Die Ursprünge des digitalen Vertriebs

Erstellt am 29. April 2016 von Michael Fuchs @lpgeilde

Die letzten beiden Generationen der Videospielkonsolen haben dafür gesorgt, dass das Herunterladen von Spielen zum neuen Standard wurde, um in ihren Besitz zu kommen. Der Speicherplatz der Konsolen fühlt sich zwar manchmal schon etwas knapp an, aber das hemmt das Wachstum des digitalen Vertriebs in keiner Weise. Die Beliebtheit von ausschließlich digital erhältlichen Spiele mag vielleicht relativ neu sein, aber der digitale Vertrieb selbst ist es gewiss nicht!

Heutzutage ist es sehr einfach, alle Spiele online zu kaufen. Onlineshops wie Startselect versenden digitale Codes per E-Mail, so dass man in kürzester Zeit losspielen kann ohne das Haus zu verlassen. Jedoch mussten ihnen viele Unternehmen und Konsolen vorangehen, um all dies überhaupt erst möglich zu machen.

Konsolenspiele

Der Atari 2600 hat bereits digitalen Vertrieb und sogar ein ausschließlich digital erhältliches Spiel angeboten. Dies wurde mit einem kleinen, aber feinen Medium namens GameLine ermöglicht. Man konnte per Festnetztelefon eine Verbindung wählen und aufbauen, um dann zwischen 50 verschiedenen Spielen zu wählen. Jedes dieser Spiele kostete jeweils 1$ und konnte anschließend 5-10 Mal gespielt werden. GameLine sollte erst der Anfang von vielen revolutionären Technologien werden. CVC, das Unternehmen hinter dieser Erfindung, hatte hinsichtlich digitalem Vertrieb Großes geplant! CEO William von Meister wird in einem Interview mit dem Atari Magazine folgendermaßen zitiert:
“In der Tat funktionieren wir diese dedizierten Spieleinheiten um in Kommunikationsstationen, die mehrere Zwecke erfüllen, womit wir die Vorteile hoch entwickelter Computer in die Reichweite eines durchschnittlichen Haushalts bringen können. Eine Videospielkonsole kann nun eine wahre Lehrmaschine sein. Mehrere Videospielhersteller haben ihre Absicht bekannt gegeben, zusätzliche Techniken zu entwickeln, womit Spielekonsolen zu kleinen Computern aufgerüstet werden können.”

Aufgrund der Krise der Videospielindustrie im Jahre 1983 segnete das innovative Medium GameLine leider zusammen mit dem Atari nur wenige Monate später das Zeitliche.

In den 80er und 90er Jahren war es hauptsächlich Sega, das die Führung in Sachen digitalen Vertrieb übernahm. In Japan war das Sega Meganet für den Mega Drive (Genesis) verfügbar. Nicht nur der Name war wenig kreativ, auch der Dienst selbst war enttäuschend. Viel mehr als GameLine konnte er nämlich nicht bewerkstelligen. Der Dienst schaffte es nicht, sonderlich zu begeistern und bekannt zu werden, aber Sega war nicht bereit das Konzept des digitalen Vertriebs aufzugeben. Nur drei Jahre später veröffentlichte das Unternehmen den Sega Channel. Ein großer Unterschied zum Meganet: Es gab vollwertige Spieleversionen, die man herunterladen konnte und die Liste an Spielen wurde immer wieder aktualisiert. Zu Bestzeiten zählten in den USA eine Viertel Millionen Menschen zu Nutzern von Sega Channel. Der Verbindungsaufbau erfolgte noch immer über ein Einwahlverfahren, weshalb der Dienst nicht in allen Regionen der USA verfügbar war. Obwohl die Spiele beliebt waren, zeigten potentielle Kunden kein allzu großes Interesse. Denn diese widmeten ihre Aufmerksamkeit dem Sega Saturn und anderen 32 Bit Konsolen, welche zu der Zeit bereits angekündigt waren. Den Dienst stoppte man nach fünf Jahren, und im Anschluss war das Meganet nur noch über einen Emulator erreichbar.

Der Sega Saturn bot einen ähnlichen Dienst – das Netlink Modem, aber die erste richtige Plattform, die digitalen Vertrieb anbot wie wir ihn heute kennen – in einer Spielkonsole implementiert – kam erst mit der Konsolengeneration nach dem Saturn. Sega Dreamcast (1999) unterstützte Windows CE und Demoversionen und DLCs konnten für und auf die Spielekonsole heruntergeladen werden. Die Dreamcast Konsole bot ebenso eine kleine Auswahl an Spielen, die nur online gespielt werden konnten, wie z.B. Phantasy Star Online.

Die letzten zwei Konsolengenerationen zeigen, dass digitaler Vertrieb ein wichtiger Bestandteil des Spieleverkaufs ist. Der Speicherplatz für die Xbox 360 musste mehr als einmal erweitert werden und auch für die PS4 und Xbox One gibt es heute Versionen mit unterschiedlich viel Speicherplatz. Trotz mangelndem Speicherplatz sind digitale Spiele inzwischen für den Großteil des Umsatzes von Publishern verantwortlich. Gamer genießen ganz klar die Leichtigkeit und Nutzerfreundlichkeit, ein Spiel direkt am TV kaufen und es sofort spielen zu können.

PC-Spiele

Der Vertrieb von (digitalen) PC Spielen begann noch bevor es Internet für reguläre Kundschaft gegeben hat. Auch dies wurde mit einer Einwahlverbindung gewährleistet, welche die Verbindung zu einem Bulletin Board aufgebaute (einem Vorläufer von Foren). Aufgrund der Tatsache, dass man die Verbindung zu jedem Board einzeln aufbauen musste, war diese Methode aber teuer und unpraktisch. Als das Internet für die breite Masse verfügbar wurde, zog es Nutzer und Publisher sehr schnell zu Webseiten. Zu Beginn des neuen Jahrtausends nahm die Geschwindigkeit einer durchschnittlichen Internetverbindung rasant zu und im Jahre 2004 veröffentlichte Valve die Steam Plattform. Am Anfang wurde sie lediglich genutzt, um Valve Spiele zum Download anzubieten und diese Spiele zu aktualisieren, aber heutzutage stehen mehr als 8000 Spiele zur Auswahl, die allesamt heruntergeladen und gespielt werden können. Einige weitere Unternehmen haben vergleichbare Plattformen gegründet, wie z.B. Origin von EA und Uplay von Ubisoft. Heutzutage gibt es außerdem viele Webseiten, die Spiele in Form von Codes anbieten (zum Einlösen des Codes und Download der digitalen Version). Die Zuverlässigkeit dieser Seiten variiert ungemein, weshalb es kontroverse Meinungen zu diesen gibt. Natürlich gibt es aber auch Alternativen, die legitim und fair sind, und manche Publisher bieten den Verkauf des entsprechenden Codes zudem direkt an.

Die Zukunft wird vermutlich schnellere und noch einfacher zugängliche Möglichkeiten anbieten, um digitale Spiele zu kaufen. Es ist wahrscheinlich, dass viele Nutzer bald eine Internetverbindung besitzen, die schnell genug ist, um Spiele zu streamen, was eines Tages den Download von Spielen ablösen könnte. Aktuell nimmt der Verkauf von ausschließlich digital erhältlichen Spielen in Form von Downloads rasant zu.


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