Deutschland ist ein gespaltenes Tarifland.
Es gibt Laufzeitverträge, die teilweise richtig günstig sind, wenn man nur das „eigene“ Netz anruft, aber richtig unmoralisch teuer werden, wenn man ein „fremdes“ Netz anrufen will oder muß.
Es gibt Prepaid-Discounter, die mit 8 oder 9 Cent pro Minute in alle Netze leben können und bei den Kunden ein Gefühl der Ohnmacht und Wut auslösen, weil die Marketingstrategen und Tarifplaner der „alten und teuren“ Anbieter nicht den Mut haben, den Tarifdschungel zu lichten und die veraltete Trennung in „gutes Netz“ „böses (fremdes) Netz“ aufgeben möchten.
Es gibt eine Möglichkeit, dem Tarifdschungel ein Schnippchen zu schlagen: Das Dual-SIM-Handy.
Erfinderische asiatische Handy-Hersteller haben längst die Antwort parat: Ein Handy mit zwei (oder sogar noch mehr) SIM-Karten. Je nach Hersteller und Modell laufen beide SIM-Karten parallel und vor dem abgehenden Telefonieren muß man entscheiden, mit welcher Karte man rausrufen, SMSen oder surfen will, wobei die Online-Möglichkeiten bislang eher beschränkt sind.
Die Hersteller sind hierzulande oft unbekannt, die Qualität ist teilweise „gewöhnungsbedürftig“ bis „gruselig“. Zu kaufen bekommt man Dual-SIM-Handys nur über Spezial-Geschäfte, bei den etablierten Netzbetreiber gelten diese Modelle, mit wenigen Ausnahmen als „unerwünscht“, dabei könnten sie – gerade den großen Netzbetreibern sogar helfen.
Wen wundert es, dass E-Plus es als Erste (wieder einmal) erkannt haben. Wer beruflich und privat getrennt telefonieren will oder muss, nutzt vielleicht privat eine E-Plus Karte und beruflich eine eines „größeren“ Anbieters. Wer abseits der Ballungsgebiete wohnt, muß vielleicht zwischen zwei Netzen wechseln, weil selbst die großen „marktführenden“ Netzbetreiber es bis heute nicht gebacken bekommen, alle befahrenen Straßen und bewohnten Regionen mit Netz zu versorgen. Und das – 20 Jahre nach dem technischen Start des GSM-Netzes in Deutschland.
Große Netzbetreiber leiden darunter, dass frustrierte Kunden fluchtartig den Anbieter verlassen, weil sie nicht mehr gewillt oder in der Lage sind, die relativ bis tatsächlich hohen Preise zu bezahlen. Mit einem Single-SIM-Handy fliegt die D1 oder D2 Karte in die Ecke und eine Discounter SIM-Karte aus dem E-Plus oder o2 Netz kommt rein. Die Umsätze für D1 oder D2 brechen auf einen Schlag weg, zumal man ja seine bekannte Rufnummer mitnehmen kann. Das Mitnehmen der Rufnummer hat einen weiteren Effekt. Freunde, die im „alten“ „großen“ Netz verblieben sind, haben auf einmal explodierende Rechnungen, weil sie erst spät bemerken, dass ihr Kumpel seine Nummer in ein „fremdes“ (teures) Netz mitgenommen hat. Da die „großen“ Netze keine Anstalten zeigen, für die Bestandskunden ihre Tarife automatisch zu reformieren, wechseln die frustrierten Kunden und sind weg.
Mit einem Dual-SIM-Gerät könnte dieser Effekt abgemildert werden. Wenn das neue günstige Netz mal nicht funktioniert, könnte das alte Netz wieder verwendet werden. Mit einer Senkung der „Standard-Straf-Preise“ von 29 Cent außerhalb von Minutenpaketen oder in „fremde“ Netze auf maximal 19 (eher 9) Cent, könnten die „Großen“ einiges retten.
Telekom hat mit dem Call-M-Aktions-Tarif schon einmal klar gemacht, was sie sich vorstellen. 25 Euro im Monat pro Kunde wäre schon schön. Ist doch ok. Dann sollte man in dieses Paket einfach mehr reinpacken, z.B. eine rabiate Senkung des Folgepreises. Und schwupp, würden Kunden weniger wechseln und mit einem Dual-SIM-Handy könnten sie in Ruhe vergleichen und würden die Netzqualität ihres „alten“ Netzes ganz neu bewerten können.
Als letzer großer Hersteller ist Nokia auf den Dual-SIM-Karten Zug aufgesprungen. Offiziell gibts die Geräte nur in Asien, doch ein weltweiter freier Markt schwemmt erste Lieferungen auch nach Deutschland. Das Nokia C1-00 zum Beispiel ist ein Dual-SIM-Handy, wobei hier nur eine Karte zu einer Zeit aktiv sein kann, per langem Druck auf die Stern-Taste wird auf die andere Karte umgeschaltet. Für bestimmte Szenarien ist das eine interessante Option (Trennung beruflich – privat , während der Arbeit ist privat aus, nach Feierabend die andere Karte). Viel spannender jedoch wird das Nokia C2-00 bzw. C2-06 werden, das es vorerst (?) nur in Indien geben soll.
Und liebe Manager bei Telekom oder Vodafone: Die Schweizer Swisscom hat dort einen Marktanteil von 62% und bot schon vor einiger Zeit ihren Kunden in den Shops vor Ort ein Dual-SIM-Handy an. Zum Beispiel, weil die Leute privat und beruflich beim gleichen Anbieter, aber mit getrennten Karten telefonieren. Und selbst wenn sie eine „fremde“ Karte dazuschalten. Die Mitbewerber sind trotz Wettbewerb oft teurer und schlechter ausgebaut.
Ich denke, wir könnten – nicht nur hier – noch einiges von den Schweizern lernen.