren, viele Söhne zeugen und die Dynastie der Tudors, für die Margaret Beaufort so lange gekämpft hatte, sichern. Oh, well...

Als hätte sie ihre Lebensaufgabe nun erfüllt, starb Margaret Beaufort am 29. Juni 1509, einen Tag nach dem 18. Geburtstags ihres Enkels und nur zwei Monate nach dem Tod ihres geliebten Sohns.