Fußball-Idylle im Urlaubsparadies, CC0 Public Domain
Sport als Hoffnung oder Versprechen auf eine bessere Welt. Nicht nur die Olympischen Spiele, sondern auch die großen internationalen Wettbewerbe in den populären Sportarten auf allen Kontinenten fußen letztlich auf diesem utopischen Potenzial des Sports – trotz aller Kommerzialisierung und Skandale.
Der Sport als völkerverbindende Veranstaltung, in der Athleten aus aller Herren Länder zusammenkommen und im fairen Wettkampf den Besten ermitteln; Sport als Mittel, Vorurteile abzubauen und politische Grenzen zu überwinden. Sport als positive Utopie und Gegenwelt. Und manchmal kann Sport sogar die große Politik wenn nicht ändern, so doch positiv beeinflussen bzw. Gesellschaften zusammenführen.
Der Weihnachtsfrieden von 1914
Die verbindende Wirkung von Sport zeigte sich sogar in der Hölle – im Dezember 1914, als seit Monaten in Europa die Waffen sprachen und sich von der Nordsee bis an die französischen Alpen deutsche und französische Soldaten an der Westfront einen blutigen Stellungskrieg lieferten: Oft nur hundert Meter voneinander entfernt, lagen sich beide Parteien in schmutzverseuchten Schützengraben gegenüber und belauerten sich in Todesangst. In den Stahlgewittern waren bereits Hunderttausende umgekommen. Doch im Zauber des Weihnachtsfestes kam es am 24. und 25. Dezember 1914 zu surreal wirkenden Szenen, wie Originalquellen glaubhaft berichten. An einigen Stellen der Front kam es eigenmächtig zu Verbrüderungen – Geschenke wurden verteilt und … auch Fußball gespielt. Britische Soldaten hatten nicht selten, wie es sich für eine Fußballnation gehört, einen Ball dabei. Als Pfosten wurden je nachdem Pickelhauben oder Feldmützen verwendet. Fertig war das Spielfeld im Niemandsland zwischen den Schützengraben. Dort wo ansonsten die Menschen starben, wurde nun fröhlich gekickt, ohne Zwang und Schiedsrichter, einfach aus Spaß; diejenigen, die sich zuvor noch erschießen sollten, wetteiferten jetzt nur noch um den Ball. Auch wenn dieser märchenhafte Weihnachtsfrieden nur eine kurze Episode in einer Zeit des großen Tötens wurde – ein Jahr später wurde der Befehl ausgegeben, jeden zu erschießen, der sich an Weihnachten mit dem Feind verbündete -, die Botschaft dieser Tage hatte eine ungeheure Symbolkraft, die ihre Faszination bis heute nicht verloren hat: Selbst unter schlimmsten Umständen kann Frieden zwischen den Menschen gelingen und dabei Sport eine entscheidende Rolle spielen. Selbst wenn friedliche Spiele niemals Politik ersetzen oder diese auch langfristig korrigieren können, so gelingt es Sportwettkämpfe im Idealfall tatsächlich, – jenseits von Sonntagsreden – politisch-gesellschaftliche Aussöhnungsprozesse zwischen Völkern oder auch innerhalb von Nationen zu unterstützen bzw. sogar in Gang zu setzen. Teilweise von den politischen Machthabern gezielt gewollt, teilweise von der Gesellschaft eher unbewusst vorangetrieben.
Das Ideal lebt
Dieses Versöhnungspotential durch friedlichen Wettbewerb nach gemeinsame Regeln gibt es auch der Mikroebene unten an der Basis im Amateursport. Bei allem Leistungswahn und aller Rekordjagd in den durchkommerzialisierten Sportevents dieser Welt bleibt jenseits der medialen Aufmerksamkeit in Parks oder auf Bolzplätzen Sport in seiner ursprünglichen Bedeutung erhalten. Auch wenn Jugendliche Online-Spiele wie Alles Spitze Merkur lieben, sind sind Studien zufolge immer noch über 30 % aller Deutschen Mitglieder in Sportvereinen oder in anderen institutionellen Formen organisiert. Miteinander gemeinsam zu spielen, Spaß zu haben und miteinander in Wettbewerb zu treten – das Ideal lebt.
Christoph Marx
Der Münchner Christoph Marx ist Publizist und Lektor und lebt in Berlin. Er arbeitet als Autor und Redakteur für viele namhafte Verlage und veröffentlichte bzw. verantwortete inhaltlich zahlreiche Werke, v.a. zu historisch-politischen, gesellschaftlichen, sportlichen und kulturellen Themen.Referenzliste unter Autor und Redakteur/Lektor.
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